Noch ist die auffallende Holzkonstruktion des Wohngebäudes der Lebenshilfe hinter einem Gerüst versteckt. Fotos: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Sabine Försterling

Der Elternverein Lebenshilfe geht innovative Wege. In der Pliensauvorstadt entsteht derzeit ein vierstöckiges Wohngebäude aus massiver Holzbauweise, das ab Herbst nächsten Jahrs nicht nur 24 Behinderten in Appartements oder Wohngemeinschaften ein neues Zuhauses bietet. Fünf weitere Wohnungen werden auf dem freien Markt vermietet, um Begegnungen möglich zu machen.

„Wir wollen ein zukunftweisendes Haus bauen, in dem sich die Menschen wohl fühlen“, meinte das Vorstandsmitglied der Lebenshilfe, Friedrich Beutel, bei einem Pressegespräch. Und daher hatte sich der Elternverein, der nun seinen zweiten Neubau in Esslingen stemmt, einerseits für einen teureren massiven viergeschossigen Holzbau aus Fichte entschieden. Bei Holz handele es sich um einen nachwachsenden Rohstoff, sei daher CO2-neutral und sorge außerdem für eine warme, anheimelnde Atmosphäre, fügte Architekt Jens Könekamp an. Wer jedoch mit Holz baut, muss auch besondere Herausforderungen meistern. Denn auf die Logistik komme es an. Jede Holzwand mit Aussparungen unter anderem für die Steckdosen wird nämlich zunächst in Österreich gefertigt. Auf der Baustelle in der Pliensauvorstadt muss dann alles passen. Bis vor drei Monaten waren an der Stuttgarter Straße das Fundament mit Untergeschoss und der Treppenhausturm, beide wegen des Brandschutzes aus Stahlbeton, zu sehen. Nun steht bereits die geschlossene Gebäudehülle und der Innenausbau ist im vollen Gang. “

Nachbarschaft zu grünen Höfen

Ein so hoher Holzbau sei bisher einmalig im Landkreis Esslingen, sagte Könekamp. Innovativ sei auch andererseits das Konzept der gelebten Inklusion und der differenzierten Wohnformen, betonte die Geschäftsführerin des Vereins, Elke Willi. Neben zwölf Wohneinheiten für Menschen mit geistigen oder auch zusätzlichen körperlichen Behinderungen werden auch fünf Appartements mit einem oder zwei Zimmern auf dem freien Markt vermietet. Ein lichtdurchfluteter Raum im Eingangsbereich mit Zugang zum Garten im Hof soll für Begegnungen sorgen. Daran schließt sich im Erdgeschoss ein weiterer Raum an, der der Nachbarschaft in den „Grünen Höfen“ in der Pliensauvorstadt offen steht.

„Menschenwohl an oberster Stelle“

Apropos. Dort baut auch gerade die Wohnungsbaugenossenschaft Flüwo und man teilt sich die Tiefgarage. Je nach Betreuungsbedarf wohnen die Behinderten in Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohneinheiten oder zu Viert in einer Wohngemeinschaft. Vier bis fünf Betreuer stehen zur Verfügung. „Werktags arbeiten die Behinderten hauptsächlich in den Werkstätten“, weist Willi hin. Und es gebe bereits viele Interessenten für das Projekt. Der Großteil der 20- bis 40-Jährigen würde noch bei den Eltern wohnen. „Das Wohl der Menschen ist für uns das oberste Gebot“, meinte Beutel angesichts der 5,4 Millionen Euro teuren Investition. Es sind zwar Zuschüsse geflossen - der größte Batzen mit über einer Million vom Kommunalverband Jugend und Soziales Baden-Württemberg - und durch die Vermietung kommen auch Gelder in die Kassen des Elternvereins. Rund eine Million muss jedoch aus Eigenmitteln gestemmt werden.