Im Baugebiet Breite in der Pliensauvorstadt entstehen zahlreiche Wohnungen - doch das wird den Bedarf in Esslingen nicht decken. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Melanie Braun

Wer in Esslingen eine Wohnung oder ein Haus sucht, hat es schwer: Wohnraum ist hier ein knappes Gut. Deshalb hat der Gemeinderat jüngst beschlossen, von September an einen sogenannten Flächenmanager einzustellen. Dieser soll vor allem dafür sorgen, dass Baulücken in der Stadt geschlossen und leer stehende Wohnungen an den Markt gebracht werden. Aber bringt das etwas? Einige andere Kommunen im Land haben bereits Fachleute eingestellt, die für mehr innerörtlichen Wohnraum sorgen sollen. Am Beispiel von drei Städten zeigen wir, welche Erfahrungen damit gesammelt wurden.

Ravensburg: Die ehemalige Reichsstadt in Oberschwaben in der Nähe des Bodensees ist Esslingen in diesem Punkt voraus: Sie hat bereits im April dieses Jahres eine Vollzeitstelle für das Flächenmanagement für Wohnzwecke eingerichtet, die sich zwei Teilzeitkräfte teilen. Das Land Baden-Württemberg bezuschusst die Stelle im Rahmen des Förderprogramms „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ für zwei Jahre mit rund 60 000 Euro. Laut Alfred Oswald, Pressesprecher der Stadt, soll der Fokus der beiden Flächenmanagerinnen zunächst darauf liegen, ein Baulückenkataster zu erstellen und Strategien zu entwickeln, wie die Baulücken für den Wohnungsmarkt aktiviert werden können. Bislang seien die Flächenmanagerinnen noch mit dieser Aufgabe beschäftigt, teilt Oswald mit. Leer stehende Gebäude oder Wohnungen seien hier bislang aber noch kein Thema, man konzentriere sich zunächst auf unbebaute oder nicht vollständig genutzte Grundstücke.

Allerdings sei es nicht ausgeschlossen, dass künftig auch ein Leerstandskataster erstellt werden könnte. Gründe dafür, warum Gebäude leer stehen oder Grundstücke nicht bebaut werden, gebe es in Ravensburg viele, sagt Oswald. So hielten etwa einige Eigentümer unbebaute Grundstücke für ihre Nachkommen zurück oder sicherten Flächen in der Nähe von Betrieben für eventuelle Erweiterungen. Auch Erbstreitigkeiten könnten durchaus dazu führen, dass Areale brachliegen, ebenso gebe es Eigentümer, die ihr Grundstück als Wertanlage betrachteten und deshalb nicht anderweitig nutzten.

Tübingen: Die Unistadt Tübingen hat bereits im März 2015 zwei „Beauftragte für Wohnraum und barrierefreies Bauen“ eingestellt. Julia Hartmann und Axel Burkhardt haben sich zunächst die Stelle geteilt, die direkt beim Baubürgermeister angesiedelt ist. Inzwischen kommen die beiden zusammen auf ein Stellenpensum von 160 Prozent. Das kommt nicht von ungefähr: Die beiden haben einiges zu tun. Der Begriff Flächenmanager greife aber zu kurz, sagen sie. Ihre Aufgaben seien sehr viel breiter angelegt. Tübingen hat zwar 2016 ein Zweckentfremdungsverbot eingeführt, nach dem ein Bußgeld fällig wird, wenn Wohnungen oder Häuser dauerhaft leer stehen. Aber dieses mit zu erarbeiten, sei nur ein kleiner Teil ihrer Arbeit gewesen, sagt Julia Hartmann. „Es geht bei uns um die Frage: Was kann die Stadt tun, um die Wohnraumentwicklung zu steuern?“

Denn - ähnlich wie in Esslingen - ist Wohnraum in Tübingen in den vergangenen Jahren immer knapper und teurer geworden. „Nicht nur Menschen mit ganz geringem Einkommen können sich die Preise kaum noch leisten, sondern auch Menschen bis weit in die Mittelschicht hinein“, sagt Burkhardt. Deshalb arbeiten er und Hartmann schon eine ganze Weile an einem Handlungsprogramm, das verschiedene Strategien zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für alle Einkommensgruppen vereinen soll. Voraussichtlich im kommenden Frühjahr kann dieses laut Hartmann anlaufen.

