Buchhändler Bert Heim hofft auf die Rettung des Großhändlers KNV. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die Insolvenz des Buchgroßhändlers KNV treibt die Esslinger Buchhändler um. Doch bislang halten sich die Auswirkungen bei den meisten Geschäften in Grenzen.

EsslingenDie Nachricht kam für viele überraschend: Vergangene Woche hat der Buchgroßhändler Koch, Neff & Volckmar (KNV) Insolvenz angemeldet und damit in der Branche für Wirbel gesorgt. Für viele war das Stuttgarter Unternehmen eine feste Größe. Und auch wenn nach Angaben von Branchenkennern zuletzt nicht alles rund gelaufen sein soll, hätten nur die wenigsten erwartet, dass es für KNV eng werden könnte. Rund 5600 Buchhandlungen beliefert das Unternehmen bundesweit – auch im Esslinger Buchhandel schätzt man die Möglichkeit, über Nacht auf fast 600 000 Titel von mehr als 5000 Verlagen zugreifen zu können. Entsprechend aufmerksam werden Meldungen aus der KNV-Zentrale verfolgt, immerhin sind die Buchhandlungen vor Ort auf einen funktionierenden Großhandel angewiesen. „Unsere Kunden bekommen noch gar nichts zu spüren“, sagt Heinrich Riethmüller, Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung, die in Esslingen zwei Filialen betreibt. Dagegen hat Bert Heim von der Esslinger Buchhandlung Die Zeitgenossen bereits erste Einschränkungen beobachtet: „Wenn ich etwas bei KNV bestellen will, kommt häufiger als sonst der Hinweis, dass ein Titel kurzfristig am Lager fehlt.“

„Branche nicht in Schwierigkeiten“

Heinrich Riethmüller kennt sich wie nur wenige in der Buchbranche aus. Osiander betreibt mehr als 60 Buchhandlungen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz – er selbst ist Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Und er betont: „Nicht die Buchbranche insgesamt ist in Schwierigkeiten, sondern ein großes und wichtiges Unternehmen.“ Allen Unkenrufen zum Trotz sieht Riethmüller eine gute Zukunft für den Buchhandel. Deshalb habe die Branche ein lebhaftes Interesse daran, dass es mit KNV weitergehen kann. Riethmüller setzt auf Insolvenzverwalter Tobias Wahl, dem er zutraut, einen Weg zur Fortführung des Unternehmens zu finden. Vorerst geht der Chef von Osiander davon aus, „dass alles im Großen und Ganzen so weiterläuft“. Allerdings weiß er auch, dass die Insolvenz von Koch, Neff & Volckmar für manche Verlage ein Problem ist: Bücher, die bereits an KNV geliefert und von dort noch nicht bezahlt wurden, könnten ein Loch in manches Verlags-Budget reißen. „Ich weiß von Verlagen, die sechsstellige Außenstände haben“, sagt Riethmüller. „Dass die jetzt zögerlich sind, wenn sie neue Ware an KNV liefern sollen, ist naheliegend. Darauf muss der Insolvenzverwalter eine Antwort finden.“

Bei der Esslinger Verlegerin Nora Frisch geht es um viel geringere Summen, doch auch ihr Drachenhaus-Verlag hat noch Außenstände für bereits gelieferte Bücher. Sie denkt freilich nicht nur an offene Rechnungen, sondern auch an die Zukunft – immerhin ist KNV für viele Verlage ein wichtiger Auslieferungspartner. Deshalb hofft auch sie, dass der Insolvenzverwalter einen Weg findet, das Stuttgarter Unternehmen weiterzuführen. Und sie zitiert eine Erklärung der Kurt-Wolff-Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene, die zu bedenken gibt: „Dieser Riese droht, sollte er weiter fallen, einen beträchtlichen Teil der Buchbranche mit sich zu reißen.“

Das sieht auch Bert Heim von der Buchhandlung Die Zeitgenossen so: „KNV wird wohl gerettet werden – das geht gar nicht anders. Warum soll man nur Banken retten? Für unsere Branche ist das ein ganz wichtiger Partner.“ Heim hat bisher ganz auf das Stuttgarter Unternehmen gesetzt. Sollte sich seine Sorge bestätigen, dass Verlage nicht mehr an KNV liefern, solange die Bezahlung nicht gesichert ist, müsste er über einen anderen Buchgroßhändler nachdenken.

Ulrike Ehrmann von der Esslinger Buchhandlung Provinzbuch ist da schon weiter: „Im Moment merken meine Kunden gar nichts. Ich arbeite überwiegend mit dem Großhändler Umbreit zusammen und habe keine Probleme. Und bei KNV laufen die Geschäfte ja trotz Insolvenz erst einmal so weiter.“ Dass ein so großes Unternehmen derart in Schieflage geraten ist, findet Ehrmann „dramatisch“ – auch wenn Gerüchte über Probleme des Unternehmens in der Branche schon länger die Runde gemacht hätten. „Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass das so den Bach runtergehen könnte“, sagt Ulrike Ehrmann und hofft wie ihre Kollegen, dass es KNV auch weiterhin geben wird: „Für viele Verlage ist das ein ganz wichtiger Auslieferer. Und gerade für kleine Buchhandlungen sind solche Großhändler unerlässlich, weil sie uns die Möglichkeit geben, Bücher über Nacht zu besorgen.“