Edith Brückner betreibt ihren Second-Hand-Laden für Kindersachen mit Herzblut – obwohl sie eigentlich aus einer ganz anderen Branche kommt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Das Geschäft für gebrauchte Kindersachen in der Oberesslinger Keplerstraße muss schließen, weil auf dem Areal neue Wohnungen gebaut werden.

EsslingenEdith Brückner ist selbst zur „Zwergenstube“ gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Eigentlich ist die 48-Jährige gelernte Eventmanagerin, doch der Job war für die dreifache Mutter nicht mehr mit dem Familienleben vereinbar. Durch Zufall erfuhr sie vor rund anderthalb Jahren, dass die damalige Betreiberin den Second-Hand-Laden für Kindersachen in der Oberesslinger Keplerstraße nicht mehr weiterführen wollte – und übernahm kurzerhand ihren Job. Doch nun steht ihr neu entdecktes Arbeitsfeld schon wieder auf der Kippe.

Denn wegen eines Wohnbauprojekts wird das Gebäude, in dem sich die „Zwergenstube“ befindet, im Frühjahr abgerissen. Ein privater Investor will auf den zwei Grundstücken südlich des Friedhofs, auf denen früher eine Gärtnerei und das Jugendhaus betrieben wurden, 29 neue Wohnungen sowie eine Tiefgarage mit 29 Parkplätzen und einem Wohnmobilstellplatz bauen. Edith Brückner will ihren Laden jedoch nicht einfach aufgeben. Ihr ist der neue Beruf so ans Herz gewachsen, dass sie nun nach alternativen Räumen für die „Zwergenstube“ sucht. Viel Geld verdienen könne man zwar nicht mit dem Second-Hand-Geschäft, räumt Brückner ein. Aber sie mache auch keine Verluste – und die Arbeit mache ihr einfach viel Freude: „Ich habe viel Kontakt zu Kunden, tolle Gespräche und schönes Feedback.“ Zwar müsse sie viel improvisieren, damit sich die Sache rechne, aber sie sei dennoch höchst zufrieden.

Dem Laden sieht man an, dass viel Herzblut hineingesteckt wird. Obwohl sich hier auf engem Raum hunderte Strampler, T-Shirts, Pullis, Hosen und Jacken drängen, wirkt alles ordentlich und übersichtlich. Auf einer langen Stange, die quer durch den Raum führt, sind Baby- und Kleinkindsachen sorgfältig nach Größen sortiert, an der Wand geht es weiter mit Kleidung für größere Kinder. In einer Ecke sind verschiedenste Spiele drapiert, in einer anderen zahlreiche Bücher: „Die Kinderliteratur habe ich sehr ausgeweitet, das liegt mir am Herzen“, erzählt Brückner. Der Bereich laufe gut, ebenso wie die Schuhe, die in einem Regal an der Wand aufgereiht sind. Auch Laufräder wechseln hier regelmäßig den Besitzer, ebenso Zubehör wie Helme oder Babytragen und manchmal sogar Kindermöbel.

Das Angebot ist davon abhängig, was die Kunden mitbringen. Denn Edith Brückner verkauft auf Kommission: Interessierte können Kindersachen in der „Zwergenstube“ abgeben. Die Betreiberin sichtet sie und entscheidet, was in den Verkauf geht. „Ich setze auf Qualität und verkaufe nur, was ich selber kaufen würde“, betont Brückner. „Discounterware nehme ich nicht an.“ Letztendlich wolle sie auch Kunden ansprechen, denen Qualität und Nachhaltigkeit wichtig sei und die lieber ein gutes, aber etwas teureres Teil kauften als viele billige. Zudem müsse alles, was bei ihr im Laden angeboten wird, unbeschädigt und absolut fleckenfrei sein. Den Verkaufspreis legt Brückner selbst fest, aber er wird mit dem jeweiligen Besitzer geteilt, wenn die Ware verkauft wird. Wenn nicht, kann er sie zurücknehmen oder einer der karitativen Einrichtungen spenden, mit denen Brückner kooperiert.

Das Prinzip funktioniert gut, findet die Ladenbetreiberin. An den drei halben Tagen unter der Woche und dem einen Samstag im Monat, an denen sie öffnet, sei sie nur selten allein im Laden – und das Einzugsgebiet der Kunden reiche weit über Esslingen hinaus bis nach Nürtingen, Schorndorf oder Ludwigsburg. Angesichts des Erfolgs würde sie die „Zwergenstube“ gern an anderer Stelle weiter betreiben. Ihr schwebt wieder ein Laden in Randlage vor. Die Innenstadt sei viel zu teuer und zudem ungünstig, weil viele ihrer Kunden mit Autos voller Kleiderkisten kämen und sie ohnehin kaum Laufkundschaft habe. Brückner kann sich auch gut vorstellen, sich mit einer anderen Teilzeitkraft zusammen zu tun und gemeinsam in Vollzeit einen Laden zu betreiben. Aber bislang habe sie noch keine passende neue Bleibe gefunden. Doch letztlich hängt ihr Schicksal hängt nicht davon ab, ob es weitergeht: „Wenn es was wird, ist das schön, wenn nicht, mache ich etwas anderes.“

Die „Zwergenstube“ in der Keplerstraße 36 ist dienstags, donnerstags und jeden ersten Samstag im Monat von 9.30 bis 12.30 Uhr sowie freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Dann ist Edith Brückner dort unter der Telefonnummer 0162/ 892 24 13 erreichbar.