Hier auf dem Karstadt-Parkplatz hätte eigentlich Ende 2019 das neue Einkaufszentrum Die Via eröffnen sollen. Noch ist von ihm nichts zu sehen. Quelle: Unbekannt

Dass Osiander mit seinen Esslinger Filialen in die Bahnhofstraße zieht, ist von Handel und Stadt mit Erleichterung aufgenommen worden. Dafür wachsen die Sorgen um das geplante Einkaufszentrum Die Via.

EsslingenDie Stimmung in der Bahnhofstraße ist bestens. „Großartig! Alle freuen sich, dass mit Osiander der Leerstand in der ehemaligen Strauss-Filiale vorbei ist“, sagt Bärbel Apprich, Sprecherin der Händlergemeinschaft in Esslingens westlichster Fußgängerzone. „Aber mir tut es so leid um Karstadt, dass es mit der Via nicht vorangeht.“ Die Geschäftsführung vor Ort sei kreuzunglücklich über die Hängepartie, in Esslingens einzigem Kaufhaus würde man gerne umbauen, hängt aber am Tropf des gemeinsamen Investors, weiß der Flurfunk.

Die geplante Einkaufs- und Gastronomiemall neben Esslingens einzigem Kaufhaus hätte den ursprünglichen Planungen zufolge in zwei Monaten eröffnet werden sollen. Mit Osiander als einem der Mieter. Eigentlich wollte Heinrich Riethmüller dort seine beiden Esslinger Buchfilialen bündeln, die er derzeit in der Inneren Brücke und der Pliensaustraße betreibt. Jetzt hat der Geschäftsführer des Tübinger Traditionsunternehmens offenbar die Geduld verloren – und bei der Sparkassen-Versicherung den Mietvertrag für das Erdgeschoss der ehemaligen Strauss-Filiale in der Bahnhofstraße unterschrieben. Er läuft ab Februar. Ab April soll auch der Verkauf dort laufen.

Viel Geld ist für das Einkaufszentrum Die Via bereits in den ehemaligen und Dann-Wieder-Parkplatz neben Karstadt geflossen. Etwa in aufwendige archäologische Voruntersuchungen. „Es wäre jammerschade, wenn das Projekt nicht käme“, sagt Alexander Kögel, Sprecher der City Initiative Esslingen. „Ich betrachte die Entwicklung schon mit einer gewissen Skepsis,“ räumt er ein. Aber noch gibt er sich hoffnungsfroh. Auf die Frage, ob sich die Mehrheit der Esslinger Einzelhändler nicht eher freuen würden, wenn sie den Kuchen nicht mit noch mehr Konkurrenz Mall teilen müssten, meint der frisch gewählte Stadtrat der Freien Wähler nur: „Wir stehen in Zeiten des Online-Handels nicht so unter Druck, neue Einzelhandelsflächen zu entwickeln. Aber die Flächen auf dem Karstadt-Parkplatz sind attraktiv. Das gibt auch attraktive Läden. Und die wiederum helfen dem Esslinger Einzelhandel.“

Klaus Mennickheim, Geschäftsführer des Via-Projektkoordinators iMallinvest, hat gegenüber der EZ am Mittwoch eingeräumt, dass noch das eine oder andere bauliche Problem zu lösen sei. Zuvor hatte iMallinvest immer wieder darauf verwiesen, dass ihnen die Baukosten davongelaufen seien und man deshalb umplane. Aber auch am Mittwoch hat Mennickheim versichert, man arbeite hart an den Via-Plänen. „Die Via lebt aus meiner Sicht“, so Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht am Donnerstag. „Ich bin verhalten zuversichtlich.“ Optimismus klingt anders. Man führe gerade Gespräche miteinander, habe aber vereinbart, erst mit konkreten Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Und dann gemeinsam.

Auch das seit März 2017 leer stehende Erdgeschoss der Sparkassen-Versicherung in der Bahnhofstraße litt unter der Hängepartie. Obwohl die ehemalige „Kaufhalle“ und spätere Filiale der mittlerweile nicht mehr existierenden Kette Strauss Innovation etwa 700 Quadratmeter Ladenfläche im Erdgeschoss und noch einmal so viel Lager- oder Geschäftsfläche im ersten Obergeschoss zu bieten hatte. In 1a-Lage. Ohne endgültige Klarheit darüber, wer sich alles ein paar Meter weiter einmal auf dem Karstadt-Parkplatz einmieten würde, war es schwierig für potenzielle Interessenten. Drogeriemärkte sollen ihr Interesse für die ehemalige Strauss-Filiale angemeldet haben, zuletzt war von einer entsprechenden Kette die Rede gewesen. Was kaum jemand als überzeugende Lösung empfunden hätte. Hatte iMallinvest doch verkündet, dass dm neben seinem Standort im Einkaufscenter Das ES auch in die Via ziehen wolle – das Quartier also in Drogerieartikeln geschwommen wäre.

Dass Osiander mit seinem Ausstieg aus der Hängepartie um die Via jetzt auch die Hängepartie um die geräumte Strauss-Filiale in der Bahnhofstraße beendet hat, empfinden viele als wichtiges Signal. „Das ist eine tolle Nachricht. Es ist schön, dass ein längerer Leerstand keiner mehr sein wird “, so City-Sprecher Kögel. Wenn dort eine Vorzeige-Buchhandlung entstehe, sei das toll – und einer Stadt wie Esslingen angemessen, meint Baubürgermeister Wallbrecht. „Es war wichtig, dass an dem Objekt etwas passiert, dass es vorangeht. Zumal die Lage attraktiv ist. Leerstände sorgen für Verunsicherung. Und wer verunsichert ist, investiert nicht. Osiander ist für die Bahnhofstraße ein absoluter Gewinn“, freut sich auch Michael Metzler, Geschäftsführer der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH. Er berichtet zudem von weiteren positiven Entwicklungen in der Bahnhofstraße. So würden die ehemaligen Räume der Bäckerei Lang und der benachbarten Fahrschule zusammengelegt. Dort ziehe dann ein Juwelier ein.

Der Osiander-Mietvertrag für das kleinere Geschäft in der Pliensaustraße läuft im Februar aus, der für das Haus in der Inneren Brücke noch nicht. Tun sich damit zumindest perspektivisch gesehen dann zwei neue Leerstände in der Fußgängerzone Innere Brücke/Pliensaustraße auf? Die hatte sich zuletzt ohnehin sehr schwer getan, für die Laufkundschaft attraktiv zu bleiben.

„Um diese beiden Objekte mache ich mir nicht allzu viele Sorgen. Das sind attraktive Flächen“, sagt Michael Metzler. „Wir bemühen uns, in Kontakt mit den Hauseigentümern in der Pliensaustraße zu kommen, um ihnen unsere Unterstützung anzubieten.“ Wie man hört, soll das Haus in der Inneren Brücke – die ehemalige Buchhandlung H. Th. Schmidt – nur noch im Erdgeschoss als Laden genutzt werden, sonst eher als Büro.