Geschäftsführer Andreas Heinkel und Herausgeberin Christine Bechtle-Kobarg (von links) freuen sich mit IHK-Präsident Heinrich Baumann über die Ehrenskulptur. Quelle: Unbekannt

Der Bechtle Verlag und die Eßlinger Zeitung sind von der IHK mit der Ehrenskulptur „Merkur“ für unternehmerisches Engagement und soziale Leistungen ausgezeichnet worden.

EsslingenDie Wirtschaft brummt, die Aussichten sind gut. Dennoch hört man immer wieder, dass der Erfolg von heute kein Garantieschein für eine ebenso erfolgreiche Zukunft sei. Namhafte Ökonomen warnen davor, dass traditionell geführte Mittelstandsfirmen im globalen Wettbewerb zurückfallen könnten, wenn sie dem Wandel nicht schnell genug Rechnung tragen. Solche Zeitdiagnosen bergen Gesprächsstoff. Deshalb luden der Bechtle-Verlag und die Eßlinger Zeitung Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu einer Gesprächsrunde ein, für die das Verlagshaus in der Zeppelinstraße eine reizvolle Kulisse bot. Wo sonst Zeitungen gedruckt werden, ging es um eine entscheidende Frage: „Hat Tradition noch Zukunft?“ Der Anlass war perfekt – immerhin wurden Bechtle und die Eßlinger Zeitung für unternehmerisches Engagement und soziale Leistungen vor Ort mit dem „Merkur“, der Ehrenskulptur der Industrie- und Handelskammer, ausgezeichnet.

Dass man sich bei Bechtle mit unternehmerischen Strategien im Spannungsfeld zwischen Tradition und Zukunft auseinandersetzt, ist für Geschäftsführer Andreas Heinkel naheliegend: „Immerhin haben auch wir in 150 Jahren schon so manchen Wandel vollzogen.“ Entscheidend sei, dass man aus den Veränderungen neue Stärke beziehe. Darin waren sich auf dem Podium, das von EZ-Chefredakteur Gerd Schneider moderiert wurde, alle einig. Die Start-up-Unternehmerin Nadine Pollex weiß aus eigener Erfahrung, um wie viel stärker man aus einer Veränderung hervorgehen kann. Sie hat ihre Stelle im Reisebüro eines Warenhauskonzerns hinter sich gelassen und ein eigenes Unternehmen gegründet, das Outdoor-Systemküchen anbietet. Dafür wurde Pollex mit dem German Innovation Award ausgezeichnet. Die Gründerin machte deutlich, dass es ein großer Schritt ist, sich in die Selbstständigkeit zu wagen – bedauert hat sie ihre Entscheidung nie: „Der Anfang ist schwierig, aber die Rahmenbedingungen fand ich gründungsfreundlich.“ Dass Menschen zu Gründern werden, liegt nach Pollex’ Einschätzung auch an der Arbeitssituation, die viele heute als unbefriedigend empfinden: „Wenn mehr Menschen mit Spaß zur Arbeit gehen würden, würde unsere Wirtschaft noch viel besser dastehen.“

Rainer Elste, Professor an der Hochschule Esslingen, wünscht sich mehr Gründer. In Zeiten florierender Wirtschaft beobachtet er eine geringere Bereitschaft, mit neuen Geschäftsideen in die Selbstständigkeit zu gehen. Deshalb ist für ihn klar: „Wir müssen mehr Motivation schaffen, Unternehmen zu gründen.“ Kleine, sehr bewegliche Firmen könnten schneller Neues voranbringen. Für Heinrich Baumann, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Eberspächer und Präsident der IHK-Bezirkskammer Esslingen Nürtingen, bedeutet Tradition für ein Unternehmen, „in der Lage zu sein, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen, um den wirtschaftlichen Erfolg dauerhaft zu sichern“. Bechtle-Verlag und Eßlinger Zeitung seien ein gutes Beispiel dafür, dass das gelingen könne: „Ich glaube nicht, dass die EZ ihr 150-jähriges Bestehen erreicht hätte, wenn sie sich nicht weiterentwickelt hätte.“

In großen Unternehmen wie Eberspächer müsse es bewegliche innovative Einheiten ebenso geben wie stabile Strukturen. Entscheidend sei, dass Strukturen die Entwicklung nicht behindern. Schnelligkeit und Wandlungsfähigkeit sind für Baumann wichtige Erfolgsfaktoren – Verlässlichkeit und Qualität mindestens genauso. Rainer Elste macht sich Sorgen um die deutsche Wirtschaft, wenn sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt und gerade bei der Digitalisierung nicht rasch aufholt, was bislang verpasst wurde. Baumann weiß sehr wohl, dass sich sein Unternehmen mit dem Wandel in der Automobilindustrie verändern müsse. Doch er ist zuversichtlich, dass die richtigen Weichen gestellt werden: „Wenn das gelingt, werden wir in 20 Jahren sogar mehr Mitarbeiter haben – viele Arbeitsplätze werden allerdings anders aussehen als heute.“ Grundsätzlich sei er optimistisch: „Jede Veränderung eröffnet neue Chancen.“

Ein Merkur für unternehmerisches Engagement

150 Jahre Bechtle-Verlag und Eßlinger Zeitung sind ein außergewöhnliches Ereignis. Nun gab es von der Industrie- und Handelskammer eine besondere Würdigung: Die IHK Region Stuttgart zeichnete Bechtle und die Eßlinger Zeitung mit ihrer Ehrenskulptur aus. Mit dem „Merkur“ werden unternehmerisches Engagement für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts und des Fachkräftebedarfs sowie die soziale Leistung vor Ort belohnt. Heinrich Baumann, der Präsident der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, betonte, mit seinem Engagement investiere das Unternehmen „in ganz erheblichem Maße in die Zukunft der Region“. Über Generationen hinweg habe die Unternehmerfamilie Bechtle den Wirtschaftsstandort mit geprägt und für Pressefreiheit und Medienvielfalt gebürgt. „Beides ist heute wichtiger denn je“, betonte Baumann. Mit der Entscheidung, das Unternehmen nun unter dem Dach der Südwestdeutschen Medienholding zu führen, habe die heutige Herausgeberin Christine Bechtle-Kobarg eine neue Struktur ermöglicht, die den Weg in die Zukunft ebne. Dass Bechtle und die Eßlinger Zeitung mit ihrem Geschäftsführer Andreas Heinkel gut aufgestellt sind für die Zukunft, ist für Baumann keine Frage. Die Eßlinger Zeitung nehme die Herausforderungen des digitalen Wandels an und verbinde damit Tradition und Innovation. Und dass man sich zur journalistischen Qualität bekenne, sei für die ganze Region wichtig: „Qualitätvoller lokaler Journalismus wird nicht an Bedeutung verlieren.“ EZ-Herausgeberin Christine Bechtle-Kobarg nahm den „Merkur“ für das Unternehmen und alle seine Mitarbeiter entgegen. Und sie betonte: „Wir fühlen uns den Menschen in der Region verpflichtet und wir wissen, wie wichtig seriöse, sauber recherchierte und konstruktiv kritische Medien sind. Alles dafür zu tun, dass dieser Verlag und diese Zeitung ihren festen Platz in unserer Region haben, soll unser Anspruch auch künftig sein.“