Foto: Bulgrin - Bulgrin

Seitdem die Stadt den Radweg an der Breslauer Straße entfernt hat, schlagen in Oberesslingen die Wellen hoch. Eltern, Lehrer, Bürgerausschuss und Jugendgemeinderat sind dagegen.

ES-Oberesslingen An einigen Stellen schimmert noch die blaue Farbe durch, mit der der Radweg entlang der Breslauer Straße markiert war. Dort wurden nicht nur die Radfahr-Symbole übertüncht. Die Linien, die den Radweg vom Fußweg abgegrenzt haben, hat die Stadt wegfräsen lassen und somit den für Radler reservierten Streifen endgültig beseitigt. Seither müssen die Radfahrer auf der Breslauer Straße fahren. Da der Radweg zwischen der Weiherstraße und der Schorndorfer Straße vor allem von den Schülerinnen und Schülern des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) und der Realschule Oberesslingen (RSO) genutzt wurde, schlagen die Wellen an den Oberesslinger Schulen sowie beim Bürgerausschuss hoch. Der Esslinger Jugendgemeinderat ist empört, und die SPD-Gemeinderatsfraktion fordert eine „nachhaltige und sichere Lösung“. Die Stadtverwaltung begründet die Aufhebung des Radwegs mit der Straßenverkehrsordnung (siehe Anhang).

„Ausgerechnet an einem Schulzentrum mit rund 1700 Schülern den Radweg zu entfernen und die Kinder auf die Straße zu verbannen, das ist ein echtes Hus Die Bürgerausschussvorsitzende Heike Horlacher ärgert sich, dass die Stadtteilvertreter nicht informiert wurden.Bulgrin arenstück“, findet Matthias Altwasser, stellvertretender Elternbeiratsvorsitzender des THG – und zwar nicht nur, weil die Stadtverwaltung die Schulen erst einige Tage bevor die Bauarbeiter angerückt sind über die Pläne informiert hat. Der Bürgerausschuss Oberesslingen hat erst von den Veränderungen in der Breslauer Straße erfahren, als die Markierungen bereits entfernt waren. „Das geht gar nicht“, sagt dessen Vorsitzende Heike Horlacher. „Wir treffen uns jedes Jahr ein Mal mit der Verwaltung zur Verkehrsbegehung. Spätestens da hätte man mit uns über den Radweg reden müssen.“ Dass die Schulen nicht in die Entscheidung eingebunden worden sind, „ist vom Verfahren her, um es vorsichtig zu formulieren, unglücklich“, sagt SPD-Stadtrat Michael Wechsler, der selbst in der Oberesslinger Gartenstadt zuhause ist.

Die Straße ist zugeparkt

„Durch die Fahrradstraße in der Hindenburgstraße und den Radstreifen in der Weiherstraße haben wir eigentlich eine tolle Infrastruktur“, findet Thomas Szücs, Lehrer und Verkehrsbeauftragter am THG. Dass die genutzt wird, hat eine Umfrage gezeigt. Rund die Hälfte der Fünft- und Sechstklässler radelt zur Schule. „Das sind richtig viele Kinder“, weiß Matthias Altwasser. Und sie sind noch ziemlich jung. „Für uns ist es völlig unverständlich, dass man Zehn- und Elfjährige jetzt auf die Straße verbannt, zumal auf dem kombinierten Fuß- und Radweg ja ausreichend Platz war“, sagt THG-Rektor Michael Burgenmeister und weiß sich mit Bastian Pfeiffer, Konrektor der RSO, einig.

Zwar dürfen Autos auf der Breslauer Straße nur 30 fahren. Doch die Richtung Süden leicht abschüssige Straße ist in der Regel an beiden Fahrbahnrändern zugeparkt. „Durch die vielen Ausfahrten von den Parkplätzen wird es noch unübersichtlicher und somit für die Kinder gefährlicher“, erklärt Thomas Szücs. „Und wir haben hier ja nicht nur die beiden Schulen, sondern auch noch den VfB Oberesslingen-Zell. Da kommen ebenfalls viele Kinder und Jugendliche mit dem Rad“, gibt Michael Wechsler zu bedenken. Verschärft wird die Situation durch Busse, die zum Unterrichtsbeginn – und somit just zu einer Zeit, zu der sich auch viele Anwohner auf den Weg zur Arbeit machen – unterwegs sind. Nicht zu vergessen, die Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen. „Auch die sind ein Gefahrenpotenzial für auf der Straße radelnde Kinder, weil plötzlich Autotüren aufgehen“, erläutert Bastian Pfeiffer. „Durch die Beseitigung des Radwegs gibt es hier zu den Hauptverkehrszeiten ein regelrechtes Verkehrschaos “, hat Heike Horlacher beobachtet. Die Vorsitzende des Bürgerausschusses, selbst passionierte Radfahrerin, hat ausprobiert, was es heißt, mit den erforderlichen eineinhalb Metern Sicherheitsabstand an den parkenden Autos vorbei zu radeln. „Da landet man mitten auf der Straße und es kommt kein Auto und erst recht kein Bus mehr an einem vorbei.“

Dass sich die Schülerinnen und Schülern die Straße mit „Lastern, Bussen und dem starken Berufsverkehr teilen müssen“, hat auch den Esslinger Jugendgemeinderat (JGR) auf den Plan gerufen. Er fordert dass die Stadt „etwas Geld in die Hand nimmt“ und auf der gesamten Breslauer Straße neue Markierungen anbringt – und zwar in Form von weißen Randstreifen „und alle 100 Meter ein Fahrradweg-Symbol“. Auch für Michael Wechsler ist die augenblickliche Regelung „kein haltbarer Zustand“. Deshalb müsse die Stadt schnell eine Lösung finden und „dabei vor allem auch die Schulleitungen des Theodor-Heuss-Gynasiums und der Realschule Oberesslingen einbeziehen“, unterstreicht der Stadtrat.

Zonen und Strecken

Rechtssicherheit: So lange in der Breslauer Straße für den motorisierten Verkehr Tempo 50 galt, war alles klar. „Zu diesen Zeiten war der Radweg ein benutzungspflichtiger Weg“, erklärt Gerhard Gorzellik, Leiter des Esslinger Ordnungs- und Standesamtes. Nachdem die Verkehrsbehörde dort aber eine Tempo-30-Zone eingerichtet hatte, „mussten wir das blaue Radlerschild entfernen. Denndie Straßenverkehrsordnung lässt in 30er-Zonen keine benutzungspflichtigen Radwege zu“ – übrigens auch keine weißen, auf die Fahrbahn gemalten Schutzstreifen. Die auf den Asphalt aufgebrachten blauen Hinweise und die Linien, durch die der Radweg von der Fußgängerfurt abgegrenzt war, wurden „nicht mehr weiter unterhalten“ und verblassten mit der Zeit. Weil eine Radlerin mit einem Autofahrer kollidiert war, „mussten wir dann aber Rechtssicherheit schaffen und haben den Radweg aufgehoben“, erklärt Gerhard Gorzellik.

Schutzstreifen: Der Leiter des Ordnungs- und Standesamtes weiß auch, warum es auf der Weiherstraße nach wie vor Radschutzstreifen gibt. „Die Weiherstraße ist breiter und verkehrstechnisch von größerer Bedeutung als die Breslauer Straße“, erläutert er. Deshalb haben wir dort eine Tempo-30-Strecke eingerichtet, und da sieht die Straßenverkehrsordnung Schutzstreifen vor.“