Wolfgang Zimmer kann nicht verstehen, warum die Stadt die Straßen nicht mit glattem, seniorenfreundlichem Belag ausstatten will. Foto: Bulgrin

Von Melanie Braun
Wolfgang Zimmer macht sich Sorgen. Der 90-Jährige lebt in der Senioren-Residenz Allmandgasse. Das ganze Gebäude in der gleichnamigen Straße samt seiner 30 Wohnungen ist barrierefrei und behindertengerecht gebaut. Doch Zimmer befürchtet, dass es vor der Tür des Hauses bald nicht mehr weit her ist mit der Barrierefreiheit. Denn die Stadt plant einen neuen Straßenbelag, der nach Ansicht der Bewohner überhaupt nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Die Stadtverwaltung will sowohl in der Allmandgasse Richtung Oberer Metzgerbach als auch in der Krämerstraße zwischen der neuen Allmandgasse und der Sirnauer Straße Kopfsteinpflaster verlegen. Nur das Stück dazwischen will man mit den gleichen glatten Granitplatten pflastern, die auch schon auf dem Weg zur Kreissparkasse sowie in der neuen Allmandgasse liegen. Bei den Anwohnern löst das völliges Unverständnis aus. Man kann nicht verstehen, warum man nicht auf die vielen älteren Menschen Rücksicht nimmt, die zum großen Teil auf Rollstuhl, Rollator oder andere Gehhilfen angewiesen sind.

Ältere haben Angst vor Stürzen

Immerhin soll in der alten Allmandgasse Richtung Oberer Metzgerbach, wo sich auch die Senioren-Residenz befindet, nur das kleinere Kopfsteinpflaster verlegt werden, wie es sich auch im Oberen Metzgerbach befindet. Doch schon dieses bereite den Senioren Probleme, sagt Wolfgang Zimmer. Seine Nachbarin Vera Mahler aus dem Haus gegenüber weiß, wovon er spricht: „Die Älteren haben große Angst vor Stürzen“, sagt sie. Viele treibe die Sorge um, einen Oberschenkelhalsbruch zu erleiden. Auch im Oberen Metzgerbach sei es für die Senioren nicht leicht, sich fortzubewegen. Aber dort gebe es immerhin einen schmalen Streifen mit glattem Pflaster – der nur teilweise mit Stühlen der Bars und Cafés zugestellt sei.
In der Krämerstraße hingegen will die Stadt auf den rund 50 Metern zwischen Allmandstraße und Sirnauer Straße analog zu Letzterer das große Kopfsteinpflaster verlegen. Das sei für die Senioren ein Riesenproblem, sagen Zimmer und Mahler. Auf dem holprigen Untergrund sei es für die Älteren kaum möglich, sicher unterwegs zu sein – vor allem mit Gehhilfen oder im Rollstuhl. Zumal hier auch viele Autos durchfahren. Hinzu kommt, dass die Anwohner den Verweis der Stadt auf die geschichtsträchtige Umgebung nicht nachvollziehen können. „Von Historie ist hier nicht mehr viel zu sehen“, sagt Zimmer. Tatsächlich stehen hier viele Neubauten – und die Straßen waren laut Mahler zumindest schon asphaltiert, als sie vor 15 Jahren hergezogen ist.
Man sei auch bereit für einen Kompromiss, sagt Zimmer. Schließlich freuten er und seine Nachbarn sich darüber, in einer schönen, alten Stadt zu leben und trügen gern zum Erhalt bei – wenn denn Historisches zu erhalten sei. Aber wenn in der Krämerstraße und der Allmandgasse ohnehin etwas geändert werde, könne man doch wenigstens die kleinen Platten als Belag verwenden, mit denen auch die Innere Brücke und die Pliensaustraße gepflastert seien. Das sei immerhin eine Erleichterung für die Senioren.
Bei der Stadt hält man die jetzige Planung jedoch für zumutbar. Schließlich liege die Senioren-Residenz an der Kreuzung von vier Straßen, von denen zwei (neue Allmandgasse und der Weg zur Kreissparkasse) komplett barrierefrei seien, sagt Uwe Heinemann, Leiter des Tiefbauamtes. Das geplante kleine Kopfsteinpflaster zum Oberen Metzgerbach hin sei zudem sicher ausreichend begehbar. Dass das große Kopfsteinpflaster nicht ideal sei für Senioren, wisse man. „Aber es ist die gestalterische Vorgabe.“ Man sei hier in der historischen Altstadt, da gehörten solche Beläge eben dazu. Man prüfe nun noch einmal, ob eine Änderung doch noch möglich sei, aber eigentlich halte man die Planung für „ausreichend barrierefrei“, so Uwe Heinemann.
Diese ist auch schon weit fortgeschritten: Die Arbeiten sind bereits vergeben, noch im Herbst will man mit der Umgestaltung starten. Auch das sorgt für Frust bei den Senioren: Sie waren davon ausgegangen, dass ihre Anregungen bei dem Treffen mit städtischen Vertretern vergangene Woche, an dem etwa 40 Anwohner teilnahmen, in die Planung einfließen würden. „Aber da war wohl schon alles entschieden“, bedauert Zimmer.