Kurt Grunow und Angelika Hentschel Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von 50 Jahren hat Diether Kast seine „Esslinger Schule“ begründet und damit die Voraussetzung für die örtliche Kunstakademie geschaffen. Seither haben rund 6000 Kunstbegeisterte die Kurse und Workshops durchlaufen. Doch trotz erfolgreicher Arbeit bleibt stets die Sorge ums nötige Geld.

EsslingenDie Kunst, sich zu verändern“ steht in dicken Lettern an einer Wand in der Esslinger Kunstakademie. Viele sind dieser Aufforderung gefolgt, seit der Gründer Diether Kast die „Aka“ vor 50 Jahren aus der Taufe gehoben hat. Mit seiner „Esslinger Schule“ hat Kast ein pädagogisches Konzept entwickelt, das weit über Esslingen hinaus Beachtung fand. Seit damals hat sich vieles verändert, doch der Grundgedanke ist derselbe geblieben: „Wir möchten auf breiter Basis Zugänge zu moderner und zeitgenössischer Kunst schaffen sowie Denkanstöße und Kommunikation in Gang setzen. Vernetzt mit der kulturellen Szene Esslingens wie auch mit der gesamten Region ist die Akademie ein Ort der Begegnung und des Austauschs, an dem die vielfältigen Aspekte von Kunst erfahrbar werden sowie die Erkenntnis von Zusammenhängen zwischen Kunst und gesellschaftlicher, sozialer und politischer Wirklichkeit.“

Dieser Anspruch ist auch Kasts Nachfolgern in der Akademie-Leitung Verpflichtung: Karin Genitheim, Angelika Hentschel und Kurt Grunow sorgen zusammen mit ihren Dozentinnen und Dozenten für ein facettenreiches Programm. Dass ihnen das trotz herausfordernder finanzieller Rahmenbedingungen jedes Semester aufs Neue gelingt, spricht für sie.

1968 hatte Akademie-Gründer Diether Kast erste Versuche mit kleinen Gruppen unternommen, um eine auf Breitenbildung zugeschnittene Didaktik zu entwickeln. „Diether Kast hat Malerei damals in altmeisterlicher Technik nach einer ganz eigenen Methodik vermittelt“, erinnert sich Kurt Grunow, der heute die künstlerische Leitung innehat. Nach ihren ersten vier Jahren hatte sich die „Esslinger Schule“ so weit etabliert, dass Kast erste offizielle Kurse in der Schillerschule anbieten konnte. Den endgültigen Durchbruch brachte eine Ausstellung von etwa 250 Arbeiten im Alten Rathaus – mehr als 100 Anmeldungen für die Kurse der „Aka“ waren hinterher zu verzeichnen. Vom Oberschulamt wurde die Esslinger Kunstakademie 1989 förmlich als Ausbildungsstätte anerkannt. Aktuell zählt die Esslinger Kunstakademie ungefähr 100 Studierende in den festen Kursen, weitere 100 Kunstliebhaber nutzen regelmäßig die variablen Angebote. Insgesamt wurden seit der Gründung vor 50 Jahren etwa 6000 Studierende gezählt.

Etwa 20 Dozentinnen und Dozenten bieten ein Kursangebot, das vom universellen Intensivlehrgang „Art Company“ über Zeichnen, Malerei, Bildhauerei und Druckgrafik bis hin zur Kunsttheorie reicht. Und egal, ob Studierende ihre ersten Versuche mit der Kunst wagen oder ihre bereits erworbenen Fertigkeiten immer weiter ausbauen und verfeinern wollen – für jeden gibt es die passenden Angebote. Die Unterrichtsräume in der Fritz-Müller-Straße, wohin die „Aka“ 2001 umgezogen ist, bieten Platz für künstlerische Arbeit in drei Atelierräumen, einer Druckwerkstatt, einer Bildhauerwerkstatt, einem Ausstellungsraum und einem Foyer für Vorträge – insgesamt stehen dort etwa 700 Quadratmeter zur Verfügung. Zum Konzept gehört auch, dass die Macherinnen und Macher der Kunstakademie nicht nur im stillen Kämmerlein, sondern auch nach außen wirken wollen. So werden immer wieder Diskussionsforen eröffnet – zuletzt stellte man sich mit großem Engagement dem Schwerpunktthema „Ist Freiheit nur eine innere Einstellung?“

Es ist nicht leicht, ein Angebot wie dieses über solch einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten. „Es gibt nicht viele Einrichtungen dieser Art, die sich zu 95 Prozent selbst tragen“, erklärt Angelika Hentschel, die seit der Ära Kast der Akademieleitung angehört. Und sie verweist auf andere Kunstschulen wie etwa in Filderstadt, die von der Kommune getragen werden. „Von solch einer Unterstützung können wir nur träumen.“ In Esslingen werden kleinere Brötchen gebacken: Als die „Aka“ vor einiger Zeit bei der Stadt wegen einer Zuschusserhöhung von 5000 auf 10 000 Euro angeklopft hatte, gab’s im Kulturausschuss eine Abfuhr, die von wenig freundlichen Tönen begleitet war. „Wir geben trotzdem nicht auf und hoffen, dass wir mit dem nächsten Antrag erfolgreicher sind“, sagt Angelika Hentschel, die darauf setzt, dass sich 50 Jahre gute und erfolgreiche Arbeit auszahlen.

Zur Feier des 50-jährigen Bestehens der Esslinger Kunstakademie gibt es dort am Sonntag, 18. November, ab 11 Uhr einen Empfang mit OB Jürgen Zieger. Anmeldung unter Telefon 0711/31 09 363.