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Den Gottesdienst aufs Wesentliche reduzieren: Damit will die katholische Kirche mehr Besucher für die Predigten im Münster St. Paul gewinnen.

EsslingenKein Abendmahl, kaum Gebete und eine kurze, prägnante Predigt – so will die katholische Kirche in Esslingen wieder attraktiver werden. Umgesetzt wird dies im Zuge einer neuen Gottesdienstform mit dem Namen „Mehr Leben – Gottesdienst und gut“. „Wir wollen neugierige Menschen in die Kirche bekommen“, sagt Pfarrer Stefan Möhler, Mitglied der Projektgruppe. Personen, die sonst den Rahmen eines normalen Sonntagsgottesdienstes scheuen, sollen sich hier wohlfühlen. Möhler: „Es bedarf keines Vorwissens für Wechselgebete oder ähnliche Dinge, es wird nichts vorausgesetzt.“ Ganz stimmt das nicht, denn Lust auf etwas Neues sollte man laut Möhler auf jeden Fall mitbringen. „Wer von vornherein nichts mit der Kirche zu tun haben will, den werden wir auch mit diesem Angebot nicht begeistern können.“

Der Slogan des Projekts ist sehr bewusst gewählt. Hinter „mehr Leben“ versteckt sich die Suche nach dem Sinn des Lebens. „Die Leute sollen sich fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Die Antwort können sie bei uns im Gottesdienst finden“, erklärt Silke Leonhardt, ehrenamtliches Mitglied der Projektgruppe. Der zweite Teil des Namens, „Gottesdienst und gut“, spielt neben seiner offensichtlichen Bedeutung auf die Reduzierung auf das Nötigste an: Der Kern dessen, was einen Gottesdienst ausmacht – und gut. Angestoßen wurde das Projekt vom Gesamtkirchengemeinderat. In der Folge kümmerte sich eine sechsköpfige Gruppe aus Mitarbeitern der Kirche, Mitgliedern des Kirchengemeinderats sowie Ehrenamtlichen um die Ausgestaltung des Gottesdienstes. Die Kirche will durch das neue Angebot dem allgemeinen Trend entgegenwirken. „Wir nehmen natürlich auch wahr, dass die traditionellen Gottesdienste vielen Menschen fremd geworden sind“, erzählt Möhler. Das liegt seiner Meinung nach unter anderem daran, dass der Mehrwert eines Gottesdienstbesuchs für viele nicht mehr erkennbar sei. Ein weiterer Grund: „Früher war es selbstverständlich, dass die Eltern ihre Kinder mit in die Kirche genommen haben, die jungen Menschen sind sozusagen hineingewachsen – das gibt es heute kaum noch.“ Dabei bricht den Kirchen nicht nur die jüngste Generation weg. „Auch junge Erwachsene und Menschen mittleren Alters sind in den Gottesdiensten zahlenmäßig schwach vertreten“, bedauert Möhler. Dennoch ist das neue Projekt ausdrücklich kein reines Jugendangebot. Pastoralassistent Marius Grath betont: „Wir hätten natürlich nichts dagegen, viele junge Gesichter zu sehen. Doch in erster Linie geht es darum, Leute zu erreichen, die grundsätzlich Interesse zeigen, aber nicht regelmäßig in die Kirche gehen. Da spielt das Alter erst einmal überhaupt keine Rolle.“ Und was ist mit denen, die schon fester Bestandteil der Gemeinde sind? „Die sind natürlich auch herzlich eingeladen.“ Den Erfolg des Projekts kann den Verantwortlichen niemand garantieren. Doch davon lassen sie sich nicht abschrecken. „Wir wollen nicht nur rumjammern, dass es nicht mehr so ist wie früher – wir wollen etwas ausprobieren“, sagt Leonhardt. Sie ergänzt: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“

Das neue Projekt „Mehr Leben – Gottesdienst und gut“ ist vorerst auf drei Freitage angesetzt. Am 15. März, 17. Mai und 15. November lädt die katholische Kirchengemeinde in das Münster St. Paul am Esslinger Marktplatz ein. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr, Dauer etwa 45 Minuten. Sollte das Projekt erfolgreich sein und die Nachfrage hoch bleiben, sind weitere Gottesdienste in dieser Form geplant.