Traumpalast-Betreiber Heinz Lochmann lässt sich durch Zuschauereinbußen in der Kinobranche nicht aus der Ruhe bringen und Foto: Bulgrin - Bulgrin

Bundesweit haben die Filmtheater im ersten Halbjahr 2018 bei den Zuschauerzahlen ein kräftiges Minus von 15 bis 20 Prozent verbucht. Auch die Traumpalast-Kinocenter in Esslingen und Nürtingen und das Kommunale Kino in Esslingen hatten unter dem langen und ungewöhnlich heißen Sommer, der Konkurrenz durch die Fußball-WM und ein schwächeres Filmangebot zu leiden. Trotzdem fielen die Einbußen vor Ort deutlich geringer aus als anderswo in der Republik.

EsslingenDie deutsche Kinobranche stöhnt: Das erste Halbjahr 2018 hat den Filmtheatern bundesweit ein Minus beschert. Branchenkenner kalkulieren 15 bis 20 Prozent weniger gegenüber dem Vorjahr – manche sprechen gar von einem „herben Niedergang“. In den örtlichen Kinos hält man den Ball flach: Sowohl in den Traumpalast-Kinocentern in Esslingen und Nürtingen als auch im Kommunalen Kino Esslingen hat man die Vorjahreszahlen nicht erreicht, doch von Krisenstimmung ist keine Rede, denn der Zuschauerrückgang ist erklärbar.

Heinz Lochmann betreibt neben den Traumpalästen in Esslingen und Nürtingen auch Kinocenter in Hamburg, Hannover, Berlin, Schorndorf, Biberach, Backnang, Waiblingen und Leonberg. Überall hat er in der ersten Jahreshälfte zwar ein Minus registriert, doch das kommt für den Rudersberger Unternehmer nicht überraschend: „Solche Jahre gibt es immer wieder. Wir hatten einen frühen und extrem warmen Sommer – da zieht es viele ins Freie.“ Wenn er aufs Thermometer schaut, beneidet Lochmann seine Kollegen über dem großen Teich: „Bei uns gehen im Sommer weniger Leute ins Kino – in den USA ist das umgekehrt. Je heißer es draußen ist, desto mehr Leute genießen die klimatisierten Säle. Vielleicht sollten wir verstärkt dafür werben, dass man bei uns im Hochsommer nicht schwitzt.“

Mindestens ebenso schwer wie die heißen Temperaturen wog die Konkurrenz durch König Fußball. Die großen Filmverleiher, die ihre besten Filme nur ungern mitten im Sommer ins Rennen schicken, treten während sportlicher Großereignisse wie einer Fußball-WM noch kräftiger auf die Bremse. Das ärgert Lochmann doppelt: „Erst sind die richtig guten Filme rar, und nach den Ferien kommen sie geballt auf die Leinwand und machen sich gegenseitig Konkurrenz.“ Trotzdem will Lochmann nicht klagen: „Wer ein Kino betreibt, kennt die Gesetze der Branche und muss sich darauf einstellen. Mal gehen die Zahlen hoch, dann wieder runter. Solange der Trend nicht kontinuierlich bergab geht, ist das ganz normal.“

