An der Haltestelle Geriatrisches Zentrum in Kennenburg soll Menschen mit Gehbehinderung der Einstieg in den Bus durch ein Podest erleichtert werden. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Bei der Mobilitätsserie geht es heute um den Esslinger Stadtteil St. Bernhart-Kennenburg-Wiflingshausen. Für die Bewohner des Pflegestifts in Kennenburg könnte es künftig leichter werden, den Bus zu besteigen.

EsslingenWenn in St. Bernhardt, Kennenburg und Wiflingshausen von Verkehrsproblemen die Rede ist, dann sind es eher die Details an einigen Punkten des Esslinger Stadtteils und weniger die großen Sorgen, etwa wegen überregional bedeutsamer Verkehrsströme, wie in vielen anderen Bereichen Esslingens. Gleichwohl hat die zunehmende Mobilität der Menschen auch im eher beschaulichen Stadtteil ihre Auswirkungen, was den Bürgerausschuss ein ums andere Mal beschäftigt. Derzeit ist die Situation etwas außergewöhnlich, weil die Rotenacker- und Kirchackerstraße in St. Bernhardt viel Umleitungsverkehr auffangen müssen, der durch die Baustellen in der Geiselbachstraße und an der Augustinerbrücke entsteht. Nächstes Jahr, wenn die Geiselbachstraße wegen der Kanal und Straßensanierung monatelang gesperrt sein wird, müssen sich Verkehrsteilnehmer und Anwohner lange auf unangenehme Zeiten einrichten. Etwa 16 000 Fahrzeuge sind täglich von den Bauarbeiten an der Ringstraße betroffen und müssen in der Stadt anders verteilt werden.

Bürgerausschussvorsitzender Karl-Heinz Thiel und seine Kollegen Dieter Sturm und Werner Strauss sehen die Sache trotz aller Befürchtungen pragmatisch und sprechen von einer Übergangszeit, wenn auch von einer, die sich hinzieht. Sorgen bereitet ihnen, dass die Rotenacker- und Kirchackerstraße wichtige Zubringer für das Esslinger Klinikum sind. Geht dort nichts mehr, dann stehen auch Einsatzfahrzeuge im Stau. Und was den Hirschlandkopf anbelangt, sind die Stadtteilvertreter der Ansicht, dass dessen Kapazität den Umleitungsverkehr nicht mehr verkraften wird. Überlegungen, dort mit einem großen Kreisverkehr für eine Beschleunigung zu sorgen, scheitern offenkundig an den herrschenden Platz- und Sichtverhältnissen.

Blickt man nach Kennenburg, dann gerät vor allem die Kennenburger Straße in den Blick: Die Straße ist schmal, auf beiden Seiten wird geparkt, und sie ist die Verbindung zum Pflegestift, auf der auch die Busse der Linie 108 unterwegs sind. „Selbst Tempo 30 ist da fast schon zu schnell“, sagt Thiel und denkt an die vielen Schulkinder entlang der Straße, für die es keinen vernünftigen Übergang gebe.

Was ebenfalls fehlt, ist eine Zustiegsmöglichkeit in den Bus, die auf die Situation vieler älterer und gehbehinderter Menschen im Pflegestift Rücksicht nimmt. Allerdings ist man bei diesem Thema auf einem guten Weg. Es gibt Verhandlungen zwischen dem Altenzentrum und der Stadt über einen vergrößerten Wendekreis an der Haltestelle, und damit über die Möglichkeit, dort ein Podest für den ebenerdigen Einstieg zu bauen.

Thiel, Sturm und Strauss sehen aber noch weitere Defizite beim Nahverkehr. Außer am Altenzentrum gibt es in Kennenburg kein einziges Wartehäuschen an den Haltestellen, was sich vor allem am stark frequentierten Halt „Kennenburg“ negativ bemerkbar macht. „Bei schlechtem Wetter hat man da keine Chance“, sagen die Mitglieder des Bürgerausschusses. An den Haltestellen Kirchackerstraße und Eugen-Bolz-Straße in St. Bernhard gibt es zwar Wartehäuschen, doch die seien viel zu schlecht beleuchtet, lautet die Kritik.

