Aufsicht auf die 21 Scheiben, die der Querbalken zusammenhält, unten eine Scheibe aus drei verfüllten Löchern im Schnitt. Vorlagen: Werner & Balci Quelle: Unbekannt

Von Claudia Bitzer

Ob Otto Michl in den vergangenen Wochen dazu gekommen ist, von seinem Bagger aus die Aussicht vom Zollberg hinunter ins Neckartal zu genießen, wissen wir nicht. Jedenfalls hat er einen Arbeitsplatz, von dem man als Kind so oft geträumt hat: Der Mann der Straubinger Firma Miro darf mit seiner Baggerschaufel graben, matschen und kneten.

Seit Mai steht den Autofahrern auf der Zollbergstraße nur noch die Aufwärtsspur zur Verfügung. Und auch die ist zwischen der Einmündung am Oberen Eisbergweg und der Eichendorffstraße verschwenkt und aufs Nötigste eingedampft worden. Den Grund kann man vom Auto nicht ausmachen: Die Böschung zwischen Zollbergsteige und Zollbergstraße ist in den vergangenen Jahren so ins Rutschen gekommen, dass die Stadt jetzt eingreifen musste. Das etwa 120 Meter lange Baufeld ist beachtlich, der Arbeitseinsatz effizient. Es braucht offenbar nur drei Mann, einen Bagger, etwas Wasser und Zement und das nötige Knowhow, um den rutschenden Hang in eine stabile Seitenlage zu zwingen. Baggerführer Michl und seine Kollegen geben dem haltlosen Hang ein Korsett: 21 in die Böschung geschlitzte Erdbetonscheiben, die jeweils aus drei bis fünf ausgehobenen und mit einer Erd-und Zementmischung wieder verfüllten Löchern bestehen, werden oben mit einem Querband aus Beton zusammengehalten.

80 Löcher ausgehoben

Am oberen Rand der Baustelle steht ein Silo. Dort werden Wasser und Zement gemischt. Ein langer Schlauch leitet den Brei zu den Löchern, die Michl mit seinem Bagger aushebt. Alle vier Meter hat er in das Baufeld jeweils zwei Meter breite Lochreihen geschlitzt. In der Senkrechten setzen sich diese Reihen - je nach Höhe der Böschung- aus drei bis fünf Löchern zusammen. Die werden zu insgesamt 21 terrassierten Erdbetonbändern verbunden (vgl. Abbildung unten in der Aufsicht und im Schnitt). Dafür mischt er den Aushub seines Baggers nach und nach mit dem Zement-Brei, der über den Schlauch in die Löcher geleitet wird. Die Baggerschaufel knetet Erdreich und Zementgemisch ordentlich durch. Trocknet die Masse, entstehen die gewünschten festen Erdbetonscheiben. Etwa vier Löcher schafft Michl am Tag. Am Schluss wird er rund 80 Löcher ausgehoben und wieder verfüllt haben - er ist bereits in der Endphase. Sind alle 21 senkrechten Scheiben fertiggestellt und ausgetrocknet, wird oben an der Straße ein waagrechtes Betonband in entsprechende Holzverschalungen gegossen, das die Scheiben dann fest zusammenhält - wie ein Knochen, an dem die Rippen befestigt sind.

Teil zwei im nächsten Jahr

„Das wirkt“, sagt Michl. „Es gibt nur sehr wenige Firmen, die auf dieses Verfahren spezialisiert sind. Die Branche hinkt da noch etwas hinterher“, erläutert Thomas Feiert vom städtischen Tiefbauamt. Lediglich zwei hatten sich an der Ausschreibung beteiligt, Miro bekam für 268 000 Euro den Zuschlag.

Enorme Längsrisse im Straßenbelag, aus dem Lot geratene Bäume, verformte Leitplanken: Sie Stadt hatte seit einigen Jahren deutliche Indizien für die Rutschungen. Feiert führt die dafür verantwortlichen Verschiebungen in den unteren Schichten des Knollenmergelhangs nicht zuletzt auf die Starkregenfälle zurück, die in den vergangenen Jahren zugenommen hätten.

Diverse geologische Gutachten hatten jedenfalls bestätigt, dass der Hang an der Zollbergstraße an zwei verschiedenen Stellen so instabil ist, dass die Sicherheit auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist. Im kommenden Jahr will die Stadt das zweite Stück angehen. Ob mit dem gleichen Verfahren, ist noch unsicher. Denn während sich der Bagger derzeit zwischen Zollbergstraße und südlicher Zollbergsteige auf städtischem Boden austoben kann, liegt der zweite Bauabschnitt weiter unterhalb zumindest teilweise in Privatbesitz. Eines steht jedoch schon fest: Auch den will Feiert in enger Abstimmung mit den Bauarbeiten am Festoknoten über die Bühne bringen.

Änderungen in der Verkehrsführung für Bus und Autos

Auf der Zollbergstraße wird voraussichtlich bis Ende September gebaut. Dort wird nicht nur der Hang stabilisiert. Stadtwerke und Stadtentwässerung verlegen Leitungen und Kanäle, am Ende werden rund 450 Meter Straße saniert sein.

Während der Bauarbeiten ist die Zollbergstraße nur bergauf befahrbar, nur die Obusse 113 und 118 sind auch bergab geduldet. Für alle anderen führt die örtliche Umleitung über die Mutzenreisstraße und die Champagne hinunter ins Tal. Die Stadt weist darauf hin, dass der Durchgangsverkehr von der Autobahn ins Neckartal die Aufstiegsstraße benutzen sollte. Zumal die Querspange zwischen Festoknoten und Nellinger Linde derzeit in Richtung Zollberg zu ist.

Nach anfänglich großen Problemen auf dem Zollberg haben sich die Verkehrsteilnehmer mittlerweile ihre Wege gesucht, so Ordnungsamtsleiter Gerhard Gorzellik. Mit Rücksicht auf die Schule in der Eichendorffstraße werde man die Mutzenreisstraße, die während der Bauzeit auf der Zollbergstraße als unechte Einbahnstraße fungieren sollte, wieder für beide Richtungen öffnen.

Ab Montag wird die Buslinie 118 nicht mehr im halbstündigen Wechsel erst die eine, dann die andere Seite des Zollbergs bedienen. Stattdessen dreht der Bus bis zum Ende der Bauzeit künftig nur noch die Tour, mit der er bis vor einem Jahr den Stadtteil bedient hatte: Er fährt dann im 30-Minuten-Takt von Esslingen kommend in die Eichendorff-, dann in die Mutzenreis-, von dort in die Boßlerstraße, dann auf den Zollernplatz und wieder hinunter zum Bahnhof. Grund: Wegen der Bauarbeiten auf der Zollbergstraße musste der Bus eine Schleife fahren, die über die ohnehin baustellenbedingten Verspätungen hinaus zu weiteren Verzögerungen geführt hatte. Diese Schleife ist bei der alten Streckenführung nicht nötig. Die Fahrzeiten sind auf der Homepage www.sve-es.de abrufbar und an den Haltestellen ausgehängt. Der SVE will zudem anhand der Fahrgastzahlen im vergangenen Jahr überprüfen, ob die gegenläufige Busverbindung überhaupt angenommen worden war. Der Bürgerausschuss hatte damit die Busverbindung innerhalb des Stadtteils stärken wollen .