Dass Lochmann die bisherige Jahresbilanz gelassener als viele seiner Kollegen in der Republik betrachtet, hat einen simplen Grund: „Unsere Einbußen in Esslingen und Nürtingen sind nur etwa halb so groß wie im Bundesdurchschnitt. Dass wir in der ersten Jahreshälfte sieben bis acht Prozent weniger Zuschauer hatten, ist nicht schön, aber zu verschmerzen.“ Der Rudersberger Kinobetreiber nimmt das auch als Ansporn: „Unsere Besucher haben ein feines Gespür dafür, ob man ihnen etwas bieten will und ob man als Kinobetreiber versucht, jeden Abend zum Erlebnis zu machen. Das war schon immer unser Anspruch.“ Dazu gehört für Lochmann, seine Filmtheater ständig auf dem neuesten Stand zu halten – so wie das Centro im Esslinger Traumpalast, das kürzlich für rund eine Million Euro komplett renoviert und als erster Kinosaal in der EU mit einem Cinema-LED-Screen ausgestattet wurde. Mit solchen Investitionen will Lochmann auch ein Zeichen gegen die Konkurrenz durch Internet und Streamingdienste setzen, die viele Filme schon kurz nach dem Kinostart frei Haus liefern: „Kino muss ein einmaliges Erlebnis bleiben, das einem nirgendwo sonst geboten wird. Natürlich kann man einen Film auch zuhause im Fernseher anschauen, doch das ist nicht vergleichbar mit dem Erlebnis, das man vor einer großen Leinwand mit anderen teilt. Fußball kann man auch im Fernsehen schauen, und trotzdem sind die Stadien voll. Ich will mir keine Welt vorstellen, in der jeder nur noch alleine zuhause sitzt.“

Das Kommunale Kino Esslingen hat in der ersten Jahreshälfte ähnliche Zuschauerzahlen wie im Vorjahr verzeichnet. „Eigentlich hatten wir uns etwas mehr erhofft, weil das damalige Ergebnis schon noch ausbaufähig war“, sagt Stefan Hart, der zusammen mit Sibylle Tejkl die Geschäftsstelle des Koki leitet. „2017 war’s zum Jahresanfang sehr kalt, diesmal ist es sehr früh sehr warm geworden. Das merken wir sofort an der Kinokasse.“ Zudem hat das Koki während der Fußball-WM seinen Spielplan vorsorglich ausgedünnt. „Wir konnten ja nicht ahnen, dass die deutsche Mannschaft so früh rausfliegt“, schmunzelt Hart, dem im Angebot der Filmverleiher auch ein paar Zugpferde gefehlt haben: „Das haben wir auch bei der Filmauswahl für unser Kino auf der Burg gemerkt. Normalerweise hat man gleich eine ganze Reihe sicherer Kandidaten. Diesmal ist uns die Wahl deutlich schwer gefallen.“ Doch dafür hat das strahlend schöne Wetter, das Kinovorstellungen im Saal weniger zuträglich ist, die Open-Air-Kinomacher verwöhnt: Fast 25 000 Besucher auf der Burg bedeuteten eines der drei besten Ergebnisse aller Zeiten. „Der Supersommer hat uns im Saal Zuschauer gekostet, unsere Bilanz auf der Burg jedoch kräftig aufgebessert“, resümiert Stefan Hart. „So hat alles sein Für und Wider.“

Höhen und Tiefen in den Kinobilanzen

Von Anfang Januar bis Ende Juni wurden in Deutschland 51 Millionen Kinotickets verkauft – 9,2 Millionen weniger als zur selben Zeit im Vorjahr. Der Gesamtumsatz ging um 15,3 Prozent auf 439,1 Millionen Euro zurück. Positiv hat sich der deutsche Film entwickelt: Mit 11,3 Millionen verkauften Tickets lockten deutsche Produktionen mehr Besucher in die Kinos – ihr Marktanteil steigerte sich von 18,2 auf 22,4 Prozent. Zugleich lag die Zahl der Kinosäle bundesweit mit 4812 Leinwänden auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren. Peter Dinges, Vorstand der Deutschen Filmförderungsanstalt (FFA), erklärt: „Das Kinogeschäft lebt von der Attraktivität des Filmangebots, dem bislang die ganz großen Erfolge gefehlt haben. Hinzu kommen ein Jahrhundertsommer und eine Fußball-WM, in der sich die Verleiher ohnedies mit großen Filmstarts zurückhalten. Angesichts starker Filmstarts in der zweiten Jahreshälfte bin ich optimistisch, dass wir noch einen spürbaren Anstieg der Besucherzahlen erwarten dürfen.“