Nur rechts ist Radfahren erlaubt. Auf dem Weg direkt am Neckarufer muss geschoben werden. Nun weckt die Aussicht auf eine finanzielle Förderung für den Ausbau dieses Weges bei den Radfahrern neue Hoffnungen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Kann der für Radfahrer gesperrte Abschnitt des Esslinger Neckaruferwegs doch fahrradtauglich ausgebaut werden? Diese Chance sieht das Bündnis Esslingen aufs Rad, nachdem die Kosten dafür zu 50 Prozent bezuschusst werden könnten. Bei der Stadt reagiert man eher skeptisch.

Esslingen Die Fahrradfahrer in Esslingen wittern Morgenluft. Ein Schreiben des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Stuttgart (WSA) stellt eine 50-prozentige Förderung der Kosten in Aussicht, wenn ein Betriebsweg dieser Behörde radverkehrstauglich ausgebaut wird. Da rückt nun wieder der Teil des Neckaruferwegs ins Blickfeld, den die Stadt aus rechtlichen Gründen für Radler gesperrt hat. Und das Bündnis Esslingen aufs Rad sieht die Chance, dass dieser Abschnitt nach einem Ausbau doch wieder für den Fahrradverkehr freigegeben werden kann. Tatsächlich ein Betriebsweg?

Die Frage ist: Handelt es sich bei dem für Radler gesperrten Abschnitt des Neckaruferweges zwischen Färbertörlesweg und der neuen Unterführung am Hengstenberg-Areal tatsächlich um einen Betriebsweg? Diese Frage beantwortet WSA-Leiter Walter Braun eindeutig mit „Ja“. Insofern sei ein radverkehrstauglicher Ausbau auch förderfähig. Diese Kunde vernimmt man bei Esslingen aufs Rad gern, denn die von der Stadt angebotene Alternativstrecke über den Bahnhofplatz, die Fleischmannstraße und durch den neuen Radtunnel zum Neckarufer hat das Bündnis von Anfang an als ungeeignet und zu lang kritisiert. Zahlreiche ehemalige Radpendler seien wieder aufs Auto umgestiegen.

Das Problem mit dem gesperrten Teilstück ist bekannt: Es ist zu schmal, erreicht häufig nicht die empfohlene Breite von 2,50 Metern, was Stadtverwaltung und Gemeinderat schließlich veranlasste, der Gemeinsamkeit von Radfahrern und Fußgängern in diesem Bereich aus haftungsrechtlichen Gründen ein Ende zu setzen. Radler können den Weg zwar benutzen, aber nur im Schiebebetrieb. Als Alternative verweist die Verwaltung auf die geplante Reaktivierung des Bahndamms und Burkhard Nolte, der Chef des Esslinger Grünflächenamtes, zeigt sich zuversichtlich, dass möglicherweise schon im nächsten Jahr mit dem Bau der Radverbindung auf dem Bahndamm zwischen Gleisen und Neckar von der Pliensaubrücke bis zum Hengstenberg-Areal begonnen werden kann. Ein entsprechender Förderantrag sei gestellt worden. Was die Idee angeht, stattdessen den Neckaruferweg auszubauen, so begegnet ihr Burkhard Nolte mit einiger Skepsis. Denn eine Bedingung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes gilt: Die Uferlinie darf nicht in Richtung Neckar verschoben werden. Also muss da ausgeweitet werden, wo sich vielfach Mauern befinden. Und das kann nach Noltes Einschätzung eine sehr kostspielige Angelegenheit werden.

Solche Bedenken teilt Thomas Albrecht von Esslingen aufs Rad nicht. Das Bündnis habe einen Architekten und Stadtplaner eingeschaltet, der zu dem Ergebnis gekommen sei, man könne den Neckaruferweg ausbauen, ohne gleich Millionen auszugeben. Anbieten würden sich etwa Lösungen wie am Daimler-Parkhaus im weiteren Verlauf des Radweges nach Stuttgart. Dort sorgen Nischen zwischen den Stützpfeilern der Parkhaus-Fassade für Ausweichmöglichkeiten. Und was die von der Stadt angegebene Mindestbreite von 2,50 Meter anbelangt, handelt es sich laut Albrecht nicht um eine gesetzliche Vorgabe, sondern lediglich um eine Empfehlung. Die beste Lösung für Radfahrer sei nun einmal der Ausbau des Neckaruferweges, zumal auf dem Bahndamm tatsächlich Konflikte mit Fußgängern programmiert seien. „Für Radpendler unbefriedigend“

Auch der SPD-Fraktion im Esslinger Gemeinderat liegt die Information vor, wonach das WSA keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Ausbau des Radweges durch die Stadt hat und eine Förderung von 50 Prozent der Kosten beantragt werden kann. Sie hat deshalb an Oberbürgermeister Jürgen Zieger eine Anfrage gerichtet und will wissen, ob der gesperrte Neckaruferweg wieder fahrradtauglich gemacht werden kann und was das kostet. „Die derzeitige Situation am Neckaruferweg ist für Radpendler, die täglich zu Arbeitsstelle oder in die Schule und zurück radeln, äußerst unbefriedigend“, schreibt die SPD an den OB. Der Radweg durch die Stadt sei für Berufspendler keine Alternative, und der geplante Weg für Radfahrer auf dem Bahndamm ist nach Kenntnis der Stadträte nicht schnell zu verwirklichen. Ungünstig sei auch, dass bei der Realisierung des Weges auf dem Bahndamm der Höhenunterschied zum Damm bewältigt werden und die Pliensaubrücke gequert werden müsse.

Empfehlungen von Esslingen aufs Rad

Das Bündnis Esslingen aufs Rad verweist auf eine Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg zwischen Reichenbach und Stuttgart. Diese müsse laut Landesausschreibung spätestens bis Ende 2018 vorliegen. „Deshalb wäre es zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, die Planungsarbeiten für den Ausbau und die Sanierung des Neckaruferwegs mit den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zu koordinieren“, so die Empfehlung des Bündnisses.

Synergieeffekte würden sich nach Einschätzung von Esslingen aufs Rad positiv auf die Zeit, Attraktivität und Kosten auswirken. Den gewichtigsten Vorteil würde die Esslinger Bevölkerung aber aus einem passgenau aufeinander abgestimmten Ausbau in zwei Stufen ziehen. Das beträfe in einer ersten Stufe die Verbreiterung des derzeit für Radler gesperrten 400 Meter langen Streckenabschnitts hinter dem Bahnhof „so schnell wie möglich“. In einer zweiten Stufe geht es dann um den Ausbau im Rahmen des Gesamtprojektes Radschnellweg Reichenbach-Stuttgart bis 2025. Das Bündnis: „Die massive Angebotsverschlechterung für den Radverkehr, verursacht durch die Sperrung des Neckaruferwegs für Radfahrer, könnte damit mittelfristig beseitigt werden.“