Bis zu 15 Meter wurde in die Tiefe gebohrt. Foto: / - /

Alles für mehr Halt und ein bisschen mehr für Radfahrer: Die Hangsanierung auf der Zollbergstraße ist nahezu fertig, jetzt geht es an den neuen Radweg und Straßenbelag.

EsslingenZugegeben: Man will nicht wissen, wie laut wohl der Bohrer war, der sich in den vergangenen Wochen 35 Mal bis zu 15 Meter tief in die Zollbergstraße gefressen hat. Und so ein Presslufthammer ist auch nicht ohne. Vom Verkehrslärm her gesehen dürften es die Anwohner ab Hausnummer 28/1 bis zur 46 aber noch nie so ruhig gehabt haben wie in den vergangenen Tagen und Wochen. Wo sich ansonsten täglich 13 400 Autos die Kehren hinauf auf den Zollberg oder in umgekehrter Fahrtrichtung hinunter in die Stadt winden, gähnt einem eine leere Fahrbahn entgegen, lediglich flankiert von parkenden Anwohnerautos. Der Grund, warum eine der drei wichtigen Esslinger Verkehrsachsen zwischen Neckartal und Filderebene seit Mitte April von beiden Seiten aus zur Sackgasse mutiert ist, lässt sich teilweise noch auf dem Belag in der mittleren Kehre etwas oberhalb von Haus 46 erkennen. Lange Längsrisse, die belegen, dass der Hang nach unten wegrutscht. Fachleute haben ihn schon länger unter Beobachtung. Allein 2018 hat sich diese von unten aus gesehen erste große Linkskehre um sieben Zentimeter gesetzt, berichtet Thomas Feiert, stellvertretender Leiter des Tiefbauamts.

2017 hatte die Stadt schon einen Teil der oberen Zollbergstraße gegen die Schwerkraft gesichert. Und zwar mit Erdbetonscheiben, die sie in den Hang legen ließ und die mit einem Betonquerband ein festes Korsett bilden. Die Bauarbeiten damals konnten größtenteils im Einbahnstraßenverkehr über die Bühne gehen. Die 2,4 Millionen Euro teuren Sanierungs- und Straßenbaumaßnahmen jetzt ein paar Hundert Meter weiter talabwärts müssen unter Vollsperrung erledigt werden. Auch die Methode ist anders: Hier im unteren Bereich der Zollbergstraße kann die Stadt nicht auf ein eigenes benachbartes Grundstück neben der Straße zurückgreifen, sondern muss auf ihren Gefilden bleiben. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die Bauarbeiter mit großem Gerät bis zu 15 Meter tiefe Löcher gebohrt. Und zwar 35 Mal. 2,5 Meter liegen jeweils zwischen den Bohrstellen, die es im Bereich des stärksten Gefälles bis auf einen Durchmesser von 1,20 Meter bringen. Davon ist mittlerweile nichts mehr zu sehen. Denn in diese Löcher kamen Stahlträger, dann wurden sie mit Beton verfüllt, erklärt Projektleiterin Michaela Mayer aus dem Tiefbauamt. Der Kopfbalken, der sie quer miteinander verbindet, verdeckt bereits die 35 Stützen.

Wenn schon, denn schon: Die Zollbergstraße bekommt im Zug der Hangsicherung auch auf rund 350 Metern einen neuen Belag. Und bergauf müssen sich die Radler zumindest in diesem Abschnitt auch nicht mehr auf der Straße abstrampeln. Zwischen den Gebäuden 28/1 und 40 können sie künftig einen kombinierten Fußgänger- und Fahrradweg nutzen. Die Parkplätze für die Autos, die bislang noch auf dem bisherigen breiten Gehstreifen eingezeichnet sind, werden in den Straßenraum hineinverlegt. Ab der Fußgängerampel bis zum Auslauf der mittleren Kehre wird dieser neue Weg dann primär für die Radler fortgesetzt. Fußgänger dürfen ihn aber auch benutzen. Die gesamte neue Teilstrecke ist eingebettet in eine Radwegkonzeption vom Tal hinauf auf den Zollberg, „die aber in ihrer Gesamtheit noch nicht durch die Gremien durch ist“, sagt Feiert. Bis zum Ende der Sommerferien soll alles fertig sein – nach dann fünf Monaten Bauzeit. Das sieht derzeit auch gut aus. Feiert: „Wir liegen im Zeitplan.“

Und das ist auch gut so. Als die Stadt den oberen Hang vor zwei Jahren in ein Korsett zwang, kam es zu gewaltigen Verzögerungen. Denn die Arbeiten damals waren mit erheblichen Leitungsverlegungen verbunden. Und bei denen kam es immer wieder zu zeitlichen Verschiebungen, so Feiert im Rückblick. Die Autofahrer, die sich im Einbahnstraßenverkehr daran vorbeiquetschen mussten, hatten sich jedenfalls mit zunehmender Dauer der Baustelle gefragt, ob denn da überhaupt noch jemand bei der Arbeit ist.

Dieses Mal hat das Tiefbauamt das Zepter größtenteils alleine in der Hand. Die Stadtwerke waren nur im Bereich der Fußgängerampel involviert und sind mit ihrem Teil bereits fertig. Zudem hatte die Stadt die jetzt laufenden Arbeiten mit einem Beschleunigungszuschlag und der Androhung von Vertragsstrafe ausgeschrieben, wenn die Firma in Verzug kommt. Sie sind auch bewusst an die Ferienzeiten und den Baufluss auf der Vogelsangbrücke angepasst.

In der offiziellen Umleitung für die gesperrte Zollbergstraße taucht die Mutzenreisstraße nicht mehr auf. Deren Anwohner waren beim ersten Bauabschnitt vor zwei Jahren sehr stark belastet. Zumindest von der Nellinger Linde aus ist der Querverkehr über die Mutzenreisstraße dieses Mal nur den Anwohner im Stadtteil vorbehalten. Das klappt allerdings nicht immer, sodass der Zollberger Bürgerausschussvorsitzende Peter Zürn beim Ordnungsamt schon nach mehr Kontrollen gerufen hat. Aber unterm Strich gesehen habe die Stadt Baustelle und Umleitungsstrecke schon deutlich besser organisiert als 2017, bescheinigt er der Verwaltung.