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Der Expressbus X20 zwischen Esslingen und Waiblingen kommt bei den Fahrgästen gut an. Pendler sparen Nerven. Am Wochenende bringt er Ausflügler auf den Schurwald

Esslingen Seit Dezember 2016 verkehrt der X 20 zwischen Esslingen und Waiblingen, eine der drei Relex-Linien, die vom Verband Region Stuttgart eingerichtet wurden. Im ersten Jahr war der X20 die am stärksten gefragte Linie und hat die Prognosen des VVS klar übertroffen. 635 Fahrgäste am Tag hat die letzte Zählung im Herbst 2017 ergeben, seither ist die Zahl nach Einschätzung der Fahrer weiter gestiegen. Am meisten wird die Linie zwischen Waiblingen und Stetten genutzt, den Schurwald überqueren weniger Fahrgäste. Und für die Remstäler scheint die Fahrt in die Einkaufs- und Industriestadt Esslingen interessanter zu sein als umgekehrt. In einer gemeinsamen Aktion haben die Esslinger und die Waiblinger Kreiszeitung nun erkundet, wer den X20 zwischen den beiden Städten nutzt.

Start in Waiblingen

Bei grauem Regenwetter warten etwa 20 Personen am Bahnsteig 10 des Waiblinger Bahnhofs. Es ist 7.52 Uhr, der Expressbus X 20 kommt an. Die Fahrgäste steigen ein, suchen sich einen der 41 Sitzplätze aus und packen aus. Kopfhörer werden aufgesetzt, die Blicke schweifen aus dem Fenster. Bücher werden aufgeschlagen, schon sind die Gedanken woanders. Handys werden bedient, eben noch eine Nachricht zu Ende schreiben.

Eine, die noch kurz jemandem schreiben muss, ist Anne-Christin Linde. Die 35-Jährige fährt jeden Tag von Fellbach nach Esslingen. Erst mit der S-Bahn von Fellbach nach Waiblingen, dann mit dem X20 nach Esslingen. „Mit dem Bus spare ich jeden Tag eine Stunde, weil ich nur noch einmal umsteigen muss“, erzählt die Pendlerin. Vor Einführung des Busses im Dezember 2016 pendelte sie von Fellbach nach Bad Cannstatt, von dort aus ging es nach Esslingen. Am Esslinger Busbahnhof musste sie noch einen weiteren Bus zur Arbeit nehmen. Der Komfort des Reisebusses gefällt ihr gut: „Sogar mit WLan, das hat der VVS noch nicht geschafft.“ Besonders begeistert ist sie von der Aussicht auf der Strecke.

Von Waiblingen geht es über Rommelshausen nach Stetten. Die bunt bemalten Remsies säumen die Straßen, das Remstal zeigt sich in herbstlichen Farben. Über den Schurwald geht es zum Esslinger Bahnhof, vorbei an Weinbergen und Bäumen mit gelb-braun-grünen Blättern. „Ein schöner Weg zur Arbeit ist doch ein toller Start in den Tag“, sagt Anne-Christin Linde. Noch nie hat sie erlebt, dass der X 20 Verspätung hat. Das einzige Manko: Die Tarifzonen. „Der Weg könnte auch in einer Zone liegen“, sagt sie.

"Manchmal ist das schwierig"

Doch das wird sich laut VVS bald ändern: Durch die Tarifzonenreform soll es ab dem 1. April 2019 statt 52 nur noch fünf Ringzonen geben. Auf die stündlichen, in der Hauptpendlerzeit halbstündlichen, Fahrtzeiten musste sie sich einstellen. „Das ist okay, aber gegen mehr Fahrten hätte ich nichts – dann wäre ich flexibler.“ Besonders komfortabel: „Der Bus hält quasi direkt vor meinem Büro.“ Damit ist die Hochschule Esslingen gemeint. Um 8.14 Uhr steigt sie an der vorletzten Haltestelle, Sankt Bernhardt Flandernstraße, aus. Dann geht es für sie an die Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Auch Stuart Brown arbeitet in Esslingen. Von Hegnach pendelt er ein bis zwei Mal die Woche. „Meistens ist der X 20 pünktlich“, sagt der 44-Jährige. Schon öfters hätte er jedoch Probleme mit den Buslinien 431 und 432 von Hegnach nach Waiblingen gehabt. Deshalb fährt er auch mehrmals in der Woche mit dem Auto. „Wenn der Bus Verspätung hat, verpasse ich den X 20. Lange warten will ich nicht, dann muss ich S-Bahn fahren“, erzählt er. Doch dann hat er ein falsches Ticket, denn um die S-Bahn von Bad Cannstatt nach Esslingen zu nehmen, braucht er eine weitere Zone. „Manchmal ist das schwierig“, sagt er und wendet sich wieder seinem Buch zu.

Mit dem Auto fuhr Theresa März aus Kernen-Stetten jeden Tag nach Esslingen – bis zum Einsatz des X 20. Zwar bringt ihr die Fahrt mit dem Bus keinen direkten Zeitvorteil, aber „in Esslingen stand ich im Stau und einen Parkplatz findet man schon mal gar nicht“, berichtet die 29-Jährige. Im Bus macht sie meistens nichts. „Einfach mal runterkommen“ ist ihr Motto.

Eine große Zeitersparnis

Auf der anderen Seite des Gangs sitzt Melissa Dean. Die Lehramtsstudentin verbringt ihre Zeit im X 20 lesend. Zwei bis drei Mal die Woche fährt die 22-Jährige von Stetten nach Tübingen. Um 8.02 Uhr steigt sie in den Bus ein, etwas mehr als eine Stunde ist sie dann nach Tübingen unterwegs. Ohne den X 20 müsste sie mindestens eine halbe Stunde länger einplanen. „Das ist wirklich eine große Zeitersparnis“, sagt die Studentin. Seit Ende 2016 nutzt sie den Expressbus. In dieser Zeit hat sie zwei Mal mitbekommen, dass der X 20 sich verspätete – wegen Unfällen.

Was sie sich wünscht, sind mehr Fahrten zur Mittagszeit. Die könnte es bald geben, wie der Verband Region Stuttgart auf Anfrage verspricht. Im Juli hatte der Verkehrsausschuss Neuerungen beschlossen: Zwischen 14 und 19 Uhr sollen neben der Hauptverkehrszeit am Morgen halbstündlich Busse verkehren. Konkrete Pläne soll es Ende November geben.

Um 8.21 Uhr steigen die rund 15 Fahrgästen am Esslinger Busbahnhof aus dem Expressbus aus. Nun heißt es für den Busfahrer erst einmal warten. Denn erst in rund 50 Minuten fährt er weiter. Da bleibt genug Zeit für einen Kaffee und eine Brezel, bevor es wieder über den Berg ins Remstal geht.

Relex-Linie im Test

Die Esslinger Zeitung und die Waiblinger Kreiszeitung beleuchten in einem Gemeinschaftsprojekt die Buslinie X20. Redakteurin Laura Steinke startete in Waiblingen, EZ-Redakteur Roland Kurz in Esslingen.