12.11.2017 Beim Esslinger Herbst zeigte der Herbst sich von seiner ruppigen Seite.

 Foto: Hauenschild

Von Barbara Scherer

Kälte, Dauerregen und eine heftige Windböe mit zerstörerischer Kraft verwandelten den Esslinger Herbst in eine Veranstaltung, die sich überwiegend in geschlossenen Räumen abspielte. „Es war ein Tag für den Handel“, zog City-Managerin Silke Renninger-Metz Bilanz.

Reduzierte Märkte: Märkte-Organisator Til Maehr hatte bereits im Vorfeld die Anzahl der Marktbeschicker reduziert. Denen, die ohne ganz professionelle Ausrüstung anreisen wollten, hatte er einen Verzicht nahegelegt. So blieben von den rund 120 angemeldeten Marktständen noch etwa 60 übrig. Die hat Maehr kompakt in die Ritterstraße gestellt und die Strohstraße standfrei gelassen. Den Flohmarkt auf dem Blarerplatz hat er komplett abgesagt.

Scherben und Trümmer: Am frühen Nachmittag fegte eine orkanartige Böe in die Ritterstraße und erwischte besonders den unteren Teil der Straße. Die Bilanz: „Vier bis fünf Stände sind komplett zerstört“, berichtete Til Maehr. Obgleich mit mehreren 20-Kilo-Gewichten beschert, habe der Wind Standplanen und -dächer hochgehoben und weggeweht. „Die Waren dieser Stände sind kaputt“, sagte Maehr, der nach eigenen Angaben so etwas noch nie erlebt hat. Für ihn war es ein großes Glück, dass keine Personen zu Schaden kamen. Nicht alle Händler waren so stark vom Wetter gebeutelt. Til Maehr sprach von durchaus zufriedenen Händlern. Sebastian Braun aus Geislingen, der Schaffelle verkauft, packte jedoch schon gegen 15.30 Uhr zusammen. „Es sind seit dem Sturm nicht mehr so viele Menschen auf der Straße“, sagte er, wollte aber nicht von einem verlorenen Tag sprechen. „Es war ein halber guter Tag“ lautete Brauns Fazit.

Premiere: Monika Schumacher stammt aus Aichtal, lebt seit 20 Jahren in Spanien und betreibt dort einen Handel mit regionalen Erzeugnissen. Erstmalig hat sie zum Esslinger Herbst ihre Produkte vorgestellt. „Ein gutes Publikum hier“, fand sie. Kein Wunder, dass der Stand gut besucht war: Oliven, Schinken, Ziegenkäse, Öl und Mandarinen lagen zum Verkosten aus. Ein Pilz, der wie Frisée aussieht und auch so heißt? „Ja, so etwas Exotisches, wo wächst das denn?“, erkundigte sich eine Kundin am Stand von Arno Kubach, der Edelpilze aus eigener Zucht verkauft. „Das ist nichts Exotisches“, berichtigte Kubach. „Dieser Pilz wächst in unseren Wäldern, vielfach auf Bäumen.“ Der krautig wuchernde Pilz schmecke ähnlich wie Champignons. Kubachs Stand war gut besucht, zum einen weil er laufend frische Pilze brutzelte, was würzig duftete, und zum anderen, weil man sich an seinem Stand unterstellen konnte.

Deko-Exoten: Wieder hat Modehaus Kögel ausrangierte Dekoartikel an einem Flohmarktstand am Postmichelbrunnen verkauft. Das erste Mal am Bürgerfest muss den Kunden gut gefallen haben, denn bereits vor Standöffnung warteten die Besucher vor der Tür. Das berichtete Jette Rüeck, die Marketingleiterin von Kögel, als sie die ausgefallenen Artikel auf die Tische hob. Weihnachtskugeln in knalligen Farben, Weihnachtsbäumchen in neonfarbenem Plastik, schneebestäubte Weihnachtsmänner, aber auch ein einen halben Meter hoher Osterhase saß dort und schaute etwas ratlos drein. Alle Artikel rangierten zwischen Kitsch und Kunst, zwischen schrill und schön, allen war aber gemeinsam, dass sie ausgefallen und eben nicht überall zu kaufen waren.

