Zehn neue Gemeinderäte sind in das Esslinger Stadtparlament eingezogen. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Kommunalpolitische Debütanten erzählen von ihren ersten Erfahrungen im Stadtparlament

EsslingenSie sind neu. Und sie sind neugierig. Zehn Gemeinderäte sind nach der Kommunalwahl erstmals in das Stadtparlament von Esslingen eingezogen, und fünf von ihnen verrieten der EZ ihre ersten Eindrücke. Die restlichen Gemeinderäte kommen in einer zweiten Folge unserer Miniserie zu Wort.

Einfach mal die Seiten gewechselt hat Nicolas Fink. Er war zwölf Jahre Bürgermeister von Aichwald und ist nun für die SPD in den Esslinger Gemeinderat eingezogen. Mal ehrlich, fällt es ihm schwer, die Sitzungen nicht mehr selbst zu leiten? Doch schon, gibt der Sozialdemokrat zu, „aber ich habe mich im Griff“. Es sei schwierig, aber nicht unmöglich. Denn schließlich kann er auf kommunalparlamentarische Erfahrungen zurückgreifen. War er doch von 1999 bis 2002 Gemeinderat in Hochdorf. Den Spannungsbogen zwischen der Arbeit in dieser kleinen Gemeinde und der Kreisstadt Esslingen bezeichnet er als sehr spannend. Und er kann noch eine weitere Brücke schlagen: Als Landtagsabgeordneter werde er in seinen Sprechstunden oft mit Anliegen konfrontiert, die die Kommunal- und nicht die Landespolitik betreffen. Kein Widerspruch: Die Kommunalpolitik entscheide dabei über die Ausgestaltung, die Landespolitik setze den Rahmen.

72 Jahre und kommunalpolitisch voll fit. Sigrid Cremer gesteht, dass sie als Vertreterin von „FÜR Esslingen“ gar nicht mit einem Einzug ins Parlament gerechnet hat. Am Tag der Kommunalwahl fiel sie aus allen Wolken, als eine Kollegin ihr per Anruf um 23 Uhr das erfolgreiche Abschneiden bei dem Urnengang mitteilte: „Ich habe bei der Kandidatur nicht „Hier“ gerufen“. Doch die rüstige Seniorin krempelt die Ärmel hoch, denn der Wählerwillen ist für sie verpflichtend. Und: „Es gibt viele Baustellen in Esslingen, die man bedienen muss.“ So leicht lässt sich die 1947 geborene, 14-fache Großmutter nach eigenen Angaben nicht ins Bockshorn jagen. Sie sei gut ins neue Ehrenamt gestartet, fühle sich wohl dabei und freue sich auf die Aufgabe: „Ich werde den Mund aufmachen – wie sonst auch.“

Bundestag und Gemeinderat – das sind zwei Paar Stiefel hat Alexander Kögel schon nach seiner kurzen Zeit als Stadtrat festgestellt. Denn, so der Abgeordnete der Freien Wähler, im Bundestag würden sich die Parteien manchmal gegenseitig die Augen aushacken. Doch im Gemeinderat sei es mehr ein Miteinander als ein Gegeneinander, und alle würden hier am gleichen Strang ziehen. Der Geschäftsmann möchte sich während der kommenden fünf Jahre vor allem um die Anliegen der Selbstständigen in der Innenstadt kümmern. Sie sollen sich in seiner Arbeit und seinen Positionen wiederfinden, denn dafür, davon ist er überzeugt, wurde er auch gewählt. Angst vor einer Überlastung hat er indes nicht: In einer großen Fraktion könnten die Aufgaben besser ver- und aufgeteilt werden.

Noch jung ist die dreiköpfige Fraktion der Linken im Esslinger Gemeinderat. Johanna Renz fühlt sich als frisch Gewählte dennoch pudelwohl unter älteren, etablierten Ratskollegen. Sie sei von den Alteingesessenen sehr gut aufgenommen worden. Allerdings kann sie verstehen, dass landesweit viele Frauen trotz Nachfrage auf eine Kandidatur bei der Kommunalwahl verzichtet haben: Es sei ein schwieriger Spagat zwischen Familie, Berufstätigkeit und Ehrenamt. Und 16 Uhr sei nicht gerade ein familienfreundlicher Termin für die Gemeinderatssitzungen – da müsse einiges organisiert werden. Doch sie packt es an: Sie freue sich darauf, mitbestimmen zu dürfen. Schließlich lebe sie schon lange in Esslingen.

Nein, eine Lappalie ist die Gemeinderatsarbeit für Ursula Hofmann ganz sicher nicht. Sie ist für die „Grünen“ neu ins Gremium eingezogen und verweist darauf, dass sie auch und vor allem die Betreuung ihrer behinderten Tochter mit dem Einsatz für das Ehrenamt vereinbaren muss. Dennoch ist es für sie eine Win-win-Situation: Sie opfert einen Teil ihrer Zeit und lernt dafür viel Neues kennen. Basierend auf ihrer persönlichen Situation mit ihrer Tochter möchte sie sich auch für Barrierefreiheit einsetzen: Denn, so sagt sie, was nützt das schönste Denkmal, wenn es Menschen mit Einschränkungen nicht besuchen können.