Das Nürk-Areal (rechts) ist verkauft worden und soll neu bebaut werden. Jetzt hoffen die Pliensauvorstädter, dass im Zuge der Bauarbeiten die überdimensionierte Foto: Bulgrin - Bulgrin

Mobilitätsserie: Die ungeliebte Unterführung und die fehlenden oberirdischen Querungen der Brückenstraße sind seit vielen Jahren ein Dauerthema in der Pliensauvorstadt.

Esslingen Die üppig dimensionierte Kreuzung der Brückenstraße mit der Stuttgarter Straße ist ein Kind der 70er-Jahre. Damals waren die Planer vor allem bemüht, die Stadt möglichst autofreundlich zu gestalten. So wurden die Fußgänger in den Untergrund verbannt. Die ungeliebte Unterführung und die fehlenden oberirdischen Querungen der Brückenstraße sind seit vielen Jahren ein Dauerthema in der Pliensauvorstadt. „Darüber wird bei jeder Einwohnerversammlung geredet“, sagt Andreas Jacobson vom Bürgerausschuss. Nun haben die Stadtteilvertreter wieder Hoffnung. Denn die in Kirchheim beheimatete Lidl Vertriebs-GmbH hat das Nürk-Areal gekauft und plant, das Gelände neu zu entwickeln. Neben einem Lidl-Lebensmittelmarkt sollen neue Wohnungen gebaut sowie weiteres Gewerbe angesiedelt werden.

Gefährlicher Weg über die Straße

„Das ist eine einmalige Chance für unseren Stadtteil und vor allem auch für die Kreuzung Brückenstraße“, sagt die Vorsitzende des Bürgerausschusses, Yvonne Tröger. „Denn dann muss auch über die Verkehrsführung an der Kreuzung nachgedacht werden.“ Pläne, wie den Fußgängern das Leben erleichtert werden könnte – zum Beispiel durch einen Kreisverkehr mit oberirdischen Überwegen – gibt es schon lange. Doch die sind, weil zu teuer, allesamt wieder in der Schublade verschwunden. „Wir hoffen, dass sich da für die Fußgänger endlich was tut.“

Damit nicht noch mehr Passanten den gefährlichen Weg über die sechs Spuren wählen – auf dem es auch noch eine mit Betonplatten eingefasste Pflanzrabatte zu überwinden gilt – hat die Stadt an der Ecke Hohenheimer Straße/Zollbergstraße eine Fußgängerampel installiert. „Die ist zwar barrierefrei, aber für die meisten Leute, die von der Stuttgarter Straße zum Nürk-Areal möchten viel zu weit weg“, sagt Matthias Heindel, der sich in der Verkehrs-AG des Bürgerausschusses engagiert. So beobachte Wolf-Dieter Bollacher, Inhaber der Brücken-Apotheke und Mitglied im Bürgerausschuss, „immer wieder sehr gefährliche Szenen, wenn Leute vor seinem Geschäft die Straße überqueren“. Statt der gefährlichen überirdischen Passage den Weg durch den Untergrund zu nehmen, kommt für viele Fußgänger nicht in Frage. Seitdem die Deckenisolierung beseitigt wurde und die Tauben somit vertrieben worden sind, präsentiert sich die Unterführung zwar etwas ansehnlicher. „Aber für Menschen mit Gehbehinderung ist die Unterführung eigentlich nicht nutzbar. Und für Leute, die einen Kinderwagen dabei haben, auch nicht“, sagt Frank Limberger, der ebenfalls im Bürgerausschuss aktiv ist.

Die Rolltreppe steht schon seit vielen Jahren still, und die Treppe Richtung Pliensaubrücke ist in einem desolaten Zustand. Nachdem Stufen aus den Fugen geraten waren, wurde die Treppe der Unterführung einfach teilweise abgesperrt, sodass jetzt kein durchgängiger Handlauf mehr zur Verfügung steht. „Wir haben das immer wieder bei der Stadt moniert“, erklärt Matthias Hendel. „Aber getan hat sich bis jetzt leider gar nichts.“

Dass sich hingegen am Eingang zur Pliesauvorstadt etwas getan hat und an der Stuttgarter Straße eine Fußgängerampel installiert worden ist, darüber sind die Stadtteilvertreter froh. „Das erspart einem zumindest an dieser Stelle den Weg durch die Unterführung“, sagt Yvonne Tröger. Nun hoffen sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, dass bei der Sanierung der historischen Pliensaubrücke ebenfalls an die Fußgänger gedacht wird. „Die Innenstadt und der Bahnhof sind von uns aus ja gut zu Fuß zu erreichen“, erklärt die Vorsitzende des Bürgerausschusses. Damit auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, in die Stadt spazieren können, „muss zumindest ein Teil des Belags der Brücke aber so gestaltet werden, dass er rollatortauglich ist.“

Während Fußgänger im vorderen Bereich der stark befahrenen Stuttgarter Straße dank mehrerer Ampeln sicher über die Fahrbahn kommen, sieht es Richtung Grüne Höfe mau aus. „Dort gibt es weder Fußgängerampeln, noch Zebrastreifen, und so kommt es vor allem zu den Hauptverkehrszeiten immer wieder zu gefährlichen Situationen“, hat Andreas Jacobson beobachtet.

Damit die Straßen, Wege und Bürgersteige nicht noch mehr zugeparkt werden, geht es den Stadtteilvertretern in der Pliensauvorstadt darum, den Individualverkehr zu reduzieren und die Bewohner zu motivieren, zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. „Mit dem Bus kommt man von hier aus überall gut hin“, sagt Matthias Hendel. Da die Linien 102 und 103 durch den Stadtteil fahren „und auch noch direkt vor dem Netto halten, können wir über die Busanbindung nicht klagen“, fügt Yvonne Tröger hinzu. Dass aber die Haltestelle in der Karl-Pfaff-Straße noch immer ein Provisorium und, trotz Versprechungen von Seiten der Stadt, nicht barrierefrei umgebaut worden ist, ärgert sie und die anderen Mitglieder des Bürgerausschusses. Die Haltestelle an den Grünen Höfen ist zwar barrierefrei. Dafür gibt es dort aber weder ein Bänkle, noch ein Wartehäuschen, „obwohl doch genügend Platz vorhanden ist“, meint Matthias Hendel. Nachholbedarf sehen sie Stadtteilvertreter bei der Anbindung des Danfoss-Areals an den ÖPNV. Angesichts der Blechlawinen, die sich zu den Hauptverkehrszeiten über die Stuttgarter Straße wälzen, „kann man das Industriegebiet beim ÖPNV nicht einfach außen vor lassen“, unterstreicht Yvonne Tröger.