Ziel verfehlt: Zum ersten Mal haben sich die drei Esslinger Lions Clubs zu einer gemeinsamen Aktion zum Esslinger Herbst zusammen getan. Hinter dem Alten Rathaus verkauften sie Adventskalender zu acht Euro, die für gute Zwecke gespendet werden. „Unser Ziel, heute 500 Kalender zu verkaufen, wird nicht erreicht“, bedauerte Claudia Spieth. Insgesamt wollten die Lions 5500 Kalender bis zur Adventszeit an Frau und Mann bringen. Der Erlös geht unter anderem an Projekte zur Gesundheitsvorsoge an Schulen.

Reiselustig: Wenn es draußen regnet und stürmt, hört sich ein Vortrag über die Sonneninsel Sardinien besonders verführerisch an. Ob Mittelmeerinseln, das Baltikum oder Schottland - der Reisemarkt der Firma Schlienz im Alten Rathaus war wieder einmal gut besucht. Eberhard Kiesel, der Geschäftsführer des Reiseunternehmens, sieht den Besuch nicht dem Wetter geschuldet. „Es ist eine bekannte Veranstaltung“, sagte Kiesel, „die Leute wollen sich einfach über das neue Programm informieren und früh buchen.“

Spielerisch: Dank der Zelte auf dem Hafenmarkt wurden die Spielangebote beim Heiges-Spieleparadies gut angenommen. Mancher Laden ging leer aus - so wie die Fadenwerkstatt im Heppächer. Andreas Kingl und Susanne Marx hatten geöffnet und wollten mit Kindern Marionetten basteln, aber es kam niemand. Das fanden sie nicht schlimm „Wir arbeiten vor für unseren Stand zu den Adventsmärkten.“

Volles Haus: Das Erlebniskaufhaus HOPS im Metzgerbach meldete dagegen ein volles Haus. Zur offiziellen Eröffnung waren nicht nur viele Neugierige in die ehemaligen Räume des Elektronikstudios Reinert und Bunth gekommen, auch etliche Aussteller haben dort bereits einen Platz gemietet. „Wir haben bereits 13 Aussteller, Platz für sechs weitere haben wir noch“, erklärte Bettina Schwarz, die auch das Wohnwerk betreibt. HOPS funktioniere nach dem gleichen Co-Working-Konzept wie das Wohnwerk, lege den Schwerpunkt jedoch auf Kunst, Handwerkskunst und Kunsthandwerk.

Gut besuchte Läden: Die Geschäfte hatten am Nachmittag geöffnet. Die Läden waren gut besucht. Stiefel, Pullover und Mäntel wurden anprobiert, Schals um ausgekühlte Hälse geschlungen. An mancher Kasse bildeten sich lange Schlangen. Alexander Kögel, Sprecher der Händlergemeinschaft City Initiative Esslingen, sprach für seine Kollegen, als er sagte: „Wir sind ganz zufrieden. Es sind trotz des schlechten Wetters viele Leute gekommen. Das spricht für unser Esslinger Publikum und auch für diejenigen Händler, die ihren Kunden an diesem Tag immer etwas Besonderes bieten.“ Er und seine Kollegen sehen den Esslinger Herbst als einen gut etablierten Einstieg ins Wintergeschäft. Auch City Managerin Silke Renninger-Metz lobte das „treue Esslinger Publikum“. Wie viele Leute letztlich in die Stadt gekommen seien, habe man auch in den Parkhäusern gesehen.

Links: Mit farbenfrohen Dekoartikeln trotzen die Händler und ihre Kundinnen dem Novemberblues.

Oben: Volles Haus beim Schlienz-Reisemarkt. Denn wenn es draußen regnet, lauscht man besonders gerne einem Vortrag über Sardinien.

Rechts: Nur schnell rein, lautete gestern das Motto. Da sich der Esslinger Herbst vorwiegend in geschlossenen Räumen abspielte, zogen die Händler eine positive Bilanz.

Fotos: Roberto Bulgrin