Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Wer sich schon länger mit der Zukunft der Esslinger Stadtbücherei beschäftigt, der weiß, dass er vor Überraschungen nie sicher sein kann. Trotzdem kommt der jüngste Vorstoß von Grünen, Freien Wählern, CDU, SPD und FDP, einen weiteren Standort in der Küferstraße zu prüfen, für viele aus heiterem Himmel. Eigentlich will der Gemeinderat bis zur Sommerpause entscheiden, wohin die Reise geht. Nun ist die Standort-Diskussion, die sich schon viel zu lange hinzieht, um eine Variante reicher. Es ist das gute Recht von Gemeinderat und Verwaltung, alle Eventualitäten zu bedenken, um die bestmögliche Lösung zu finden. Das ist man der Bibliothek mit Blick auf deren anerkannt gute Arbeit schuldig. Das haben aber auch die Bücherei-Kunden verdient, die schon viel zu lange vertröstet werden. Die Bürger erwarten zu Recht, dass die Kommune endlich Nägel mit Köpfen macht - und dass es eine Lösung gibt, die das lange Warten rechtfertigt.

Keiner weiß, ob das Areal Küferstraße 13 und 13/1 überhaupt zu kaufen wäre - und ob ein Neubau dort sinnvoll machbar und in überschaubarer Zeit zu realisieren wäre. Wenn demnächst die Ergebnisse einer Kundenbefragung der Stadtbücherei vorliegen, sollte es nicht überraschen, wenn sich viele klar für den aktuellen Standort ausgesprochen hätten. Der Bebenhäuser Pfleghof punktet auf einer emotionalen Ebene - nur deshalb hat die Kundschaft allerlei Unzulänglichkeiten weitgehend klaglos hingenommen. Sollte die Bücherei ausziehen, müsste die Stadt eine neue öffentliche Nutzung finden, die zusätzlich Geld kostet. Einen Verkauf des Pfleghofs würden viele Esslinger kaum akzeptieren.

Ein Neubau bietet die Chance, eine Bibliothek nach Maß zu bauen. Doch dann muss die Stadt in die Vollen gehen: Eine anspruchsvolle Architektur, die den Charme des Pfleghofs durch andere Qualitäten vergessen lässt, und ein Raumprogramm, das sich ohne Abstriche an den Anforderungen einer modernen Bücherei orientiert, wären unerlässlich. Beides ist nicht zum Discount-Preis zu haben. Und Kompromisse werden bei einem Neubau viel weniger akzeptiert - der Vergleich mit anderen neuen Bibliotheken drängt sich auf. Darauf müsste Esslingen eine überzeugende Antwort anbieten, wenn die Stadt weiterhin mit ihrer Bücherei Maßstäbe setzen will.