So, wie in dieser Computersimulation der Bücherei-Initiative gezeigt, könnte eine ein- oder zweistöckige Interims-Bibliothek an der Augustinerstraße entstehen. Foto: oh - oh

Wenn die Esslinger Stadtbücherei vom zweiten Quartal 2022 an im Bebenhäuser Pfleghof erweitert und modernisiert wird, muss sie für einige Jahre in ein Ausweichquartier umziehen. Die Initiative für eine Bücherei im Pfleghof hat dafür nun einen ungewöhnlichen Vorschlag präsentiert.

EsslingenDass die Zukunft ihrer Stadtbücherei im Bebenhäuser Pfleghof liegen soll, haben die Esslinger beim Bürgerentscheid im Februar klar gemacht – nun arbeiten zwei Dutzend Architekturbüros an Ideen zur Erweiterung und Modernisierung des Pfleghofs. Bis zum angepeilten Baubeginn im zweiten Quartal 2022 muss die Stadt eine wichtige Frage klären: Weil die Bauverwaltung nicht daran denkt, den Pfleghof in Etappen umzubauen, muss die Bücherei zeitweilig in ein Interimsquartier umziehen. Groß genug soll es sein, zentral gelegen, auch für Kinder gut erreichbar und funktional. Weil bislang aus dem Rathaus keine Signale kamen, hat die Initiative für eine neue Bücherei im Pfleghof die Diskussion nun mit einer unkonventionellen Idee befeuert: Die Stadt soll prüfen, ob für die Dauer des Bücherei-Umbaus ein Interimsquartier in Stahl- und Glasbau-Technik an der Augustinerstraße – oder anderswo in der Innenstadt – entstehen könnte. Noch sind viele Fragen offen, doch die Initiatoren des Bürgerentscheids finden: „Entscheidend ist, dass die Stadt das Thema angeht. Wir haben nichts dagegen, wenn jemand noch bessere Ideen bringt. “

Mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid sieht die Initiative ihre Aufgabe noch nicht beendet: „Wir fühlen uns in der Pflicht, weiter mitzuhelfen, dass der eindeutige Wille der Bürger umgesetzt wird“, sagt Wolfgang Drexler, neben Klaus Hummel und Ulrike Gräter einer der Vertrauensleute. Weil die Stadtverwaltung immer betont hatte, wie wichtig ein geeignetes Interimsquartier ist, haben sich Drexler und seine Mitstreiter gewundert, dass dieses Thema zuletzt gar nicht mehr angesprochen wurde. Zwei Mitglieder der Initiative, ein Architekt und ein Bauingenieur, hatten sich deshalb eigene Gedanken gemacht: Für die Zeit des Bücherei-Umbaus könnte an der Augustinerstraße am Fuße des Burgbergs ein Interimsgebäude für die Bücherei entstehen – entweder mit einem oder mit zwei Etagen. Die zweigeschossige Variante könnte 1650 Quadratmeter bieten, die Bücherei wünscht sich für die Zeit im Ausweichquartier rund 2000 Quadratmeter. Die Garagen, die an dieser Stelle stehen, könnten bleiben – die Interims-Bibliothek würde unabhängig von ihnen auf Stelzen gebaut. Die zweigeschossige Variante haben die Experten der Initiative auf etwa 1,5 Millionen Euro kalkuliert, weitere rund 600 000 Euro würden für die Büchereitechnik fällig. Der vorgeschlagene Standort war in der Vergangenheit auch für eine neue Parkgarage im Gespräch gewesen.

„Wir wissen, dass bei dieser Idee noch viele Fragen zu klären sind“, sagt Wolfgang Drexler. „Man muss mit den Eigentümern reden, ob sie einen solchen Bau für die Dauer des Bücherei-Umbaus ermöglichen würden, der Denkmalschutz muss gefragt werden und vieles mehr. All das ist jetzt Sache der Stadt. Wichtig ist, dass man ernsthaft Lösungen sucht.“ Besonders charmant finden Drexler und seine Mitstreiter diesen Gedanken, weil er sich auch anderswo in der Innenstadt realisieren ließe: „Solche Gebäude könnte man genauso gut auf dem Karstadt-Areal oder dem alten ZOB-Gelände errichten, falls dort noch für längere Zeit nicht gebaut werden sollte. Wenn der Pfleghof wieder bezogen wird, könnte ein solcher Interimsbau abgebaut und anderswo genutzt werden.“

Für Klaus Hummel ist klar, dass bei der Bücherei-Erweiterung im Pfleghof „neben den Denkmalthemen das Interim den größten Brocken lösbarer Probleme darstellt“. Er warnt jedoch davor, daraus ein Ausschlusskriterium zu konstruieren: „Dass umfangreiche Leerstände an möglicherweise geeigneten Flächen immer mal wieder vorhanden sind, haben Interimsumzüge der Verwaltung gezeigt – zum Beispiel der Württemberger Hof oder die ehemaligen Büroräume der Baugenossenschaft mit jeweils etwa 1600 Quadratmetern.“ Die Befürchtung mancher, dass die Neubau-Befürworter die aktuelle Finanzlage der Stadt nutzen könnten, um die Pfleghof-Erweiterung und -Modernisierung auf die lange Bank zu schieben, teilt Ulrike Gräter nicht: „Man hat immer betont, dass die Hälfte der Baukosten bereits auf der hohen Kante liegt, um von der aktuellen Haushaltslage unabhängig zu sein. Wenn das plötzlich nicht mehr gelten sollte, würde ein Aufschrei durch die Stadt gehen.“ Und Klaus Hummel ergänzt: „Wer gegen den erklärten Willen so vieler Bürger die Bücherei auf die lange Bank schieben wollte, hätte ein ernsthaftes Glaubwürdigkeitsproblem.“

Im Rathaus liegt der Vorschlag der Bücherei-Initiative bereits auf dem Tisch. OB-Sprecher Roland Karpentier erklärt auf Nachfrage: „Wir werden diesen Gedanken sorgfältig prüfen, haben aber auch andere Varianten noch im Blick.“