Rainer Reichhold (von links), Heinz Eininger, Thomas Hoefling und Gerd Schneider trafen sich mit Vertretern des Handwerks und der Kommunalpolitik. Foto: Andreas Kaier - Andreas Kaier

Die Esslinger Kommunalpolitik soll sich für die Belange des Gewerbes einsetzen. Um das zu ermöglichen, will die Handwerkskammer eine "Bürgersprechstunde für Betriebe"etablieren.

EsslingenWo der Schuh drückt, das wollte die Handwerkskammer (HWK) Region Stuttgart am Mittwochabend von Vertretern des Handwerks wissen. Daher hatte sie zu einem Austausch beim Kommunalpolitischen Abend eingeladen. Die Idee ist, eine Art „Bürgersprechstunde für Betriebe“ zu etablieren, wie es Karl Boßler, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Esslingen-Nürtingen, ausdrückte. Dabei stellten sich Rainer Reichhold (Präsident der HWK Region Stuttgart), Thomas Hoefling (Hauptgeschäftsführer der HWK Region Stuttgart) und der Esslinger Landrat Heinz Eininger den Meinungen und der Kritik der rund 50 Teilnehmer. Wenn der Testlauf Erfolg hat, will die HWK damit „auf Tour“ gehen. „Wir sind in sechs Landkreisen rund um Stuttgart tätig und starten mit dem Konzept hier in Esslingen“, sagte HWK-Pressesprecher Gerd Kistenfeger.

Tatsächlich, so verriet Kistenfeger am Donnerstag, habe man die Veranstaltung als erfolgreich empfunden. „Es wurden viele bundespolitische Themen diskutiert, aber auch ein paar lokalpolitische Themen. Ich finde, es war recht ausgewogen.“ Eingeladen waren Vertreter des Handwerks, der Wirtschaftsförderung und der Lokalpolitik. „Wir haben alle Bürgermeister des Landkreises Esslingen eingeladen, erschienen sind leider nur sehr wenige“, bemerkte Kistenfeger. Auch der Esslinger Gemeinderat war mit einigen Köpfen vertreten. Brigitte Häfele (FDP) hob beispielsweise hervor, wie wichtig sie das Thema Handwerk findet: „Auch als Privatperson merkt man es immer öfter, dass man für Arbeiten rund ums Haus keinen Handwerker mehr findet“, sagte die Ratsfrau. „Wir müssen der Jugend das Handwerk wieder schmackhaft machen und zeigen, dass es eine sinnhafte Beschäftigung ist.“ Durch den Abend führte als Moderator EZ-Chefredakteur Gerd Schneider. Er sorgte dafür, dass die Redebeiträge – zumindest überwiegend – nicht zu ausschweifend wurden.

Reichhold hatte gleich zu Beginn in seiner Begrüßung einige Themenkomplexe angeschnitten. So die Schwarzarbeit, wie sie derzeit besonders bei sogenannten Barber Shops im Visier der Behörden ist. „Die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist aktive Wirtschaftsförderung“, so Reichhold. Auch Mobilität sah Reichhold als wichtiges Thema. So sei das Handwerk auf eigene Fuhrparks angewiesen. „Das Auto dient als mobile Werkstatt, als rollendes Ersatzteillager und nicht selten auch als Pausenraum“, sagte er. Es könne nicht angehen, „dass man uns drei bis vier Jahre alte Fahrzeuge aus dem Verkehr zieht.“

Auch Eininger betonte die Wichtigkeit des Handwerks, aber auch die Rolle des Landkreises als Ausbildungspartner. Herausforderungen sieht er vor allem in der Rolle des Handwerks bei der Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzeptes.

Diese Sorge teilte Ludger Eltrop, der für die Fraktion der Grünen im Regionalparlament sitzt. „Bei der Umsteuerung in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit ist das Handwerk ein extrem wichtiger Akteur“, sagte er. Die Handwerker müssten bei Kundengesprächen beispielsweise über klimafreundliche Alternativen zu Gasöfen Bescheid wissen. „Da gibt es noch viel zu tun.“

Die Kritikpunkte, die die Vertreter des Handwerks vorbrachten, waren aus dem täglichen Leben gegriffen. So bemängelte Harald Fischer, Steinmetz und Bildhauermeister, dass er „mit einem Bein im Gefängnis“ stehe, wenn er nicht jeden Schritt seiner Arbeit dokumentiere. „Dieser Misstrauensvorschuss macht etwas mit mir.“ Für seinen Beitrag erntete er zustimmendes Klopfen der anderen rund 50 Teilnehmer.

Auch Jörg Zoller, der mit seinem Bruder Bäckereien betreibt, trug ein Problem vor. Seine 25 Auszubildenden hätten Schwierigkeiten, die Ausbildungsstätten zu erreichen, da der öffentliche Nahverkehr nicht auf die Geschäftszeiten einer Bäckerei eingerichtet ist. Darüber hinaus sei es bisher nicht gelungen, für die minderjährigen Lehrlinge eine Sondererlaubnis zu bekommen, sodass sie mit dem Auto kommen können.

Zu Schwarzarbeit und Barber Shops äußerte sich Peter Gress, Inhaber eines Friseursalons in Esslingen. Er kritisierte die mangelnde Kooperation zwischen Kommunen und Handwerkskammer. „Die Gewerbeämter geben das Go und die Handwerkskammer kann nichts unternehmen, weil sie nichts davon weiß“, sagte er. „Das größte Problem wäre gelöst, wenn diese Läden gar nicht erst aufmachen würden.“

Ob und wann die Veranstaltung in anderen Landkreisen stattfindet, soll eine umfassende „Manöverkritik“ zeigen, so der Pressesprecher.