Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht, der Preisgerichts-Vorsitzende Professor Jörg Aldinger, OB Jürgen Zieger und Kulturbürgermeister Yalcin Bayraktar (von links) sind überzeugt vom Konzept der neuen Stadtbibliothek. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Nach zwölfstündiger Beratung wurde heute der Entwurf des Büros AGN Niederberghaus zum Sieger gekürt, „da sich der Neubau im Bereich der heutigen Nanzhalle wie selbstverständlich in das Umfeld der Altstadt einfügt“.

EsslingenMonatelang hatten Architekturbüros aus dem In- und Ausland Entwürfe für die Modernisierung und Erweiterung der Esslinger Stadtbücherei im Bebenhäuser Pfleghof erarbeitet – nun ist die Katze aus dem Sack. Nach zwölfstündiger Beratung wurde der Entwurf des Düsseldorfer Büros AGN Niederberghaus zum Sieger gekürt, da sich der Neubau im Bereich der heutigen Nanzhalle wie selbstverständlich in das Umfeld der Altstadt einfüge und da das Konzept sowohl die geforderten Flächen als auch die nötige Funktionalität und Flexibilität verspreche. Dass sich das Preisgericht einstimmig für diesen Entwurf entschieden hat, gilt als Zeichen für die Qualität des Konzepts, das „eine überraschend einfache Lösung für die komplexe Aufgabenstellung“ biete. OB Jürgen Zieger: „Das ist eine Lösung, die allen Anforderungen gerecht wird.“ Auf der Grundlage des Ideenwettbewerbs will die Stadt nun die nächsten Schritte auf dem Weg zur neuen Bücherei, die rund 20 Millionen Euro kosten wird, angehen.

25 Architekturbüros aus Deutschland, Spanien und Norwegen hatten sich nach einer europaweiten Ausschreibung mit der Planung der künftigen Stadtbücherei beschäftigt – als das Preisgericht unter der Leitung von Professor Jörg Aldinger nun zusammentrat, lagen 21 Entwürfe auf dem Tisch. Und bei aller Unterschiedlichkeit bescheinigte der OB allen hohe Qualität: „Die Architekten haben mit viel Sachverstand, Ideenreichtum und Sensibilität für die notwendige Symbiose zwischen Tradition und Moderne im Bereich zwischen Webergasse und Heugasse auf die komplexe Aufgabenstellung reagiert.“ Manche der Planer zeigten sich wagemutig – bis hin zum siebenstöckigen Bücherturm, der nach den Vorstellungen eines Büros aus der Altstadt herausragen sollte, um die Bedeutung der Stadtbücherei zu signalisieren. „Wir haben lange diskutiert und uns mit Blick auf die sensible städtebauliche Situation für eine gute Integration der neuen Bücherei in das Stadtgefüge entschieden“, verrät Aldinger. Die Aufgabe war in der Ausschreibung klar formuliert: Einerseits galt es, der „wunderbaren und wertvollen Altstadt“ gerecht zu werden und eine Planung zu suchen, die sich „einfügt, ohne anpassend zu wirken“ (Aldinger). Andererseits müsse der modernisierte Pfleghof so zukunftsfähig sein, dass er künftigen Anforderungen gerecht werde und die Besucher anspreche: „Die Architektur muss einen Beitrag dazu leisten, die Menschen für Medien zu gewinnen.“

Den zweiten und dritten Rang erreichten das Büro Wulf Architekten aus Stuttgart und Bogevischs Buero aus München. Dass der erste Preisträger eine sehr gute Grundlage für die weitere Büchereiplanung bietet, ist für Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht klar: „Die Entwurfsarbeit ist mit den Anforderungen des Denkmalschutzes kompatibel und bestens geeignet, um über den Umbau und die Erweiterung am Standort der Stadtbücherei zwischen Webergasse und Heugasse eine attraktive Stadtbücherei des 21. Jahrhunderts zu realisieren.“ Nun gelte es, „mit breitem Rückenwind“ die Planung zu konkretisieren. Zunächst wird mit dem Gewinner-Büro über die weitere Zusammenarbeit verhandelt – der Gemeinderat muss den ersten Preisträger dann beauftragen.

„Entwurf bietet großes Potenzial“

Der Entwurf des Büros AGN Niederberghaus, das auch in Ludwigsburg vertreten ist, hat die Preisrichter in vielerlei Hinsicht überzeugt: „Zwei klar ausformulierte Baukörper, die sich traufständig entlang der Webergasse entwickeln, nehmen den gestiegenen Flächenbedarf der neuen Stadtbücherei auf. Der Innenhof bleibt frei von Bebauung und dadurch in seiner Qualität als nutzbarer Freiraum für im Erdgeschoss angeordnete Nutzungen von großer Bedeutung. Innenräumlich besticht der Entwurf durch seine baulichen und visuellen Verbindungen vom Untergeschoss über das Erdgeschoss bis in das erste Obergeschoss. Lufträume und eine im Alltag gut nutzbare Sitzstufenanlage garantieren nicht nur Tageslicht in allen Zonen, sondern sichern auch eine der Nutzung als öffentlicher ‚Dritter Ort‘ angemessene Lebendigkeit.“ Zudem gehe der Entwurf mit der historischen Bausubstanz behutsam um und beziehe mögliche Grabungsfunde im Untergeschoss ein: Dort könnte mit Blick auf die Historie eine „Lese-Kapelle“ entstehen. Und für die Veranstaltungsarbeit der Bücherei soll es drei Veranstaltungsräume unterschiedlicher Größe geben, die auch unabhängig vom laufenden Büchereibetrieb nutzbar sind – der größte hat 180 Plätze.

Dass sich das durchaus heterogen besetzte Preisgericht am Ende einstimmig für den Wettbewerbssieger entschieden hat, ist für OB Jürgen Zieger das beste Zeichen dafür, dass im Pfleghof eine zukunftsweisende Bücherei entstehen kann, die die mindestens erforderlichen 3600 Quadratmeter Nutzfläche bietet und allen Anforderungen gerecht wird: „Nach den Ergebnissen des Wettbewerbs ist ein großer Teil meiner ursprünglichen Skepsis gewichen. Ich hatte anfangs Bedenken, was die räumlichen Möglichkeiten des Pfleghofs zulassen, habe aber gesehen, dass alle Anforderungen an die neue Bücherei weitestgehend erfüllt sind.“ Kulturbürgermeister Yalcin Bayraktar geht sogar noch weiter: „Der Entwurf bietet ein sehr großes Potenzial, dass die neue Bücherei mehr noch als bisher zu einem Lieblingsort der Esslinger werden wird.“

Bis 30. Januar sind alle Entwürfe täglich von 10 bis 16 Uhr in der Schickhardthalle des Alten Rathauses zu sehen.