Foto: Die Besucher der EZ-Sommerredakt - Die Besucher der EZ-Sommerredaktion haben sich auf dem Marktplatz rege ausgetauscht.

Bei der EZ-Sommerredaktion am Dienstag auf dem Esslinger Marktplatz haben viele Gäste Verständnis für die Notwendigkeit der Sanierung der Geiselbachstraße geäußert. Doch die Vollsperrung der Straße sehen sie mit großer Sorge.

EsslingenDie Sache an sich leuchtet vielen Bürgerinnen und Bürgern, die gestern zur EZ-Sommerredaktion auf dem Marktplatz gekommen sind, ein: Die Geiselbachstraße und der darunter liegende Kanal müssen umfassend saniert werden. Doch dass dafür 15 Monate lang die Hauptverkehrsader in die nördlichen Stadtteile gesperrt werden soll, erfüllt viele mit Sorge. Anwohner befürchten, das Auto gar nicht mehr nutzen zu können, ewig zur nächsten Bushaltestelle laufen zu müssen und nur unter größten Umständen in die Stadt zu kommen. Auch für den Radverkehr gebe es keine Lösung. Darüber hinaus vermissen viele detailliertere Informationen aus dem Rathaus.

Dorothea Scheven (80 Jahre) aus Esslingen: Schon die jetzigen Umleitungen und Sperrungen durch die vielen Baustellen in der Stadt bereiten Dorothea Scheven Probleme. Von der Sulzgrieser Steige aus muss sie zu Fuß nach Krummenacker, um dort den Bus zu erreichen, und sie fragt sich, wie sich die Situation entwickelt, wenn die Geiselbachstraße komplett gesperrt wird. Sie verfügt über zwei Parkplätze und hat der Stadt schon angeboten, diese als Haltestelle für einen Kleinbus zur Verfügung zu stellen, der während der Sperrungen vor allem für ältere Menschen eine Hilfe wäre. „Aber ich habe keine Antwort erhalten“, wundert sie sich.

Udo Klinner (78) aus Esslingen hält die Sanierung und damit die Sperrung der Geiselbachstraße für unumgänglich: „Das ist nun mal eine gegebene Tatsache, da kann man nicht viel machen.“

Wolfgang Schlotterbeck (78) aus Esslingen: Seit zwölf Jahren gehört Schlotterbeck dem Bürgerausschuss Stadtmitte an und seine Sorge gilt der oberen Mülbergerstraße. Zwar führt die jetzige offizielle Umleitung von der Innenstadt her über die Wieland- und weiter über die Rotenacker- und Kirchackerstraße nach RSKN, aber schon heute würden viele Autofahrer über die obere Mülbergerstraße fahren. „Das könnte nach der Vollsperrung der Geiselbachstraße noch deutlich schlimmer werden“, befürchtet Schlotterbeck, der eine Ausweitung der momentanen Tempo-30-Zone fordert. Diese betrifft derzeit den Abschnitt vom Hölderlinweg bis zur Lenzhalde und sollte aus seiner Sicht vom Lenaudenkmal bis zum Kreisverkehr an der Bärenapotheke in Hohenkreuz reichen. Zudem kritisiert er „die Disziplinlosigkeit der Autofahrer“, die sich auch in der vorhandenen Tempo-30-Zone nicht an die vorgegebene Geschwindigkeit halten würden.

Ursula (74) und Günter (79) Kuhnert aus Esslingen haben jetzt schon Probleme, von Wiflingshausen aus in die Innenstadt zu gelangen. Und sie bezweifeln, dass es mit einer anderthalbjährigen Sperrung der Geiselbachstraße getan ist. Doch am Ende ist ihnen das Unausweichliche klar: „Nur schimpfen nützt nichts.“

Gudrun Schmiedel (68) aus Esslingen: Dass auf die obere Mülbergerstraße schon jetzt und erst recht nach der Vollsperrung der Geiselbachstraße mehr Verkehr zukommt, ist für Gudrun Schmiedel kaum zu vermeiden und sie akzeptiert dies auch. Lärm, Erschütterungen und Emissionen lassen sich ihrer Meinung nach aber durch eine durchgängige Tempo-30-Regelung zumindest vermindern. Autos und Lastwagen seien zum Teil vor allem bergaufwärts viel zu schnell unterwegs, „und die Löcher im Belag im oberen Bereich der Straße sorgen für kleine Erdbeben“.

