Bildgewaltig und mit viel Gefühl brachte die Ballettschule Khinganskiy das Märchen „Schneekönigin“ auf die große Bühne der WLB. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Petra Weber-Obrock

Hans-Christian Andersens Märchen „Die Schneekönigin“ ist eine wunderbare Hommage an die Liebe, die niemals aufgibt. Seit 170 Jahren berührt die Geschichte der kleinen Gerda, die ihrem Freund Kai in das eisige Reich der Schneekönigin folgt, ihre Leser zutiefst. Zur Feier ihres 15-jährigen Bestehens brachte die Ballettschule Khinganskiy das Märchen jetzt bildgewaltig und mit viel Gefühl auf die große Bühne der WLB, die bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Über 80 kleine und große Tänzerinnen und Tänzer waren unter der Leitung von Svetlana Khinganskaia und Vladimir Khinganskiy an der Produktion beteiligt, wobei die Ballettschule das Stück bereits im November letzten Jahres in der Filharmonie in Filderstadt aufgeführt hatte. Mit der veränderten Choreographie der jetzigen Fassung feierte man jetzt nicht nur eine Deutschlandpremiere, sondern hatte im Dezember 2016 beim XII. Internationalen Märchen-Tanzfestival in Riga viele Einzelpreise für die Tänzer und einen Hauptpreis in Form einer Schiffreise von Riga nach Stockholm errungen. Zu Beginn der Vorstellung würdigte Karin Roth, die ehemalige parlamentarische Staatssekretärin der SPD im Verkehrsministerium, die pädagogische und interkulturelle Arbeit der beiden Khinganskiys, die mittlerweile auf internationalem Parkett angekommen seien. „Tanz ist wichtig für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Durch ihn lernen sie, Gefühlen Ausdruck verleihen zu können.“ Vladimir Khinganskiys Choreographie, die suggestive Musikauswahl und die Videoprojektionen des Bühnenbilds entführten die Zuschauer in die Winterwelt des hohen Nordens, die als poetisches Sinnbild von Kais vereistem Herzens gedeutet werden kann. Die Handlung des Märchens ist vielen vertraut: Die kleine Gerda, die im Ballett nacheinander von Elisa Frese, Antonia Heni, Sophia Kirschner und Mariann Schindler verkörpert wurde, geht auf eine nahezu aussichtslose Suche. Ihr Freund Kai wurde von der Schneekönigin zunächst mit einem Splitter ins Herz gelähmt und dann in ihr eisiges Reich entführt. In seine Rolle schlüpften zuerst die Ballettschüler Miklos Dukat und Bruno Reed, später dann der Profitänzer Elazar Fayzulaev. Hanna Ott und Valentina Hintz verliehen der Schneekönigin tänzerische Präzision und eisige Ausstrahlung. Auf ihrer langen Reise durchlief die kleine Gerda viele unterschiedliche Szenenbilder, denen die Ballettschülerinnen als Blumen, Schmetterlinge, Schneeflocken, Kinder im Dorf, Räuber, Tänzer im Schloss, Rehe im Wald und Eiskreaturen im Palast der Königin hinreißend Gestalt verliehen. Bei den perfekt arrangierten Gruppenszenen besonders im Dorf und im Eispalast sowie in den ergreifenden Pas de Deuxs von Gerda und Kai zeigte sich Vladimir Khingankiys Klasse als Choreograph. Besonders mitreißend wirkte Svetlana Khinganskaias Reminiszenz an ihre buriatische Herkunft als alte Schamanin mit Maultrommel. Und noch etwas spricht von der hohen Professionalität der Ballettschüler: Bei einem Komplettausfall der Technik haben sie große Nervenstärke bewiesen und ohne Musik einfach weitergetanzt. Nach einer kurzen Pause konnte es dann weitergehen, mitten hinein in ein gefühlvolles und fulminantes Finale. Dass alle Beteiligten zum Abschluss mit frenetischem Erfolg gefeiert wurden, ist nach so viel Hingabe und Liebe für den Tanz kein Wunder. Und so darf man sich schon auf die nächste Produktion freuen.