Weit gereist: Der Chor der Tsung Tsin Mission ist aus Hongkong in die Neckarstadt gekommen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Dietrich Heißenbüttel

„Jubilate Deo“ sangen die Mitglieder der Esslinger Jugendkantorei, während sie durch das Schiff der Frauenkirche nach vorne schritten. Der junge Chor setzte den Schlusspunkt unter den Veranstaltungsreigen anlässlich des 500-jährigen Jubiläums des Gotteshauses. Das Konzert bestritt die Jugendkantorei allerdings nicht allein: Vor zwei Jahren haben die Sängerinnen und Sänger einen Chor aus Malaysia beherbergt, der zum Kirchentag nach Stuttgart gekommen war. In diesem Sommer soll nun der Gegenbesuch folgen. Die Basler Mission unterstützt das Vorhaben. So kam es, dass der Chor der Tsung Tsin Mission aus Hongkong angereist war, die ihre Anfänge auf die Begegnung mit den evangelischen Missionaren aus Basel im Jahr 1847 zurückführt.

Dem Kanon „Jubilate Deo“ des Renaissance-Komponisten Michael Praetorius folgte sein homophones „Audite, silete“ - hört und seid still. Kirchenmusikdirektor Uwe Schüssler sorgte vom ersten Moment an für einen lebendigen, schwungvollen Vortrag und moderierende Chormitglieder besorgten die Übersetzung der lateinischen Texte. Kirchenmusik aus 500 Jahren: Dies war das Motto, das die Programmauswahl bestimmte, passend zum 500-jährigen Jubiläum der Kirche. Nach „Lobt Gott getrost mit Singen“ von Adam Gumpelzhauser, einem Zeitgenossen Praetorius‘, ging es zurück zu Josquin Desprez, einem der berühmtesten Komponisten der Zeit, als die Frauenkirche ihrer Vollendung entgegenging. „Tu pauperum refugium“, zu deutsch „Du, Zuflucht der Armen“, ist eine sehr schöne langsame, vierstimmige Motette, der sich, nun wieder schwungvoller, im Eilschritt durch die Jahrhunderte, Georg Friedrich Händels Krönungshymne „Zadok the Priest“ anschloss: „Rejoice, rejoice!“

Danach ging es ganz schnell in die Gegenwart: Auf „I Will Praise Thee oh Lord“ des Norwegers Knut Nystedt folgte der 269. Psalm des Österreichers Peter Planyavsky. Aus dem unablässig wiederholten „… lobet, lobet, lobet …“ schält sich der Text heraus. Im 7/8-Takt rahmte John Rutters „I Will Worship the Lord“ Ernest Sands‘ „Sing of the Lord’s Goodness“: ein solistisch zur Klavierbegleitung vorgetragene Adaptation von Dave Brubecks „Take Five“. Mit der amerikanischen Komponistin Audrey Snyder und ihrem schlichten „Ubi Caritas“ klang der erste Teil des Programms aus.

Die Gäste aus Hongkong fingen an mit vertrauten Tönen. „Dona nobis pacem“ brauche er wohl nicht zu erklären, meinte der Chorleiter Tony Ha. Dass der kleine Laienchor stimmlich mit der Jugendkantorei nicht ganz mithalten konnte, machte Ha mit einem ruhigen, konzentrierten Vortrag wett - nachdem vorher, bei der Jugendkantorei, der Pianist Johannes Zimmermann manchmal fast davon galoppiert war. Dann aber wurde es für die Zuhörer unverständlich. Denn die Gäste sangen zuerst in Kanton-Chinesisch und dann in Hakka: die eigene Sprache einer Volksgruppe, die innerhalb Chinas in mehreren Phasen in den Süden migriert ist und aus deren Kreisen sich die Tsung Tsin Mission vorwiegend rekrutiert.

Dieter Bullard-Werner, Geschäftsführer des deutschen Zweigs der Mission, half beim Übersetzen - wobei ihm Ha, der gut deutsch versteht, manchmal auf die Sprünge helfen musste. Mit dem Southern Gospel des Amerikaners Bill Gaithe „The longer I serve Him, the sweeter He grows“ beendete sinnigerweise die älteste Sängerin solistisch das Programm, bevor sich zum Abschluss die Jugendkantorei unter die Chinesen mischte. Dirigiert von Ha, stimmten sie gemeinsam einen weiteren Titel von John Rutter an: „The Lord Bless You“.