Armin Wager (51) aus Esslingen hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Stadtverwaltung eine mögliche Streckenalternative von RSKN in die Innenstadt und zurück durch die Weinberge nicht weiter verfolgt. Diese Strecke würde von der Kelter auf der Neckarhalde bis zu den Weingärtnern in Mettingen und dann weiter in Richtung Innenstadt oder B 10 führen. Armin Wagers Vorschlag: Morgens von 6 bis 9 Uhr während der Hauptverkehrszeit die Strecke bergab freigeben und abends während der Stoßzeit von 16 bis 18 Uhr bergauf. Die restliche Zeit könnte diese Verbindung für den allgemeinen Verkehr gesperrt werden. Das von der Stadt geäußerte Argument, diese Strecke sei zu gefährlich, lässt Wager nicht gelten. „Jeder Alpenpass ist gefährlicher“, meint er und empfiehlt, sich in der näheren Umgebung einmal den Speidelweg anzusehen, der Stuttgart-Rohracker und den Frauenkopf durch die Weinberge miteinander verbindet: „Der Weg ist viel enger und sogar beidseitig zu befahren.“

Susanne Magg (55) aus Esslingen: Auch sie stellt fest, dass die obere Mülbergerstraße schon jetzt deutlich mehr Verkehr verkraften muss und denkt mit großer Sorge an die Situation im nächsten Jahr, wenn die Geiselbachstraße komplett dicht ist. Zwar sei die Mülbergerstraße im oberen Bereich für Lastwagen gesperrt, doch darum kümmere sich niemand, hat Susanne Magg beobachtet. Und der Verkehr habe jetzt schon so stark zugenommen, dass man kaum noch aus seiner Einfahrt komme. Sie fordert durchgehend Tempo 30 und die entsprechenden Kontrollen. Überdies müsse der Verkehr besser verteilt werden, etwa indem man die Hölderlinstraße auch für den Durchgangsverkehr öffne, findet Susanne Magg.

Manfred Schlienz (81) aus Esslingen findet, dass der Fokus bei der Diskussion um die Sperrung der Geiselbachstraße viel zu sehr auf Sulzgries liegt. „Wie wohnen in der Krummenackerstraße und wir haben viel größere Probleme. Wenn ich mit meiner Frau mit dem Auto in die Stadt runter fahre, sind das fünf Kilometer Umweg.“ Schließlich müssten sie zunächst den Berg hoch bis Sulzgries und dann die Umleitung hinunter fahren. Mit dem Bus sei es noch schlimmer, weil die nächste Haltestelle während der Straßensperrung rund einen Kilometer entfernt sei. Das sei für Leute, die schlecht zu Fuß sind, kaum zu bewältigen. Manfred Schlienz hat auch eine Idee für einen besseren Ablauf der Baustelle. „Ich wäre dafür, dass auf der Baustelle Tag und Nacht geschafft wird, damit man schneller fertig wird.“

Siegrid Stehlik (67) aus Esslingen ärgert sich vor allem darüber, dass ihr Bus oben in Sulzgries eine halbe Stunde Pause macht, bevor er hinunter in die Stadt fährt. „Ich fahre deshalb gerade mit dem Auto, da hat man ja gar keine Lust, Bus zu fahren. Warum pausiert der Bus nicht am Bahnhof?“ Noch besser wäre aus ihrer Sicht aber eine direkte Verbindung in die Stadt, also etwa ein Kleinbus, der zwischen Sulzgries und dem Baustellenende pendelt – so dass nur noch ein kurzer Fußweg in die Stadt bleibt.

