Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Esslingens evangelische Gesamtkirchengemeinde steht vor einer schweren Entscheidung: Weil die Kassen knapp sind, muss sie sich von Immobilien trennen - eine Option ist ein Verkauf des Gemeindehauses am Blarerplatz und der Franziskanerkirche. Dort könnten sich manche im Rathaus die neue Stadtbücherei vorstellen. Doch je genauer man hinschaut, desto klarer wird, dass sich diese beiden Gebäude sicher nicht als Standort einer gelungenen Bibliothek eignen.

Gewiss, die Kirche muss an ihre Finanzen denken. Und ein Verkauf des Gemeindehauses und der Franziskanerkirche würde den Spardruck mindern. Doch so verlockend diese Aussicht für manche Stadtteilgemeinden sein mag, so fatal wäre ein solches Zeichen für die evangelische Kirche insgesamt in Esslingen. Zuletzt hat sich gezeigt, welch große emotionale Nähe viele Esslinger zu diesen Gebäuden haben. Beide sind unverzichtbar für die Kirche und für die örtliche Kultur. In Zeiten, in denen manche um die emotionale Bindung vieler Menschen an ihre Kirche fürchten, ist solcher Zuspruch unschätzbar wertvoll. Der Gesamtkirchengemeinderat sollte diesen Schwung nutzen, um ein tragfähiges Konzept für den Erhalt zu entwickeln. Dabei ist auch die Kommune in der Pflicht - immerhin stellt die Kirche ein Stück Infrastruktur, das die Stadt ihren Kulturvereinen und -ensembles nirgendwo sonst in dieser Form anbieten kann.

Dass sich viele engagieren wollen, ist eine einmalige Chance. Deshalb sollte sich die Kirche nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Eine übereilte Entscheidung, bevor alle Fakten auf dem Tisch liegen und alle Möglichkeiten zum Erhalt ausgeschöpft sind, wäre kontraproduktiv. Gemeindehaus und Franziskanerkirche sind jede Mühe wert. Und gerade in schweren Zeiten hat die evangelische Kirche bewiesen, wozu sie fähig ist. Denen, die noch zaudern, ob sie den schwierigeren Weg gehen wollen, sei Hölderlin ans Herz gelegt: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“