Foto: Bulgrin - Bulgrin

Noch ist die offizielle Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid am 10. Februar über den künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei nicht in jedem Briefkasten, da regt sich bereits erste Kritik: Die Initiative, die sich für den Bürgerentscheid stark gemacht hatte, sieht in einigen Passagen der Broschüre Ungereimtheiten.

EsslingenNoch warten viele Esslinger auf die offizielle Broschüre, in der Stadtverwaltung, Gemeinderat und die Bürgerinitiative für eine Stadtbücherei im modernisierten und erweiterten Bebenhäuser Pfleghof ihre Haltung zu den beiden Standort-Alternativen erläutern. Doch im Internet ist der Prospekt bereits zu finden – und er birgt nach Einschätzung der Initiative einige Ungereimtheiten. Darauf wurden Wolfgang Drexler, Ulrike Gräter und Klaus Hummel, die Initiatoren des Bürgerentscheids am 10. Februar, inzwischen auch von Bürgern angesprochen. Deshalb baten sie nun zum Pressegespräch, um ihre Sicht der Dinge und ihre weiteren Pläne zu erläutern. Auch wenn Unverständnis über einige Passagen in der Broschüre durchklingt, will die Initiative eine sachliche Debatte. Auf eine Schlammschlacht, wie sie von manchen angesichts harscher Töne in sozialen Netzwerken befürchtet wird, werde man sich nicht einlassen. Drexler betont, dass die Abstimmung nicht nur für die Bücherei große Bedeutung hat: „Es geht zuallererst darum, der Bücherei die bestmögliche Zukunft zu ermöglichen. Die sehen wir im Pfleghof. Es geht aber auch darum, der Stadt zu zeigen, dass sie so weitreichende Entscheidungen nie mehr ohne richtige Bürgerbeteiligung durchziehen darf. Beim Bürgerentscheid kann jeder zeigen, dass die Esslinger in Zukunft mehr mitreden wollen.“

Die Wahlbenachrichtigungen zum Bürgerentscheid wurden mittlerweile verschickt. Umso unverständlicher finden es Drexler und seine Mitstreiter, dass viele Esslinger noch auf die Informationsbroschüre warten. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt man im Rathaus, die Post habe den Versand des Infoprospekts witterungs- und krankheitsbedingt verschoben, jedoch zugesagt, dass bis Mittwoch alle Broschüren verschickt würden.

Drexler und die Fachleute der Initiative haben sich die Broschüre im Internet angeschaut, und sie kamen zu dem Schluss, „dass einige Dinge drinstehen, die schon diskussionswürdig sind“. Befremdlich findet Ulrike Gräter etwa, dass CDU, Grüne und FDP in ihrer gemeinsamen Erklärung zwar erwähnen, dass eine Sanierung im Bestand um mindestens 7,6 Millionen Euro teurer werde als ein Neubau: „Dann hätte man aber auch sagen müssen, dass sich diese Mehrkosten auf 38 Jahre verteilen würden – wenn sie anfallen. Weil noch so viele Fragen offen sind, kann diese Wirtschaftlichkeitsberechnung bisher nur eine Schätzung sein.“

Klaus Hummel moniert derweil, dass in der städtischen Kalkulation die Kosten für den Erwerb des Areals zwischen Küferstraße und Kupfergasse nicht berücksichtigt werden. Und er fragt sich, weshalb nicht erwähnt wird, dass die Stadt im Pfleghof auch dann etwas tun muss, wenn die Bücherei ausziehen sollte: „Im Gemeinderat haben viele betont, dass der Pfleghof in städtischer Hand bleiben soll. Wenn man es damit ernst meint, muss er saniert werden. Das hätte man sagen müssen.“ Klar ist für Hummel auch, dass der Bebenhäuser Pfleghof in jedem Fall barrierefrei gestaltet werden muss, und zwar einschließlich der Wege, die dorthin führen: „Auch wenn man das Stadtmuseum dorthin verlegen wollte, müsste die Barrierefreiheit gewährleistet werden.“

Der Hinweis in der Stellungnahme des Oberbürgermeisters, dass ein Neubau an der Küferstraße „deutlich geringere bauliche Risiken“ berge, ist für Ulrike Gräter fragwürdig: „Wir haben es dort mit dem als erhaltenswert eingestuften Gebäude Kupfergasse 6 zu tun, und wir bewegen uns im Bereich des einstigen Franziskanerklosters. Da gibt es auch sehr viele denkmalbedingte Unwägbarkeiten, die in der Broschüre leider unter den Tisch fallen. Darauf wurden wir in den letzten Tagen immer wieder angesprochen.“ Für Drexler sind solche Reaktionen nicht überraschend: „Die Leute wollen die ganze Wahrheit hören.“

Gewundert hat sich Hummel, dass die Notwendigkeit eines Interimsquartiers während der Modernisierung des Pfleghofs als starkes Argument gegen einen Verbleib der Bücherei am bisherigen Ort angeführt wird: „20 Jahre lang war nur dieser Standort im Gespräch, und nie war das ein Problem. Plötzlich gilt das als Ausschlusskriterium. Dabei wurde nie ernsthaft überprüft, ob der Pfleghof in Etappen umgebaut werden könnte – so, wie das andere Städte gemacht haben. Wenn man trotzdem einen Ausweichstandort brauchen sollte, wird man ihn finden.“ Für wie lange das überhaupt nötig werden würde, sei auch ungewiss: „Bisher war immer von zwei, maximal drei Jahren die Rede. Plötzlich werden in der Broschüre ohne Begründung fünf Jahre genannt. Dass so etwas viele Esslinger irritiert, ist klar.“

Terminkalender der Initiative zum Bürgerentscheid

Endspurt: Vor dem Bürgerentscheid zum künftigen Standort der Stadtbücherei lädt die Initiative zum Treffen in großer Runde am Mittwoch, 23. Januar, ab 18.30 Uhr in den CVJM-Lutherbau ein.

Informationsstände der Initiative gibt es an den Samstagen 26. Januar sowie 2. und 9. Februar jeweils in der Zeit von 10 bis 13 Uhr auf der Inneren Brücke.

Experten informieren am Dienstag, 29. Januar, ab 19 Uhr im CVJM-Lutherbau über architektonische und städtebauliche Chancen von Denkmalen .

Gala: Die Band Poems on the Rocks, die Galgenstricke und der Autor Olaf Nägele treten am Freitag, 1. Februar, ab 19 Uhr bei einem Gala-Dinner zugunsten der Initiative im Jugend- und Kulturzentrum Komma auf. Karten gibt es im Buchladen Die Zeitgenossen in der Strohstraße 28.

Menschenkette: Mit einer „Umarmung des Pfleghofs“ am Sonntag, 3. Februar, ab 17 Uhr will die Initiative zur Teilnahme am Bürgerentscheid am 10. Februar aufrufen. Neben einer Menschenkette rund um das Pfleghof-Geviert wird es auch verschiedene Ansprachen geben.

Pläne: Die Bürgerinitiative verweist auf das Angebot des Fördervereins der Stadtbücherei, die Pläne für beide Standorte – einen Neubau an der Küferstraße oder die Erweiterung und Modernisierung der Bibliothek im Pfleghof – bis 9. Februar samstags von 10 bis 12 Uhr in der Bücherei in der Heugasse einzusehen.