Der amerikanische Oberst Lewis Bolt gibt die seit 1945 beschlagnahmten Index-Werke zurück. Foto: EZ.-Archiv - EZ.-Archiv

Das Jahr 1954: Westintegration gefestigt – Indochinakrieg zu Ende – Index-Werke zurückgegeben.

EsslingenIm Jahr 1954 verstärkt sich die internationale Blockbildung deutlich, die Trennlinien in Europa werden schärfer. Eine Konferenz der Außenminister der vier Besatzungsmächte über eine Vereinigung Deutschlands endet ohne Ergebnisse. Die Sowjetunion gesteht der DDR Souveränitätsrechte zu und nimmt offizielle diplomatische Beziehungen zu ihr auf. Die Bundesregierung und der Bundestag lehnen die Anerkennung der DDR ab und stellen schließlich den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik für ganz Deutschland fest.

Der Bundestag schafft die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht in der Bundesrepublik. Die Gründung einer in den Vorjahren vorbereiteten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft unter Beteiligung deutschen Militärs kommt nicht zustande, da die französische Nationalversammlung dies ablehnt. Bei einer Konferenz der Westmächte wird daher die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO beraten. Der Beitritt folgt im Jahr 1955, nachdem die Bundesrepublik unter anderem auf den Bau von Atomwaffen verzichtet und Frankreich daraufhin zugestimmt hatte.

Auf vier Konferenzen in Paris werden die Beziehungen zwischen den Staaten der westlichen Gemeinschaft neu geregelt. Der Deutschlandvertrag wird neu gefasst, das Ende des Besatzungsregimes geregelt und Sicherheitsgarantien für West-Berlin bekräftigt. Außerdem wird die Gründung einer Westeuropäischen Union beschlossen. Die globale politische Blockbildung bestimmt auch die Frage des Umgangs der Westmächte mit ihren Kolonien und den dortigen Unabhängigkeitsbewegungen. In Vietnam, der französischen Kolonie Indochina, kämpfen die von China unterstützten Vietminh seit Jahren in einem Guerillakrieg gegen die französischen Truppen. Im Mai wird deren letzte militärische Bastion Dien Bien Phu gestürmt, Frankreich zieht sich in der Folge zurück.

Die Eßlinger Zeitung gibt die Reaktionen der westlichen Regierungen wider, etwa des amerikanischen Präsidenten Eisenhower, der davon spricht, der Einsatz der französischen Truppen in Indochina sei „ein Symbol der Entschlossenheit der freien Welt, sich diktatorischer Aggression zu widersetzen“. Bundeskanzler Konrad Adenauer spricht von einem „Heldenkampf für die gesamte freie Welt“, und der FDP-Politiker Thomas Dehler, bis 1953 Justizminister, sagt, es sei „ein Vorposten der Freiheit gefallen und die rote Flut des Kommunismus vorgedrungen. Dringender denn je steht vor uns die Notwendigkeit der europäischen militärischen Integration“. In Esslingen geben in diesem Jahr die amerikanischen Streitkräfte geben die Index-Werke an der Plochinger Straße, die sie 1945 beschlagnahmt hatten, an die Eigentümer zurück. Für die Eßlinger Zeitung wird damit „ein Schlußstrich unter eine schmerzliche Nachkriegsepoche gezogen“. Einiges an Empörung scheint den Berichterstatter dabei zu bewegen. Es sei nicht nur „eines der bedeutendsten Industriewerke unseres Kreises total demontiert und sämtliche Maschinen, Vorrichtungen, Modelle und Entwürfe in ein anderes Land transportiert worden“. Der Leser möge sich erinnern, dass zudem „in den leer gewordenen Büroräumen lange Zeit die Briefzensur der Besatzungsmacht vorgenommen wurde“. Deren lokale Führung erhält von der Stadt ein gutes Zeugnis. Bei der Übergabe des Werks „dankte der Stadtkämmerer aber Oberst Lewis Bolt, der durch seine objektive Haltung und menschliche Art viel zu einem guten Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und amerikanischer Armee beigetragen habe“ schreibt die Zeitung.