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Mit ihrem Masterplan für bessere Luft will die Stadt Esslingen vor allem die Belastung mit Stickstoff vermindern. Dazu will sie Fördergelder vom Bund beantragen.

Esslingen Die Luft in Esslingen muss sauberer werden. Denn in den vergangenen zwei Jahren ist an der Messstelle in der Grabbrunnenstraße der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten worden. Beim Feinstaub lag Esslingen zwar im Rahmen, gehörte aber zu den am meisten belasteten Städten im Land. Deshalb visiert die Stadt verschiedene Projekte an, um das Klima zu verbessern – auch, um möglicherweise drohende Fahrverbote zu verhindern. Im sogenannten „Green City Plan“ hat sie diese Vorhaben nun gebündelt. Denn ein solcher Masterplan ist bei vielen Projekten die Voraussetzung dafür, dass die Stadt an Fördergelder des Bundes kommt.

Ganz neu sind viele Projekte nicht, die sich jetzt im „Green City Plan“ wiederfinden. So ist in dem Masterplan unter anderem die Erhöhung des Anteils an Elektrobussen des Städtischen Verkehrsbetriebs von 21 auf 63 Prozent enthalten, die bereits im vergangenen Jahr beschlossen wurde. Auch die Einrichtung von Überholschleusen für Busse wird schon länger diskutiert, ebenso die Etablierung digitaler Fahrgastanzeigen im Busverkehr und die Stärkung des Radverkehrs. Aber jetzt geht es um die Finanzierung der Projekte – und damit um deren Realisierbarkeit. Oberbürgermeister Jürgen Zieger schätzt, dass ein zweistelliger Millionenbetrag notwendig wäre, um alle Vorhaben umzusetzen. „Und ich erwarte, dass das Geld in den Kommunen ankommt“, stellt er klar. Schließlich seien es die Städte und Gemeinden, die nun umsetzen müssten, was in Berlin vorgegeben werde.

OB Zieger: Fahrverbote unter allen Umständen vermeiden

Im Übrigen will Zieger auch deshalb Gas geben beim Thema Luftverbesserung, weil er Fahrverbote in Esslingen unter allen Umständen vermeiden will. „Ich bin ein erklärter Gegner von Fahrverboten“, betont der OB. Nicht nur, weil er bezweifle, dass sie das Problem lösen, sondern auch, weil er sie für wirtschaftsfeindlich und zutiefst unsozial halte: „Fahrverbote treffen sozial Schwächere stärker.“ Der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht weist zudem darauf hin, dass die Luftqualität in den vergangenen 30 Jahren im Land und damit auch in Esslingen kontinuierlich gestiegen sei. Zudem resultiere ein Großteil der Stickstoffbelastung aus der Hintergrundbelastung durch Industrie und überörtlichen Verkehr.

Gleichwohl handele es sich um ein wichtiges Thema, sagt Zieger: „Das ist die Einstiegsdiskussion über eine veränderte Mobilität.“ Und diese werde alle dicht besiedelten Regionen in den nächsten Jahren beschäftigen. „Mit dem ‚Green City Plan’ haben wir jetzt einen Masterplan von Maßnahmen, die geeignet sind, die Luft zu verbessern“, glaubt Zieger. Der „Green City Plan“ ist für Städte, in denen der Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten wird, die Voraussetzung, um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. Er wurde im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft 2017-2020“ im Herbst 2017 ausgerufen. Die Stadt Esslingen hat bereits Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von rund drei Millionen Euro gestellt. Für die Erarbeitung des Masterplans hat sie 60 000 Euro erhalten. Darüber hinaus wurden drei Elektrofahrzeuge für den kommunalen Fuhrparks bewilligt – mehr sind derzeit laut Stadtverwaltung nicht lieferbar.

Automatische Ampelsteueranlagen

Beantragt wurden zudem Gelder für automatische Ampelsteueranlagen, die für einen besseren Verkehrsfluss sorgen sollen, für Fahrgastanzeigen, die in Echtzeit Ankunfts- und Abfahrtzeiten der Busse sowie deren Auslastung mit Fahrgästen anzeigen sollen sowie für Fahrradparkhäuser an S-Bahn-Haltestellen. Darüber hinaus sind weitere Projekte zur Digitalisierung des kommunalen Verkehrssystems, zur Stärkung des Radverkehrs, zur Elektrifizierung des Verkehrs, für eine klimafreundlichere urbane Logistik sowie zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in dem Masterplan enthalten. Doch dabei handelt es sich vorerst nur um Ideen, die die Stadt noch prüfen muss. Außerdem ist eine Bürgerbeteiligung zu dem Thema geplant.

Im Ausschuss für Technik und Umwelt am Montag wurde der Masterplan generell begrüßt – die Stadträte wünschen sich allerdings mehr Zug in der Sache.

Messdaten und Grenzwerte

Überschreitungen: Die Messstelle der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) ist 2016 in der Grabbrunnenstraße eingerichtet worden. Sowohl 2016 als auch 2017 ist dort der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden. 2016 wurden hier im Durchschnitt 54 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen, 2017 waren es 48 Mikrogramm – erlaubt sind 40 Mikrogramm im Jahresmittel. Beim Feinstaub lag Esslingen 2016 an 27 Tagen über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel, erlaubt sind 35 Überschreitungstage. 2017 gab es 26 Überschreitungstage, 2018 bis Mitte September zwölf.

Luftreinhalteplan: Wegen der hohen Stickstoffdioxidbelastung muss ein Luftreinhalteplan für Esslingen erstellt werden. Dafür ist das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) zuständig. Dieser sollte Ende des Jahres stehen. Doch vom RP heißt es, man könne noch keinen Zeitplan nennen. Es seien noch Gutachten erforderlich. Auch zu Kernelementen des Plans gebe man keine Auskunft, ebenso wenig zum aktuellen Stand im Hinblick auf die Klage der Deutschen Umwelthilfe wegen der hohen Stickoxid-Werte.