Hans Rieger (75)aus Esslingen sieht ein, dass die Baustelle notwendig ist. Aber er kritisiert mangelnde Informationen von der Stadt: „Man kriegt keine vernünftige Antwort aus dem Rathaus.“

Uwe Sterr (52) aus Esslingen fühlt sich schlecht informiert und kritisiert die Planung der Stadt. „Ich wohne in der Krummenackerstraße und bin gerade hergelaufen, aber selbst das ist schwierig. Jetzt, wo man die Unterführungen unter der Augustinerstraße braucht, werden sie saniert. Dabei sind die doch schon ewig marode, das hätte man längst machen können.“ Er habe sein Auto verkauft, weil er davon ausgeht, es in den nächsten zwei Jahren ohnehin nicht nutzen zu können. „Jetzt wollte ich das Stadtmobil nutzen, aber ich komme gar nicht hin.“ Die Baustelle an sich sei kein Problem für ihn – im Gegenteil: Ohne den Verkehr sei es schön ruhig bei ihm zu Hause. Aber er findet, dass man das Projekt besser organisieren könnte. Uwe Sterr vermisst zudem Alternativvorschläge: „Mir fehlt, dass man sagt, was alles technisch möglich wäre, und wie teuer das wäre. Dann könnten die Bürger entscheiden, ob ihnen das so viel Geld wert ist.“

Frank Jahn (45) aus Esslingen geht davon aus, dass die Stadt die Baustelle gut geplant hat. Die Behinderungen dadurch gehören seiner Ansicht nach zum Lebensrisiko. Er frage sich allerdings, was für eine Rolle der Denkmalschutz bei der Sanierung des Kanals spielen soll.

Helmut Bensch (64) aus Esslingen blickt mit Sorge auf das kommende Jahr, wenn die Geiselbachstraße voll gesperrt wird. Er wohnt in der Mittleren Beutau und spürt schon jetzt die Auswirkungen der halbseitigen Sperrung der Straße. „Viele fahren falsch herum durch unsere Einbahnstraße, um die Umleitung zu umgehen“, kritisiert er. Darüber hinaus verschärfe sich durch die Baustellen die Parkplatz-Situation in der Innenstadt. „Ich frage mich auch, wie ich überhaupt noch mit dem Auto in die Mittlere Beutau komme. Muss ich dann irgendwo weit weg parken und ein Taxi nehmen?“ Abhilfe würde aus Sicht von Helmut Bensch eine Freigabe der Parkplätze an der Stadtkirche für Anwohner schaffen. „Von dort aus könnten wir nach Hause laufen.“

Ute Kögler (56) aus Esslingen ist wegen der Baustelle in der Geiselbachstraße vom Auto aufs Fahrrad umgestiegen. Sie wohnt in Serach und will nicht täglich eine halbe Stunde im Stau stehen. Ganz glücklich ist sie jetzt aber auch nicht: „Radfahrer hat man in dieser Sache bisher gar nicht berücksichtigt.“ Es sei völlig unklar, wo die Radler entlang fahren sollen. „Wenn man will, dass die Leute aufs Rad umsteigen, muss man doch etwas anbieten“, findet Kögler. Aber selbst bei den Unterführungen der Augustinerstraße habe man nicht an Radler gedacht: Hier gebe es während der Sanierung lediglich Umleitungen für Fußgänger – Radfahrer müssten schieben.

Ernst Meyer (62) aus Esslingen nimmt möglichst oft den Bus von Rüdern in die Stadt runter. „Aber dass hier nur zwei Mal die Stunde ein Bus fährt, ist viel zu wenig“, findet er. Er ist aber auch der Meinung, dass jeder mithelfen muss, um aus der Situation das Beste zu machen. Die Sanierung müsse nun mal sein. „Aber wenn jeder mal einen Kompromiss eingehen kann und nicht immer nur auf sein Recht pocht, dann kann man das alles mit gesundem Menschenverstand lösen.“ Von der Stadt erwartet er allerdings, dass die Bürger rechtzeitig informiert werden.