Mit den Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger kam Andrea Hancke erstmals vor 15 Jahren in Berührung, und sie verliebte sich sofort in die Texte. Foto: FMS Photography - FMS Photography

Die jüdische Schriftstellerin Selma Meerbaum-Eisinger starb mit 18 Jahren im Arbeitslager. In der Esslinger Scala erweisen ihr Andrea Hancke und Petra Kruse die künstlerische Ehre.

EsslingenIch möchte leben. Ich möchte lachen und Lasten heben – und möchte kämpfen und lieben und hassen – und möchte den Himmel mit Händen fassen – und möchte frei sein und atmen und schrei’n. Ich will nicht sterben. Nein!“ Doch ein Leben in Liebe und Freiheit war Selma Meerbaum-Eisinger nicht vergönnt. Nur 18 Jahre waren der jungen Dichterin vergönnt, ehe sie 1942 als verfolgte Jüdin in einem Zwangsarbeitslager am Fleckfieber starb. Viel Zeit ist seither vergangen, doch Selma Meerbaum-Eisingers Worte klingen bis heute nach – auch bei Andrea Hancke. Gemeinsam mit der Harfenistin Petra Kruse bringt die Esslinger Schauspielerin das Werk der Dichterin zum Klingen. „Selma – Hell ist die Nacht“ heißt das neue Programm, das am Sonntag, 24. Februar, um 17.30 Uhr in der Scala am Charlottenplatz Premiere feiert.

Die Texte von Selma Meerbaum-Eisinger begleiten Andrea Hancke schon länger. Vor 15 Jahren wirkte die Schauspielerin in einer Matinee der Lyrik-Bühne mit, die an Leben und Werk der Dichterin erinnerte: „Ich habe diese Gedichte sofort geliebt“, erinnert sie sich. Seither ist der Gedanke gereift, ein eigenes Programm zu entwickeln. Dass darin Literatur und Musik Hand in Hand gehen, war von Anfang an klar: „Ganz viele dieser Gedichte wirken durch ihre Musikalität, die gepaart ist mit großer Klarheit. Sie erzählen von Sehnsucht, Einsamkeit und unerschütterlicher Hoffnung. Schmerz paart sich mit Lebenswillen. Und es ist faszinierend, in welchem Facettenreichtum und in welcher Tiefe diese junge Frau die Liebe beschrieben hat. Das macht den zeitlosen Reiz ihrer Gedichte aus. Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele durch uns Zugang dazu finden – und zwar ohne Vorbildung und eigene Recherche.“

Andrea Hancke findet es „unglaublich, welche poetische Kraft und welche Emotionen die junge Autorin in ihrer Lyrik entfaltet – als hätte sie geahnt, dass ihr zum Schreiben wenig Zeit bleibt.“ Dass Selma Meerbaum-Eisingers Gedichte erhalten geblieben sind, gilt bis heute als ein großer Glücksfall. Denn vieles, was in Zeiten des Holocaust entstanden war, ist unwiederbringlich verloren. „Ich lasse Selma selber sprechen“, verrät Andrea Hancke, die sich intensiv mit Leben und Werk von Selma Meerbaum-Eisinger beschäftigt hat, um sich ein eigenes Bild von ihr zu machen. „Ich hätte die Texte auch mit eigenen Moderationen verbinden können, aber ich möchte bewusst in der Figur bleiben. Dazu hat die Musikerin Petra Kruse Kompositionen aus dem Hebräischen ausgewählt. Dass sie sich von einer Harfenistin musikalisch begleiten lässt, ist für Andrea Hancke ganz klar: „Das ist ein wunderschönes Instrument, das ich auch selbst sehr gerne spiele. Die Harfe hat so etwas Helles. Mit ihrer Hilfe lässt sich noch etwas mehr Licht in jene dunkle Zeit bringen, in der Selma Meerbaum-Eisingers Gedichte entstanden sind.“ Und sie erinnert an ein Zitat der Dichterin Hilde Domin, die ihrer jungen und viel zu früh gestorbenen Kollegin bescheinigt hat: „Es ist eine Lyrik, die man weinend vor Aufregung liest: so rein, so schön, so hell und so bedroht.“

Weitere Aufführungen von „Selma – Hell ist die Nacht“ stehen am 31. März, 13. Oktober und 24. November jeweils ab 17.30 Uhr in der Scala auf dem Programm.