Der malerische Innenhof der Esslinger Stadtbücherei Foto: Bulgrin - Bulgrin

Lange waren die Esslinger Bürger bei den Überlegungen für eine neue Stadtbücherei außen vor – nun sollen sie ein gewichtiges Wort bei der Modernisierung und Erweiterung des Bebenhäuser Pfleghofs mitreden.

EsslingenDas Signal des Bürgerentscheids am 10. Februar war eindeutig: Wenn es um die Zukunft ihrer Bücherei geht, wollen die Esslingerinnen und Esslinger mitreden – und gehört werden. Im Rathaus hat man dieses Zeichen registriert und eine langfristige und differenzierte Bürgerbeteiligung auf den Weg gebracht. Mittlerweile läuft die erste Phase, und was von den Beratungen einer vielköpfigen Expertenrunde aus Verwaltung, Bücherei und Vertretern unterschiedlicher Bevölkerungs- und Interessengruppen zu hören ist, klingt vielversprechend. Die Runde soll Grundlagen für einen Architektenwettbewerb zur Modernisierung und Erweiterung der Bibliothek im Bebenhäuser Pfleghof liefern.

Gudrun Fuchs, die Leiterin der Stadtbücherei, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Überlegungen für eine Bibliothek der Zukunft. Und sie hat mit ihrem Team wichtige Vorarbeiten geleistet. Doch obwohl sie mit viel Sachverstand zu Werke geht, findet sie den externen Rat wertvoll: „Wir beziehen daraus wichtige Impulse und Denkanstöße. So erfahren wir, welche Angebote den Nutzern besonders wichtig sind und wo wir Schwerpunkte setzen sollten. Gerade weil Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen dabei sind, können wir so zu noch mehr Akzeptanz unserer neuen Bücherei beitragen.“ Was sie besonders freut: „Die Diskussionen sind sehr differenziert und konstruktiv. Viele empfinden die Bücherei schon jetzt als ‚dritten Ort’. Wenn es gelingt, dass die neue Bücherei für noch mehr Esslinger dazu wird, hat sich der große Aufwand gelohnt.“

Dass eine Bücherei der Zukunft mehr bieten muss als ein attraktives Medienangebot, hat man in Esslingen schon lange erkannt und daraus Schlüsse gezogen – sofern die beengten Platzverhältnisse das erlaubten. Eine deutlich erweiterte Bibliothek wird ein noch differenzierteres Angebot ermöglichen. Dennoch ist klar, dass auch dort der Platz nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. „Wichtig ist uns, dass alle Wünsche und Anregungen auf den Tisch kommen“, sagt Gudrun Fuchs. „Dann müssen wir sehen, was machbar ist.“ Manches wie der Wunsch nach Barrierefreiheit oder deutlich mehr Arbeitsplätzen ist gesetzt. Manchmal regt aber ein Hinweis im Detail zum Nachdenken an – wie der Gedanke, Arbeitsplätze mit Schließfächern auszustatten, damit Arbeitsmaterialien auch mal über Nacht in der Bücherei bleiben können. Oder der Wunsch, mehr Platz fürs Café oder den Kinder- und Jugendbereich anzubieten. Und bei manchen Ideen wie einer möglichen Überdachung des malerischen Innenhofs darf man auf Vorschläge der Architekten gespannt sein.

Professorin Christel Köhle-Hezinger ist für den Geschichts- und Altertumsverein dabei. Die Volkskundlerin war sehr gespannt auf die Beratungen, weil sie die Erfahrung gemacht hat, dass sich vieles, was sich Bürgerbeteiligung nennt, auf dem Papier überzeugend liest, in der Praxis den hohen Ansprüchen aber nicht immer genügt. Doch die bisherigen drei Expertenrunden haben sie überzeugt: „Die Gruppe ergänzt sich in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gut. Da wird durchaus auch mal sehr kontrovers diskutiert, aber immer im gemeinsamen Bemühen, das Beste für die Bücherei zu erreichen.“ Diesen Eindruck hat auch Daniel Blank, der von der Initiative Bürgerbegehren Stadtbücherei entsandt wurde: „Man spürt, dass sich die Stadt sehr viel Mühe gibt, damit die Bürgerbeteiligung ein Erfolg wird. Mit den Beratungen der Expertenrunde ist es natürlich nicht getan, aber sie sind ein wichtiger erster Schritt, dem viele weitere folgen müssen. Manche Vorschläge sind sehr weitreichend und auf den ersten Blick überraschend, aber vielleicht findet ja ein Architekt auch auf große Herausforderungen eine überzeugende Antwort. Ich hoffe sehr, dass dieses Beispiel auch bei anderen Themen Schule machen wird. Wenn man es mit der Bürgerbeteiligung wirklich ernst nimmt, ist das Geld dafür gut angelegt.“

Das sieht auch Andreas Mittrowann so, der zahlreiche Bibliotheken quer durch die Republik auf ihrem Weg in die Zukunft begleitet und der die Esslinger Expertenrunde moderiert. „Esslingen geht hier einen vorbildlichen Weg“, bescheinigt er der Stadt, die er darin bestärkt, diesen Prozess „langfristig und sehr offen anzulegen“. Weil sich Büchereien zunehmend von Ausleihstationen für Medien hin zu Orten der Kommunikation und Begegnung mit einem differenzierten Medienangebot entwickeln, sei es nur vernünftig, auf die Bürger zu hören. In den USA sei dieser Gedanke, der nun auch in Esslingen gepflegt wird, schon weitaus verbreiteter.

Die Stadt Esslingen lädt am Freitag, 10. Mai, von 18 bis 22 Uhr alle Interessierten zum Beteiligungsworkshop zur Planung der neuen Bücherei ins Neckar Forum ein.

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