An den Banden klebt Kunstrasen, das Gelände ist eingezäunt und eingenetzt. Die Stadt hat bereits alles Mögliche versucht, die Konflikte zwischen Anwohnern und Nutzern des Minispielfelds unterhalb der Seewiesenschule zu schlichten. Foto: Weller - Weller

Ebenso lange, wie auf dem DFB-Minispielfeld im Esslinger Norden gekickt wird, schwelen die Konflikte der Nutzer mit den Anwohnern. Jetzt soll der Bolzplatz umziehen.

EsslingenDas Geschenk wurde von den kleinen und größeren Hobbykickern bejubelt, von den Anwohnern aber von Anfang an beschossen: Das Minispielfeld mit Kunstrasen-Belag und grünen Banden unterhalb der Seewiesenschule ist eines von mehr als 1000 seiner Art, die der DFB mit Einnahmen aus der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in den darauf folgenden Jahren übers Land verteilt hat. Jetzt soll es nach rund zehn Jahren umziehen. Ans Schelztor-Gymnasium am Rand des Stadtteils.

„Ein wichtiges Kriterium für die Subvention des Minispielfelds war die Zusage der Betreiber, dass die Plätze täglich für einen möglichst langen Zeitraum zugänglich sind. Deshalb befinden sich viele Mini-Spielfelder auf oder in der Nähe von Schulgeländen. Ziel ist, dass die Plätze intensiv genutzt werden“, beschreibt der Deutsche Fußball-Bund den Sinn seiner damaligen Aktion. Im Esslinger Norden tat sich damit von vorneherein ein Zielkonflikt auf: Scharfe Schüsse auf die Banden donnerten gegen das Ruhebedürfnis der Anwohner in der Kolpingstraße. Noch vor Baubeginn hatten sie gegen den Bauantrag Widerspruch eingelegt. Das Regierungspräsidium hat seine Baugenehmigung dann an die Bedingung geknüpft, dass das Feld werktags nur bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen gar nicht bespielt werden darf.

Die Stadt investierte: Sie ließ das Spielfeld einzäunen, die Banden mit Kunstrasen aufpolstern, organisierte einen ehrenamtlichen, zuletzt sogar einen professioneller Schließdienst. Und man hatte eigentlich den Eindruck, dass Ruhe eingekehrt sei. Doch der Konflikt gärte offenbar weiter, obwohl der Schließdienst laufende Kosten verursachte. Das sagt jedenfalls Burkhard Nolte, Chef des Grünflächenamts. Die Netze, die den Zugang zum Platz zusätzlich sicherten, seien immer wieder aufgeschnitten worden – und mussten auch immer wieder repariert werden. Derzeit klafft im westlichen Tor ein langer Schlitz. Im Sommer seien jedes Wochenende Beschwerde-Mails der Anwohner eingegangen.

Weil der Kunstrasen des 2009 eingeweihten Bolzplatzes mittlerweile in die Jahre gekommen ist, hat sich bei der Verwaltung und offenbar auch bei den Gemeinderäten nach einer Spielplatz-Rundfahrt im Frühjahr der Gedanke zunehmend verfestigt, das Minispielfeld zu verlegen. Der ATU hat bereits einstimmig zugestimmt, auch der Verwaltungsausschuss gab seinen Segen, kurz vor Weihnachten wird der Gemeinderat endgültig darüber befinden: Das Mini-Spielfeld soll ans Schelztor-Gymnasium an die Peripherie des Stadtteils rücken, dessen Außenanlagen ohnehin groß saniert werden. Kosten für die Anlage des kleinen Bolzplatzes am neuen Standort: 100 000 Euro. „Von allen Beteiligten – Seewiesenschule, Schelztor-Gymnasium, Bürgerausschuss, AK Nord und verwaltungsintern“ sei diese Lösung befürwortet worden, schreibt das Grünflächenamt. Auch die Belange der Seewiesenschule, immerhin eine Ganztagsschule mit den Klassenstufen eins bis zehn, würden dabei berücksichtigt. Der Kunstrasen bleibe, wenn auch ohne die Bande, sodass die Möglichkeit „als Gymnastikwiese oder ein Spielen in der großen Pause mit mobilen Toren“ möglich sei.

Damit verbinden die Entscheidungsträger die Hoffnung, dass am neuen Minispielfeld am Schelztor-Gymnasium dann ohne zeitliche Einschränkung gekickt werden kann. Dass der Bolzplatz dann nicht mehr direkt im Herzen des Stadtteils unterhalb der Gemeinschaftsschule und für jüngere Kinder nicht mehr so geschützt liegen wird, wird seitens der Verwaltung nicht als gravierende Einschränkung gesehen. Es seien ja gerade die älteren Jugendlichen gewesen, die gerne abends noch länger gekickt hätten – und für die sei der neue Standort ja kein Problem, so Nolte. Für die Schulkinder werde der Kunstrasen ja erhalten. Nolte: „Was wäre denn eine realistische Alternative?“

SPD-Stadtrat Wolfgang Drexler hält in seiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins Nord und Präsident des Schwäbischen Turnerbunds den Umzug des Minispielfelds aber nur dann für vertretbar, wenn die Stadt noch zu weiteren Maßnahmen greift und beim geplanten Neubau des Feuerwehrmagazins an der Barbarossastraße tatsächlich ein Teil der bisherigen Grünfläche zwischen Barbarossastraße und Krebenwiesenweg zu einem Bolzplatz macht . Drexler: „Und der muss auch groß genug sein.“

Das hat Nolte gegenüber der EZ auch versichert. Hinter dem Feuerwehrneubau solle ein „Kunststofffeld entstehen, auf dem man besser kicken kann als auf der bisherigen Rasenfläche“. Und das solle auch noch größer werden als das DFB-Minispielfeld.

DFB-Minispielfelder

Zielsetzung: Der Deutschen Fußball-Bund (DFB) hatte 2007 beschlossen, durch einzelne Projekte gezielt in die Nachhaltigkeit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zu investieren. Das umfangreichste Projekt war die Bezuschussung von deutschlandweit 1000 Minispielfeldern, wofür er einen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellte „So wie früher, muss der Fußball auch außerhalb des Vereins nah an die Menschen kommen. Fußballspielende Kinder und Jugendliche gehören wieder mehr in das Bild unserer Städte und Dörfer in Deutschland“, so der damalige Präsident Theo Zwanziger beim Start der Aktion.

Vorgaben: Die DFB-Minispielfelder sind etwa 13 auf 20 Meter große Fußball-Kleinspielfelder, die mit Gummigranulat gefülltem Kunstrasen inklusive einer elastischen Tragschicht sowie Banden mit integrierten Toren ausgestattet sind. Der DFB bezahlte alles oberhalb des Bodens. Wer den Zuschlag erhielt, musste den Untergrund richtlinienkonform vorbereiten. Bewerben konnten sich Schulträger und Schulen sowie Sportvereine, die Kooperationen mit Schulen nachweisen konnten. Der DFB hatte gerade auch soziale Brennpunkte im Auge. „Besonders dort, wo es hohe Migrantenzahlen gibt, würden wir gerne bauen“, so Zwanziger.

Es kommentiert: Claudia Bitzer