In einem Workshop mit dem Gemeinderat haben die Wohnraumbeauftragten definiert, an welchen Stellen man ansetzen kann. So will die Stadt unter anderem den Bestand effizienter nutzen, etwa durch den Aufbau eines Wohnungspools für besondere Bedarfe, durch Unterstützung beim Umbau zu barrierefreien Wohnungen, durch die Umnutzung von Ferienwohnungen oder auch durch Mitwohnkonzepte.

Zudem sind bestimmte Regeln auf Wohnbauflächen in städtischem Eigentum anvisiert. So kann man sich etwa vorstellen, stets ein Drittel neuer Flächen für besondere Wohnformen und innovative Projekte zu nutzen sowie ein Drittel für geförderten oder gemeinwohlorientierten Wohnungsbau - das letzte Drittel kann dann dem Markt frei zur Verfügung gestellt werden. Auch Vorgaben für private Grundstücke, auf denen neues Planungsrecht geschaffen wird, sind angedacht - etwa, dass ein Drittel des künftigen Wohnraums aus günstigen Mietwohnungen bestehen muss. Zudem will man ein Beratungsnetzwerk aufbauen, verstärkt über Landesprogramme zum Wohnungsbau informieren sowie ein stadteigenes Förderprogramm für bestimmte Zielgruppen einrichten.

Erste Erfolge sehen die Wohnraumbeauftragten bereits: Allein die Diskussionen über das Thema hätten schon einiges bewirkt, sagt Hartmann: „Wir bekommen mit, dass es mehr Bewegung auf dem Markt gibt.“ Genau diese Wirkung wünsche man sich - auch etwa vom Zweckentfremdungsverbot: „Unser Ziel ist es schließlich nicht, Bußgelder zu verhängen.“

Ulm: In der 120 000-Einwohnerstadt am Rande der Schwäbischen Alb hat man ebenfalls die Landesförderung genutzt, um einen Flächenmanager einzustellen. Allerdings sei der Zuschuss von 50 000 Euro über drei Jahre nicht ausschlaggebend für die Einrichtung der Stelle vor anderthalb Jahren gewesen, sagt Ulrich Willmann, Leiter der Abteilung Stadtplanung, Umwelt und Baurecht in Ulm. Im Prinzip könne man auch nicht von einem Flächenmanager sprechen: Die Flächen seien nicht das Problem, die könne man nachweisen - und Leerstände gebe es in Ulm so gut wie nicht. Ziel sei es vielmehr, neuen Wohnraum auf den freien Flächen zu generieren.

Angesichts des Wohnungsmangels habe man beschlossen, künftig mit 700 Wohnungen im Jahr doppelt so viele zu bauen wie bisher - der neue Stadtplaner solle vor allem Konzepte dafür entwickeln. Zudem gehe es darum, in den ländlichen Stadtteilen Lösungen für landwirtschaftliche Hofflächen zu finden, die nicht mehr als solche genutzt werden. Der Flächenmanager solle zwar auch auf Baulücken hinweisen und Innenverdichtung anstreben: „Aber da kommt bei uns sicher nicht so viel.

Landesprogramm „flächen gewinnen durch innenentwicklung“

Programm: Das Land Baden-Württemberg hat ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem Konzepte und Planungen finanziell unterstützt werden sollen, die einen effizienteren Umgang mit innerörtlichen Flächen beinhalten. Das Land will damit dazu beitragen, dass die Innenentwicklung in den Kommunen vorangetrieben wird - dass also Baulücken im Ort geschlossen werden statt außerhalb neue Baugebiete zu erschließen. Dabei soll vor allem der Wohnungsbau im Fokus stehen, der Schwerpunkt dabei liegt auf der Mobilisierung innerörtlicher Flächen für bezahlbaren Wohnraum. Denn diese seien besonders geeignet, um das Zusammenleben und die Integration der Menschen in den Städten und Gemeinden zu erleichtern, argumentiert das Land.

Förderung: Zuschüsse gibt es im Rahmen des Programms unter anderem für unmittelbar umsetzbare städtebauliche Planungen, aber auch für externe Planungs- und Beratungsleistungen. Außerdem kann der Einsatz eines kommunalen Flächenmanagers gefördert werden, der als Unterstützung der Verwaltung Prozesse der Innenentwicklung für Wohnzwecke aktiv begleitet und vorantreibt.

Beschluss: Im Rahmen der Haushaltsberatungen hat der Gemeinderat beschlossen, ab September 2018 eine neue Stelle für aktives Wohnraum- und Flächenmanagement zu schaffen.