Vom 6. bis 12. August findet auf dem Marktplatz der "Esslinger Sommer" statt

 Foto: Bulgrin/Hauenschild

Stammtisch der Eßlinger Zeitung auf dem Esslinger Sommerfest. Leser diskutieren sehr emotional über die Identität der Stadt Esslingen und die Frage, wohin sie steuert.

EsslingenHigh Noon – zwölf Uhr Mittag auf dem Marktplatz: Zeit für den Stammtisch der Eßlinger Zeitung auf dem „Esslinger Sommer“, dem Sommerfest der Stadt. Es dauerte nicht mal Minuten, und alle sind mit vollem Engagement drin im Thema: Wer oder was bist du, Esslingen, und was willst du sein?

Eine Frage der Identität also, und es verwundert wenig, dass der Begriff Heimat ziemlich oft fällt. Danny Wasel formuliert es etwas vorsichtiger: „Als Weltenbummlerin sage ich: Esslingen hat das Potenzial zur Heimat. Das Potenzial, sich wohl und geborgen zu fühlen.“ Eine Weile wird von den Stammtischteilnehmern die Schönheit der Stadt beschworen, wobei die Namen, die in diesem Zusammenhang fallen, fast ausschließlich mit der Altstadt – also dem Kern der Stadt – zu tun haben und sehr viel weniger mit den äußeren Stadtteilen. Den Orten also, wo die meisten Menschen leben. In diesem, auf das Zentrum begrenzten Sinne bringt Jürgen Stolle „sein Esslingen“ auf den Punkt: „Die Stadt hat Flair. Es müsste nur noch ein wenig mehr gepflegt werden.“ Ob er damit das Image meint oder den Müll, der nicht im Mülleimer landet – was ihn sehr stört – wird nicht ganz klar, weil schon der nächste Teilnehmer das Wort ergreift.

Die Diskussion läuft ununterbrochen, ohne Pause, manchmal vielstimmig. Weitere Begriffe fallen. „Tourismusstadt“ – mit dem Zusatz „aber nicht nur“. Oder „mittelalterliche Stadt am Fluss“ – mit dem Einwurf „aber nicht nur“. Ein sowohl als auch wabert über den Tisch, bis Klaus Hummel einwirft, Esslingen sei eine „lebendige Stadt, die ihre Identität noch sucht“.

Wie ein kleines Wölkchen am klaren Himmel zieht ein Fragezeichen über den kleinen Debattierkreis, aber nur für wenige Sekunden. Es verschwindet im Nichts und munter geht es weiter: „Der Mensch macht Esslingen aus“, ruft Mareile Weinke in die Runde. „Deswegen ist Esslingen was besonderes.“

Zwischenfrage: „Weil die Menschen was besonderes sind?“

Allgemeine Zustimmung. Wäre der Stammtisch, der am Sonntag am Stand des Roten Hirsches zusammenkommt, repräsentativ für die Stadt, wäre das Ergebnis deutlich. Esslingen, egal was es ist und was es je sein wird, ist vor allem eins: Sich seiner selbst bewusst und vielleicht sogar noch etwas mehr. Es ist stolz auf sich selbst. Die Liebe zur Stadt steht nicht zur Diskussion.

Klaus Hummel, der das Fragezeichen über den Tisch blies, ist so was wie der Profi unter den Diskussionsteilnehmern. Engagiert für die Stadt ist er schon sehr lange, als früheres Mitglied des Gemeinderats ist er es außerdem gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen. Er mischt sich erneut ein und merkt kritisch an: „Mir ist das ein wenig zu viel Idylle.“ Damit meint er nicht die Stadt, sondern wie am Tisch über die Stadt gesprochen wird. Als Politprofi ist er mehr Dissens gewohnt – den er schon bald bekommen wird. Das Thema verlagert sich nämlich auf die Frage, ob es nicht besser für die Stadt sei, die Autos aus ihrem Kern zu verbannen. Und plötzlich lodert es an dem Tisch, an dem es doch so schön gemütlich war. Immerhin lodert es nur in Maßen, auf eine bodenständige Art, wenn man so will: Es wird lauter, es wird strittiger, aber zwischendurch stoßen die Kontrahenten miteinander an, vergewissern sich, dass man sich doch in einer wunderbaren Diskussion befände und wie wichtig es sei, tolerant zu sein.

Es ist Danny Wasel, die den Pepp in die Runde bringt, als sie einwirft, es dürften auf keinen Fall weitere Parkplätze aus der Stadt verschwinden. Mit dieser Meinung steht sie vermutlich nicht alleine in der Stadt, aber am Stammtisch waren die Kräfteverhältnisse klar verteilt. Walter Weinke, Solveig Hummel und die anderen widersprechen heftig („Ja, Himmeldonnerwetter, es gibt doch genug Parkhäuser, da muss ich nicht in die Innenstadt reinfahren; da muss ich eben mal zehn Meter laufen!“). Dabei fällt auch der Vorschlag, die Innenstadt autofrei zu machen. Danny Wasel pariert den Vorschlag mit der Bitte, er, der Vorschlagende, möge dann künftig ihre Kinder, die dazugehörigen Kinderwagen und den Einkauf zu ihr nach Hause schleppen – mit dem Bus sei das nämlich nicht möglich. Der Geräuschpegel steigt eine Weile, aber der Drang nach einer Übereinkunft obsiegt am Ende – an diesem Tag will niemand mit schlechten Gefühlen nach Hause gehen.

Danny Wasel erläutert ihren Einwurf; es gehe ihr doch nicht darum, mehr Autos in die Innenstadt zu lenken, auch nicht darum, dass jeder überall parken dürfe. Sie plädiere lediglich dafür, dass die jetzigen Parkplätze und Parkhäuser erhalten bleiben (wobei die großen Parkhäuser ohnehin allesamt außerhalb der Innenstadt beziehungsweise an deren Rande liegen). Auf der Suche nach Eintracht findet sich schließlich ein Objekt, über das sich alle einig sind: Auf dem Marktplatz ist es erlaubt, zu parken. Die EZ-Stammtischrunde entscheidet sich einstimmig dafür, dass dies künftig nicht mehr zuzulassen sei. Was ja funktionieren müsse, denn schon jetzt gibt es ein Parkverbot immer dann, wenn etwas los ist, also eine Veranstaltung wie der „Esslinger Sommer“ oder das „Bürgerfest“ stattfindet.

Manchmal ist es eben leichter, sich über die Negation zu finden. Das gilt auch für die Frage nach der Identität. „Als Esslingen schon Freie Reichsstadt war, war Stuttgart noch ein Stutengarten.“

Der Tisch lacht.

„Esslingen darf sich nicht mit Stuttgart vergleichen. Esslingen ist anders.“

Einhellige Zustimmung.

Und dann gibt es noch ein Gebäude, von dem sich der gesamte Stammtisch gleichfalls deutlich distanziert: Die Türme des Kraftwerks in Altbach.

Frage: „Gehört es nicht auch irgendwie zu Esslingen? Wo man es doch schon von Weitem sieht?“

Antwort: „Wenn wir die Türme sehen, wissen wir, wo die Stadtgrenze ist.“

Wer möchte beim Stammtisch am Dienstag dabei sein? Um 12 Uhr ist die EZ bei „Rauschenberger Eventcatering“ zu Gast. Noch sind einige Plätze frei, für Speis und Trank ist gesorgt. Rufen Sie uns am heutigen Montag zwischen 10 und 12 Uhr unter folgender Telefonnummer an: 0711/9310 123.