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Johannes M. Fischer zum Thema Männersauna

EsslingenWie ungerecht die Welt doch ist, lässt sich im Minutentakt in den sozialen Netzwerken verfolgen. Beinahe schon ein Evergreen ist die vermeintliche Ungerechtigkeit, die eine angeblich von Feministinnen diktierte Welt dem Manne antut. Nun hat ein Mann, der sich diskriminiert fühlt, erfolglos vor dem Amtsgericht geklagt. Seine Klage: Die Sauna hat kein Angebot ausschließlich für Männer.

Wie auch immer dieser Fall in seiner individuellen Ausprägung gelagert sein sollte, er erzählt etwas vom vielbeschworenen Zeitgeist, der in Wahrheit gar nicht im Singular existiert. Es gibt viele Geister neben-, über- und gegeneinander, ab und zu fegt auch einer vollkommen unzeitgemäß durch die Lande. Die meisten Menschen folgen deshalb auch nicht dem Zeitgeist, sondern einem oder sogar mehreren Geistern.

Einer dieser Zeitgeister erzählt die unfassbare Geschichte einer jahrhundertealten Geschlechterunterdrückung. Diese Geschichte ist leider noch lange nicht auserzählt, aber sie bekommt positive Wendungen. Das zeternde Männer-Mimimi – „Ich will meine Herrensauna“ oder „Warum bekomme ich keinen Männerparkplatz?“ – folgt einem anderen Geist: Hier wird versucht, eine vermeintliche Ungerechtigkeit an die Wand zu malen, um eine tatsächliche zu übertünchen. Das ist irgendwie peinlich, aber zugleich auch gesprächsfördernd: Der Esslinger Herrensaunafall taugt für munteren Gesprächsstoff im Büro, zu Hause und in der Kneipe. So wird es womöglich auch noch eine Weile bleiben. Der Kläger kann ja in Berufung gehen.