Der vierköpfige Vorstand der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen (von links): Bernd Haußels, Frank Dierolf, Kai Scholze und Vorstandsvorsitzender Burkhard Wittmacher. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen hat sich trotz Nullzinspolitik und Veränderungen in der Bankenbranche im vergangenen Geschäftsjahr gut geschlagen.

EsslingenVorneweg: Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen hat sich trotz der anhaltenden Nullzinspolitik, den zunehmenden regulatorischen Anforderungen, dem harten Wettbewerb und den gravierenden Veränderungen in der Bankenbranche allgemein im vergangenen Geschäftsjahr gut behauptet. Vorstandschef Burkhard Wittmacher sprach am Donnerstag in Esslingen anlässlich der Bilanzvorlage von einem „guten Jahr“, obwohl weiterhin höherverzinsliche Anlagen ausliefen und neue Baufinanzierungen eine niedrige Verzinsung aufwiesen als früher. Das schlug sich negativ im Zinsüberschuss nieder, konnte aber durch das starke Wachstum mehr als ausgeglichen werden. So verbuchte das regionale Kreditinstitut Zuwächse bei Krediten und Einlagen, steigerte sein Ergebnis und wies einen Jahresüberschuss von 13 Millionen Euro aus. An die öffentlichen Haushalte bezahlte die Kreissparkasse 18,8 Millionen Euro Steuern. Der Bank zugute kommt, das die deutsche Wirtschaft das neunte Jahr hintereinander gewachsen ist. Erfreuliche Folge: Kreditausfälle fallen aus. So konnte die Bank mehr Eigenkapital bilden. Für Kreditausfälle kalkuliert die Kreissparkasse üblicherweise jährlich 20 Millionen Euro ein.

Das gute Geschäftsjahr ist jedoch nicht allein der guten Konjunktur geschuldet, es ist auch ein Verdienst des vierköpfigen Vorstands, der die Digitalisierung vorantreibt, die Unternehmenskultur modernisiert und sich noch stärker am Kundeninteresse ausrichtet. „Unsere Kunden haben oberste Priorität“, sagt Wittmacher. Warum aber gibt es bei der Kreissparkasse keine Apple Pay fähige Kreditkarte für das iPhone? Weil die deutschen Sparkassen mit dem kalifornischen Unternehmen darüber noch verhandeln. Wittmacher sagte, das dies bis Ende 2019 geregelt sei und Apple Pay zur Verfügung stehe.

Derweil hat sich die Bank in den vergangenen Jahren in der digitalen Welt gut entwickelt, wenngleich deutsche Geldhäuser auf diesem Gebiet nicht als Speerspitze des digitalen Fortschritts bezeichnet werden können. Internet-Filialen, Online-Banking, Video-Beratung, Chat-Funktion, Echtzeit-Überweisung, Sparkassen-App, all das gehört mittlerweile zur Standardaufstellung der Kreissparkasse. So hält eine in Ägypten lebende Kundin ihre Bankverbindung nach Esslingen per Video-Chat aufrecht. Zugleich leistet sich das regionale Geldhaus als größte Filialbank im Landkreis immer noch 94 Filial- und SB-Standorten, obschon es gerade in jüngerer Zeit hier durchaus einen Aderlass gegeben hatte. Auch die Zahl der Mitarbeiter sank im Jahresvergleich um 40 Frauen und Männer. Apropos Mitarbeiter. Es gibt nun einen erweiterten Dresscode: Als Ergänzung zum klassischen Anzug oder Kostüm ist „Business Casual“ gestattet (nicht zu verwechseln mit „Casual“). Die Definition für den neuen Dresscode lautet Experten zufolge: Anzug mit Hemd ohne Krawatte. Möglich wäre auch eine Kombination aus Sakko und Stoffhose ohne Krawatte. Jeans oder zu bunte Kleidung gelten als Fauxpas. „Wir wollen mehr Spielraum lassen“, sagte Wittmacher. Und um „den Kunden auch in dieser Hinsicht auf Augenhöhe zu begegnen“. Auf die Frage, ob der Umkehrschluss zutreffe und das früher eben nicht so war, sagte Wittmacher, man reagiere auf gesellschaftliche Veränderungen und gehe auf die Kunden zu. Und auch auf Wünsche von Mitarbeitern reagiert das Management. So soll das Projekt „Mobiles Arbeiten“, das sich in der Pilotphase befindet, die Arbeit räumlich und zeitlich flexibilisieren. Es soll junge Eltern ansprechen und helfen, Hauptverkehrszeiten zu entlasten und die Umwelt zu schonen. Nebenbei: Verkehrsentlastung könnte die Staustadt Esslingen gut gebrauchen.

Unstrittig ist, dass die Kreissparkasse schon lange einen guten Ruf genießt und bundesweit unter den 385 Instituten (Stand 15. Juni 2018) auf Rang drei liegt was ihre Attraktivität als Arbeitgeber betrifft. Unstrittig ist allerdings auch, dass das Management noch viel mehr für die Nachwuchsarbeit tun muss, weil der Fachkräftemangel die Bank erreicht hat. Ein Beispiel: Jeder Mitarbeiter bekommt nun 500 Euro Prämie für die Vermittlung eines Auszubildenden. Die wiederum werden mit Tablets ausgestattet, um sich besser vernetzen zu können und beispielsweise auch in Schul- und Studienzeiten Zugriff auf den dienstlichen Mail-Account und Kalender zu haben.

Was hält Wittmacher von der zurzeit diskutierten Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank? Das müsse man sorgfältig prüfen, sagt er vorsichtig – und will nicht weiter über andere reden. Jedenfalls zeigen die Geschäftszahlen der Kreissparkasse den Frankfurter Problemfällen zum Trotz: Auch in Zeiten einer Nullzinspolitik kann eine Bank, die ihre Kosten im Griff hat und sich konsequent am Kunden ausrichtet, Geld verdienen.