Maximilian Güldner (links) und Mark Wendt sind von der EU Überzeugt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Wenige Tage vor den Kommunal- und Europawahlen sprechen die Esslinger Jugendgemeinderäte Maximilian Güldner und Mark Wendt über ihre Haltung zur EU.

EsslingenIm Esslinger Jugendgemeinderat gilt ihr Augenmerk vor allem der Lokalpolitik, doch der politische Horizont von Maximilian Güldner und Mark Wendt reicht entschieden weiter. Auch wenn sie sich in grundsätzlichen Fragen nicht immer einig sein mögen, verbindet die beiden etwas ganz Entscheidendes: Sie verstehen sich als überzeugte Europäer. Deshalb ist es für die beiden keine Frage, dass sie am Sonntag zur Wahl gehen werden – immerhin sehen sie Europa nicht zuletzt als ein Projekt der Jugend. Und da soll ihre Generation ein wichtiges Wort mitreden. Frieden und Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz, Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität und Zukunftsfähigkeit – all das sind für Wendt (18) und Güldner (19) Themen, die sich auf europäischer Ebene besser und effektiver regeln lassen. Geht es nach ihnen, dann sollte die Jugend zum Zugpferd eines starken Europas werden.

Für manche ist Europa ein abstrakter Begriff – Mark Wendt hat vor einigen Jahren hautnah erfahren, was es heißt, wenn sich die Nationen nicht einig sind: „Wir waren mit anderen jungen Leuten in Verdun, wo im Ersten Weltkrieg Hunderttausende auf den Schlachtfeldern gestorben sind. Viele von uns waren den Tränen nah, weil ihnen bewusst geworden ist, was es heißt, wenn sich Menschen als Erbfeinde fühlen. Soweit darf es nie wieder kommen. Europa ist unser Friedensprojekt.“ Das sieht auch Maximilian Güldner so. Wenn er sich in der Welt umschaut, wird er jeden Tag aufs Neue daran erinnert, wie wichtig ein geeintes Europa ist: „In letzter Zeit hat sich manches in der Welt verändert – man muss sich nur den Handelskrieg zwischen den USA und China anschauen. Deutschland alleine ist auf Dauer zu klein, um auf internationaler Ebene das nötige Gehör zu finden. Europa muss mit einer Stimme sprechen.“

Straßburg, Brüssel und die europäischen Institutionen scheinen vielen weit entfernt zu sein. So richtig greifbar wird die EU immer dann, wenn sich ganz konkret zeigt, was sie bewirken kann. „Wir reisen heute ganz selbstverständlich von einem europäischen Land zum anderen“, gibt Mark Wendt zu bedenken. „Früher war das alles viel komplizierter. Vor einiger Zeit war ich in Bulgarien – ein ausgesprochen interessantes Land. Dorthin zu reisen, ist heute kein Problem mehr. Das war früher ganz anders.“ Was es heißt, hat Maximilian Güldner während einer Asien-Reise erlebt: „Wenn man auf einer Reise von ein paar Wochen acht oder neun verschiedene Währungen braucht, weiß man Euro ganz anders zu schätzen.“

Wendt: "Interesse an der EU hat zugenommen"

Aber interessieren sich junge Leute wirklich in großer Zahl für den europäischen Gedanken? Mark Wendt ist überzeugt davon, dass das Interesse in letzter Zeit wieder zugenommen hat: „Unter manchen Jugendlichen gibt es vielleicht eine Parteienverdrossenheit – von Politikverdrossenheit würde ich nicht sprechen. Die jüngsten Diskussionen über Artikel 13 des europäischen Urheberrechts haben vielen vor Augen geführt, dass sich die Europapolitik in vielen Feldern des alltäglichen Lebens bemerkbar macht. Und dass es wichtig ist, sich klar zu äußern und zu engagieren, wenn man nicht will, dass andere einfach so über einen entscheiden.“ Dass manche Jugendliche mit eben jenem Artikel 13 gar nicht glücklich sind und die EU seither mit gemischteren Gefühlen sehen, weiß Maximilian Güldner. Doch er gibt zu bedenken: „Europa ist viel mehr als nur das gemeinsame Urheberrecht.“ Deshalb wünschen sich die beiden Jugendgemeinderäte, dass die europäischen Institutionen ihre Arbeit transparenter und nachvollziehbarer machen und in vielen Bereichen auch effektiver werden. Mark Wendt moniert: „Keiner kann diesen Wanderzirkus nachvollziehen, wenn die Europa-Abgeordneten einmal im Monat mit Sack und Pack zur Plenarwoche von Brüssel nach Straßburg pendeln müssen. Das kostet viel Zeit und Geld, belastet die Umwelt und macht die Arbeit ganz bestimmt nicht effektiver.“

Dabei bräuchten die Europapolitiker eigentlich jede Sekunde, um all die Aufgaben zu bewältigen, die es zu bewältigen gilt. Mark Wendt denkt da zum Beispiel an die sozialen Unterschiede in Europa: „Uns geht es wirtschaftlich sehr gut – in anderen Ländern herrschen Armut und hohe Arbeitslosigkeit. Solche Unterschiede können wir uns auf Dauer in Europa nicht leisten.“ Maximilian Güldner will die europäischen Staaten allerdings nicht ganz aus ihrer Verantwortung für die Situation im eigenen Land entlassen: „Europa kann viele Probleme lösen, aber nicht alle.“ Uneins sind die beiden Jugendgemeinderäte, wie weit der europäische Einfluss reichen soll. Während sich Mark Wendt einen europäischen Finanz- oder Außenminister sehr gut vorstellen könnte, rät Maximilian Güldner, „sehr genau hinzuschauen, ob man alles der EU überträgt oder bestimmte Dinge in nationaler Souveränität behält“.

Wenn sie den Abgeordneten im neuen Europaparlament einen Wunschzettel mit auf den Weg geben sollten, müssten die beiden Jugendgemeinderäte nicht lange nachdenken. Maximilian Güldner wünscht sich vor allem ein friedliches, sicheres und demokratisches Europa. Einig ist er sich mit seinem Kollegen, dass Europa seine Zukunft beherzt in die Hand nehmen muss und Themen wie den technologischen Fortschritt, Umwelt- und Klimaschutz oder die Nachhaltigkeit beherzt vorantreiben muss. Mark Wendt setzt derweil auf ein Europa der Jugend, in dem Freiheitsrechte, Austausch und Miteinander statt Populismus regieren. Er wünscht sich eine europäische Jugendbewegung, die diesen Traum mit Leben erfüllt: „Doch das überlassen wir nicht den Politikern – das ist unsere Sache.“