Mit der Buslinie 112 geht es durch Wiflingshausen hinauf zum Jägerhaus. In diesem Zusammenhang beschäftigt den Bürgerausschuss schon seit geraumer Zeit ein Thema, weil für ihn feststeht: „Wiflingshausen wird vom Nahverkehr nicht ausreichend bedient, das betrifft vor allem auch Angebote für Kinder, die dort wohnen.“ Die Forderung, mehr Busse auf dieser Linie einzusetzen, oder den Streckenverlauf zu ändern, haben bisher zu keiner Lösung des Problems geführt.

Während der zusätzliche Verkehr für den Stadtteil durch die Baustellen an der Ringstraße tatsächlich eine Beeinträchtigung mit absehbarem Ende ist, zeichnet sich für Karl-Heinz Thiel mit Blick auf die künftige Bebauung der Flandernhöhe ein dauerhaftes Problem ab. Etwa 450 neue Wohnungen entstehen dort, wenn erst einmal die Hochschule in die Weststadt umgezogen und die derzeitigen Hochschulgebäude samt „Akropolis“ abgerissen worden sind. Weitere Neubauvorhaben in der näheren Umgebung sorgen dafür, dass insgesamt etwa 800 Wohnungen neu entstehen. Deren Bewohner fahren mit dem Auto oder mit dem Bus – was für Thiel vor allem die Frage aufwirft, ob sich dieser Zuwachs überhaupt in die Taktzeiten des Busverkehrs integrieren lässt. Und was den Individualverkehr sowie die künftige Parkplatzsituation angeht, hofft der Bürgerausschussvorsitzende auf Konzepte, noch bevor auf der Flandernhöhe neu gebaut wird. Dabei könnte aus seiner Sicht auch der Fahrradverkehr eine wichtige Rolle spielen, mit guten und damit auch sicheren Anbindungen an die Esslinger Innenstadt.

Führen solche Zukunftsszenarien nicht zu der Erkenntnis, dass sich im Mobilitätsverhalten der Menschen dringend etwas ändern muss? „Das Verkehrsverhalten wird noch immer sehr stark von der älteren Generation geprägt“, sagt Werner Strauss. Die Jüngeren hingegen seien schon dabei, sich anders zu orientieren. Und wenn wie auf der Flandernhöhe ein ganz neuer Stadtteil geplant würde, dann müsse die Zukunft schon eingebaut werden und Aspekte wie die E-Mobilität, das autonome Fahren oder auch Konzepte für den Fahrradverkehr berücksichtigen.

Stärken, Schwächen und Statistik

Gute Busanbindungen im Stadtteil mit den Linien 108 und 111. Ein 15-Minuten-Takt für die Linie 111.

Überwiegend Wohngebiete in verhältnismäßig ruhigen Lagen.

Außerhalb des Berufsverkehrs gelangt man mit allen Verkehrsmitteln und auch zu Fuß schnell in die Esslinger Innenstadt.

Nimmt man den benachbarten Ortsteil Hohenkreuz dazu, dann gibt es eine gute Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs im Stadtteil.

Vielfach fehlen Wartehäuschen an den Bushaltestellen.

Die Fahrradwege und auch die Fahrradverbindungen in die Innenstadt sind noch ausbaufähig.

Fahrzeugbestand: Am 1. Januar 2015 waren in St. Bernhardt, Kennenburg und Wiflingshausen 1812 private Personenkraftwagen, 170 Krafträder, 13 gewerbliche PKW, 34 Nutzfahrzeuge und 135 Anhänger registriert. 1. Januar 2016: 1860 Privat-PKW, 179 Krafträder, 15 gewerbliche PKW, 34 Nutzfahrzeuge, 141 Anhänger. 1. Januar 2017: 1862 Privat-PKW, 183 Krafträder, 17 gewerbliche PKW, 38 Nutzfahrzeuge, 143 Anhänger. 1. Januar 2018: 1869 private Personenkraftwagen, 189 Krafträder, 28 gewerbliche PKW, 43 Nutzfahrzeuge, 149 Anhänger.

Kraftstoffart: Zum 1. Januar 2018 waren im Stadtteil St. Bernhardt, Kennenburg und Wiflingshausen 1331 Benziner und 565 Dieselfahrzeuge registriert. Es gab zudem zwei Elektrofahrzeuge und 18 Hybrid-Fahrzeuge. 24 weitere Fahrzeuge fallen in der Statistik unter die Kategorie „Sonstige“.