EZ-Chefredakteur Gerd Schneider. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Mit Liveblog und Video: Sechs Tage vor dem Bürgerentscheid hat die EZ alle Esslinger zur Diskussion über den künftigen Bücherei-Standort eingeladen.

Esslingen (red)Würde man ein erstes Live-Votum per Smartphone im nahezu voll besetzten Gemeindehaus am Blarerplatz als Entscheidung zugrunde legen, dann wäre die Frage nach dem künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei schnell beantwortet: 65 Prozent derjenigen, die sich im Publikum an der Abstimmung beteiligt hatten, wollten die Bibliothek am bisherigen Standort im Bebenhäuser Pfleghof belassen. 15 Prozent favorisierten einen Neubau zwischen Kupfergasse und Küferstraße, 20 Prozent zeigten sich unentschlossen. Entschieden wird freilich erst am kommenden Sonntag, wenn die Stadt Esslingen ihren ersten Bürgerentscheid erlebt. Die letzten Meter auf diesem Weg hat die Eßlinger Zeitung mit einem EZ-Forum begleitet, zu dem etwa 400 Bürgerinnen und Bürger ins Gemeindehaus gekommen waren.

„Ein besonderes Ereignis“, sagte der Moderator und EZ-Chefredakteur Gerd Schneider zu Beginn des Abends. Dem wurden die Diskutanten auf dem Podium gerecht, indem sie leidenschaftlich ihre Position vertraten. Da hatte es Oberbürgermeister Jürgen Zieger nicht einfach, als er auch im Namen einer knappen Gemeinderatsmehrheit die Vorteile eines Neubaus anpries mehr Fläche als am bisherigen Standort, weniger bauliche Risiken als im denkmalgeschützten Pfleghof, mehr Flexibilität. Eine Einschätzung, die der Esslinger SPD-Stadtrat und Mitinitiator des Bürgerentscheids, Klaus Hummel, anzweifelte. „Hinterhof statt Pfleghof“ – so beschreibt er die Situation an der Küferstraße. Dort spüre man nichts vom Geist einer Bücherei. Das fand der OB dann „despektierlich und wenig sachdienlich“, während das Publikum zumindest mehrheitlich die Ansicht Hummels teilte.

Sylvia Greiffenhagen, Sozialplanerin und Vorsitzende des Fördervereins Stadtbücherei, findet beide Standorte nicht ideal und macht wie Hummel ein gewisses Chaos in der langjährigen Standortfindung mit immer neuen Vorschläge für die heutige Situation verantwortlich. Und weil dem Förderverein mit Blick auf einen Vergleich von Pfleghof und Neubau das entsprechende Zahlenmaterial von der Stadt vorenthalten worden sei, habe der Verein mit eigenen Experten versucht, eine verlässliche Grundlage für die anstehende Bürgerabstimmung zu schaffen. Dabei kommt der Verein zu den Schluss, dass es mit dem vorgeblichen Mehr an Flächen im Neubau nicht weit her ist. „Ohne Vergewaltigung des Innenhofs kriegt man die Fläche nicht zusammen“, meint Greiffenhagen und hat dabei die hinterhofähnliche Situation an der Küferstraße im Sinn.

Dass die Bibliothek in Esslingen derart stark im Gespräch ist, erscheint Kirsten Wieczorek, Leiterin der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen beim Regierungspräsidium, außergewöhnlich zu sein. Diesen Faktor gelte es bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Dem Pfleghof räumt sie dabei durchaus Chancen ein. Er habe Charme, sei aber keine einfache Lösung mit seiner kleinteiligen Struktur. Ein Neubau könne überzeugen, wenn er größere durchgehende Flächen biete. Genau diesen Vorteil sieht OB Zieger in der Neubaulösung, vor allem erkennt er an der Küferstraße mehr Chancen, den Herausforderungen einer Bücherei der Zukunft gerecht zu werden. Allerdings räumte der OB auch gestern wieder ein: „Beide Standorte gehen.“

„Nur das wirklich Bessere ist des Guten Feind“, meinte Klaus Hummel, für den sich der Flächen- und Preisunterschied im Vergleich beider Standorte „nicht wirklich rechnet“. Und wenn die Bücherei nach den Worten des OB ein Lernort und Treffpunkt sein soll, dann trifft dies aus Sicht von Sylvia Greiffenhagen auf eine Bibliothek am seitherigen Standort zu.

Liveblog

Für alle, die nicht vor Ort dabei sein konnten: Hier im aufgezeichneten Liveblog finden Sie die wichtigsten Argumente und Impressionen des Abends.