Deutscher, Türke, Esslinger, Schwabe? Kind dieser Erde! So definiert sich Volkan Durmaz – und stößt auf breite Zustimmung. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Maria Krell

„Wenn du mich fragst: Bist du Türke oder Deutscher? Bist du einer von uns, oder einer von denen? Dann kann ich dir keine Antwort geben. Denn diese Frage macht für mich keinen Sinn. Ich bin ein Kind dieser Erde und da zu Haus’ wo mein Herz ist.“ Die Zeilen des Deutschtürken Volkan Durmaz beschreiben das Gefühl, sich ständig in Kategorien einordnen zu müssen, immer wieder eine Antwort auf die – für ihn und andere – absonderliche Frage zu finden, ob er Deutscher oder Türke sei. Denn für Volkan Durmaz gilt: beides. Seine Erfahrungen hat er in dem Lied „Kind dieser Erde“ verarbeitet – und damit einen Nerv getroffen. Das zeigt die gewaltige Resonanz, die seinem Song in den sozialen Medien folgte: Innerhalb von vier Wochen wurde er mehr als 6 Millionen Mal angesehen, mittlerweile fast 50.000 Mal auf Facebook geteilt, etwa 3000 Mal im Internet kommentiert – unter anderem von Jürgen Todenhöfer und Til Schweiger.

Von dem enormen Erfolg wurde auch der 29-Jährige überrascht: „Ich höre und lese immer wieder: Du sprichst mir aus der Seele. Es war einfach ein spezielles Thema, das mich und meine Freunde immer wieder beschäftigt hat“, erzählt er. Tatsächlich scheinen viele Menschen diese innere Zerrissenheit und die Vorurteile zu kennen oder die Sinnlosigkeit zu empfinden, Menschen in ethnischen Kategorien zu bewerten.
Ob man Höhenflüge bekomme, wenn man quasi über Nacht zum Internet-Star werde? „Verändert hat sich für mich eigentlich nicht viel, außer dass man ein schönes inneres Gefühl bekommt, mit all der Wertschätzung für seine jahrelange harte Arbeit“, antwortet er schlicht.
Der Esslinger lächelt viel, während er spricht, seine Stimme klingt ruhig, seine Worte sind bedacht, zur Begrüßung umarmt er einen. Dass auch Durmaz, der in Esslingen geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, der hier Vereine besucht, Musik gemacht, Freundschaften geknüpft hat und sich selbst als „richtiger Esslinger Bub“ bezeichnet, immer wieder Vorurteile und Diskriminierung erlebt hat, möchte man kaum glauben. „Man erlebt als Kind mit Migrationshintergrund Dinge, die meine deutschen Freunde so nicht erlebt haben: Man wird schief angeschaut, weil man anders aussieht. Im Alltag begegnen einem viele Vorurteile. Ich höre oft 'wow, du sprichst aber gut Deutsch'“, schildert Durmaz. Trotz dieser negativen Erfahrungen und der Wut, die daraus resultiere, sei es wichtig, einen richtigen Umgang mit seinen Gefühlen zu finden, betont der Musiker. Und so klingt das Folgende fast schon wieder wie ein Liedtext: „Sobald man sich einen Rahmen umlegt wie etwa Nationalität, isoliert man sich von anderen Menschen. Man baut damit eine Grenze. So bilden sich Hass und Ängste.“
Mit einem Lied könne man vielleicht nicht den Weltfrieden herbeisingen. Doch die Reaktionen auf seines haben gezeigt: Die Menschen machen sich Gedanken, tauschen sich aus, öffnen sich. „Uns verbindet mehr als uns trennt. Deutschland ist bunt, definitiv.“
Seine Leidenschaft für Musik hat Durmaz schon im Kindergarten bei der musikalischen Früherziehung entdeckt. Mit acht Jahren begann er Klavier zu spielen, wenige Jahre später folgte die Gitarre. Mit der Esslinger Band „Zeitlos“ machte er dann bald Straßenmusik. „Nebenher“ schloss er sein BWL-Studium ab, spielte bei den Stuttgarter Kickers in der A- und B-Jugend, erruderte sich mehrere Meistertitel im Kanusport und machte Leichtathletik beim VfB Stuttgart. Etwas vergessen? Durmaz lacht, Wintersport sei nicht so sein Ding. Bei all dem war aber immer die Musik das alles Beherrschende, „es musikalisch zu schaffen“ das große Ziel. Und dem nähert er sich mit schnellen Schritten: Kommende Woche fliegt der Esslinger nach Los Angeles, um dort das Video zu seinem nächsten Lied „1000 Meilen“ zu drehen. Darin geht es um das Thema Selbstfindung, darum, dass man mitunter viele Schritte gehen muss, um bei sich anzukommen. Im Mai wird sein Album erscheinen, das sich um Hoffnung, Positivität, im-Moment-leben und Loslassen dreht, „aber auf sehr leicht verdauliche Weise“, betont Volkan Durmaz und lächelt.