Die Erwartungen des Jazzkeller-Publikums an das Joey Calderazza Trio waren hoch - und wurden voll erfüllt. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Jazzmusik hat in Esslingen derzeit Hochkonjunktur. Nach dem ereignisreichen ersten Wochenende des Jazzfestivals Esslingen startete am Freitagabend mit dem Joey Calderazza Trio die neue Saison im Jazzkeller in der Weberstraße. „Diese Band stand schon lange auf unserer Wunschliste“, freute sich Claudia Leutner, die zusammen mit Barbara Antonin die Jazzkeller-Konzerte managt, dass das international gefragte Ensemble auf einer Europatournee Station in Esslingen machte. Im Jazzkeller war jeder Platz besetzt, und die hohen Erwartungen der Jazzfans wurden nicht enttäuscht. Schließlich hat Joey Calderazza eine eindrucksvolle Visitenkarte vorzuweisen. Nach zunächst klassischer Ausbildung und Engagements im Ensemble der Jazzlegende Michael Brecker spielt er seit Jahrzehnten im derzeit wohl berühmtesten Jazzquartett, dem von Branford Marsalis. In seinem eigenen Trio entfaltet er seit mehr als einem Jahrzehnt volle Kreativität, drückt der Musik seinen eigenen Stempel auf und sucht dabei stets nach neuen musikalischen Wegen.

Fantasievolle Improvisationen

Zu Beginn sorgte der Pianist für Heiterkeit im Publikum. Überraschend schlug er einige Töne von „Stille Nacht, heilige Nacht“ an und ließ daraus ein vielschichtiges Gebäude aus Jazzharmonien wachsen. Bass und Schlagzeug mischten sich ein: Ben Wolfe zupfte die Saiten vehement und der Drummer Donald Edwards gab den Puls vor. Über diesem zuverlässigen Fundament setzte der Pianist zu rasanten Tastenläufen an, ließ die Finger fliegen, spielte sich in einen wahren Rausch hinein. Bei den Bandmitgliedern spürte man die Routine unzähliger Konzerte - jeder Einzelne ist ein hervorragender Musiker. Da spielte es auch keine große Rolle, dass sich die Bassgänge in puncto Intonation nicht immer auf der Idealspur bewegten und sich der recht phonstark agierende Schlagzeuger weniger um differenzierte Klangfarben als um eine perfekt laufende Rhythmusmaschine kümmerte. Entscheidend war das überzeugende Gesamtergebnis: Das Timing stimmte, die Improvisationen waren fantasievoll und die Abstimmung gelang bestens. In einer meditativ gehaltenen Eigenkomposition des Bandchefs sorgten Bass und Drums für einen ostinaten Rhythmus, über dem Calderazza verträumte Melodien ausbreitete - man hörte Jazz in bester kammermusikalischer Manier. Doch schnell war die Zeit der Ruhe vorbei, und das Trio ließ Chorus auf Chorus folgen - von musikalischem Feuer angetrieben und technisch brillant vorgetragen. Die Zuhörer waren begeistert. „Zusammenspiel und Dynamik der Band sind toll“, schwärmte die aus Stuttgart angereiste Annkathrin Müller, und ihr Vater Antoine pflichtete bei: „Die Präzision und die Fantasie der musikalischen Gedanken sind kaum zu überbieten. So rollte die Energielawine des Trios weiter, und als zum Schluss der Irving Berlin-Filmhit „Dancing cheek to cheek“ erklang, gab es stürmischen Applaus.