Bienen nehmen eine wichtige Rolle in der Natur ein. Foto: dpa - dpa

Bei einer Gesprächsrunde des Landtagsabgeordneten Anderas Deuschle wird ein Umdenken der Menschen gefordert – zum Wohle der Bienen und anderer Insekten.

EsslingenFür seine Gesprächsrunde zum Thema „Bienen in Gefahr! Insekten nachhaltig schützen“ hätte sich der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Deuschle keinen passenderen Ort aussuchen können: Viele Besucher staunten, wie schön es im Bienengarten des Bienenzüchtervereins Esslingen in Oberesslingen ist. Zu Beginn stand ein Besuch des Bienenstocks auf dem Plan, die Bienen ertrugen die Öffnung ihrer Behausung sehr friedlich. Doch es ging nicht nur um Bienen, bald wurde diese Folge von „Deuschle im Dialog“ sehr grundsätzlich.

„Meine Mitarbeiter haben mir eine ganz lange Rede aufgeschrieben“, stieg Deuschle ein, wollte aber die anderen zu Wort kommen lassen und hielt sich extrem kurz. Weltweit, so eine Berechnung, erwirtschafteten die Bienen durch ihre Bestäubung volkswirtschaftlich pro Jahr 200 Milliarden Euro. „Ohne sie gäbe es keine Erdbeermarmelade und kein Futter für die Viehzucht.“

Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, sagte, früher seien die Bienen ein „Orchideenfach“ gewesen: Schön, aber nicht unbedingt notwendig. Seit etwa 15 Jahren habe sich das geändert. „Jede Partei hat inzwischen ihren Bienenbeauftragten. Ich kann im Sportverein am Stammtisch über das Bienensterben reden.“ Solange es Imker gebe, werde die Honigbiene nicht aussterben. Aber heute würden Krankheiten weltweit eingeschleppt, und die ganzjährige Bienenhaltung sei für den Imker in der Stadt einfacher als auf dem Land. „Wo keine ganzjährige Bienenhaltung möglich ist, gibt es keine Biodiversität und keine anderen Insekten. Die Bedingungen, die für die Bienen gut sind, sind für alle Insekten gut.“ Rosenkranz plädierte dafür, die knappen Flächen intelligent zu nutzen: „Der Steingarten ist ein Alptraum.“ Ein positives Beispiel: In Karlsruhe würden die Flächen in den städtischen Parks nur noch zum Teil häufig gemäht.

„Bienen reagieren sehr empfindlich auf Änderungen der Umwelt“, sagte Ulrich Kinkel, Präsident des Landesverbandes Württembergischer Imker. Sie seien damit ein Zeichen für eine intakte Umwelt. Dass über die Hälfte der deutschen Imker in Baden-Württemberg und Bayern tätig seien, liege auch an der kleinteiligeren Landwirtschaft als anderswo. „Es hängt alles zusammen: ständig neue Baugebiete, der Wunsch nach billigen Lebensmitteln und die Flugrekorde zu Ostern. Das muss sich ändern, Fliegen muss extrem teuer werden. Die Politik erzählt uns nicht die Wahrheit, wir müssen zurückrudern.“

Volkmar Klaußer, Geschäftsführer der Stadtwerke Nürtingen, warb für den „Bienenstrom“. Bei diesem Strom aus Wasserkraft unterstützt der Kunde mit einem Cent pro Kilowattstunde den Aufbau und die Pflege von Blühflächen. Weil deren energetischer Ertrag in der Biogasanlage kleiner ist als etwa bei Mais, erhält der Landwirt einen finanziellen Ausgleich. Aktuell sind 14 Landwirte am Projekt beteiligt.

100 Prozent Bio möglich?

Auch Landwirte sollten bei der Gesprächsrunde zu Wort kommen. In diesem Fall waren es Traugott und Tobias Fetzer vom Neuwieshof in Aichwald. „Ich muss auf Befindlichkeiten Rücksicht nehmen“, sagte Traugott Fetzer, der Vater. „Wächst es zu hoch, klagt der Spaziergänger, sein Hund könne nicht mehr laufen.“ Veränderungen dürften nicht nur von den Landwirten verlangt werden: „Wir brauchen 30 Prozent Bio und 30 Prozent weniger Verkehr und Fliegen.“

Ein Imker kritisierte die aus seiner Sicht zu große Macht der Landräte: „Ein Landwirt wollte eine kleine Fläche blühen lassen, da kam das Landratsamt, das sei eine Nutzungsänderung.“ Er forderte: „Wir müssen an den Verbraucher ran, keine Erdbeeren im Februar.“ Eine Schweizer Untersuchung habe gefragt, ob 100 Prozent Bio möglich seien? „Es ist, wenn wir nur noch halb so viel Lebensmittel wegwerfen und halb so viel Fleisch essen.“ Menschen müssen aber auch finanziell zu Bio und Co. in der Lage sein: „Es gibt immer mehr Leute, die jeden Euro zweimal rumdrehen müssen“, sagte Klaußer, „ich kenne sie als meine Kunden.“ Deuschle griff die Forderung nach persönlichen Veränderungen in seinem Schlussplädoyer auf: „Es ist falsch, zu sagen, der Nachbar soll, der Landwirt soll, aber ich nicht.“