Stadtförster Ingo Hanak zeigt, wie sich durch bestimmte Pflanzverfahren Schätze im Boden wirksam vor Zerstörung bewahren lassen. Fotos: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Viele schätzen den Wald als einen Ort der Ruhe und Erholung. Flora und Fauna können dort gedeihen, für manche ist er ein Wirtschaftsfaktor. Dass in Wäldern wertvolle Schätze schlummern können, könnte man leichtfertig ins Reich der Märchen verweisen. Denkmalschützer wissen es besser, denn der Wald bietet sehr gute Voraussetzungen für den Schutz von archäologischen Denkmalen. Vieles, was dort im Boden verborgen ist, hat oft Jahrhunderte oder noch länger überdauert. Doch gerade für Bodendenkmale, die unbemerkt unter der Erdoberfläche liegen, kann die Forstwirtschaft zur Gefahr werden. Denn was nicht bekannt ist, kann auch nicht geschützt werden. Deshalb arbeiten Forstwirtschaft und Denkmalschutz seit einiger Zeit verstärkt zusammen. Gemeinsam will man den richtigen Weg finden, damit der Wald so bewirtschaftet wird, dass Denkmale möglichst wenig beeinträchtigt werden. Dass das sehr gut funktionieren kann, zeigt sich am Esslinger Jägerhaus: Dort finden sich im Gewann Burgstall eine mehr als 2000 Jahre alte keltische Viereckschanze und gleich daneben eine Grabhügelgruppe, die es zu bewahren gilt. Dass sich das bewährt, beweisen Stadtförster Ingo Hanak und seine Mitarbeiter, die mit Denkmalschützern ein Konzept zur schonenden Waldbewirtschaftung entwickelt haben.

Gute Erfahrungen im „Burgstall“

Für Burkhard Nolte, den Leiter des Grünflächenamtes, gibt es dazu keine Alternative: „Für eine so geschichtsträchtige und von mittelalterlichen Bauwerken geprägte Stadt wie Esslingen muss es selbstverständlich sein, beim Denkmalschutz nicht nur an die historische Altstadt zu denken.“ Da die Stadt seit 2009 über eine Denkmaltopographie für die gesamte Markung verfügt, könne man Besiedelungsspuren aus der Esslinger Vorgeschichte auch in den Randbereichen besser schützen. Nolte weiß nur zu gut, dass sich Denkmalschutz nicht in wohlfeilen Reden, sondern in der alltäglichen Praxis beweist. Und mit Ingo Hanak hat er einen Stadtförster, dem dieser Gedanke sehr am Herzen liegt. Ganz besonders zeigt sich das im Bereich der keltischen Viereckschanze.

Schon in den 20er-Jahren, als Teile der Anlage ausgegraben wurden, gab es im Gewann Burgstall große Waldbestände. Stürme haben die Viereckschanze seither wiederholt beschädigt, weil umstürzende Bäume mit ihren Wurzeln auch historische Überbleibsel aus dem Boden gerissen haben. Eine weitere Gefahr für dieses archäologische Denkmal ging von schweren Forstmaschinen aus, die ihre Spuren auf den Rückegassen hinterlassen haben. „Die meisten Befahrungsschäden waren aber nicht auf mangelnde Sorgfalt bei der Waldpflege, sondern auf Unkenntnis über die tatsächliche Lage vieler archäologischer Kulturdenkmale zurückzuführen - besonders bei der Beseitigung von Orkanschäden“, betont die Forstverwaltung.

Um Schäden an Bodendenkmalen vorzubeugen, gibt es vielfältige Möglichkeiten. So hat die Stadt Esslingen vor zwei Jahren in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt windwurfgefährdete Bäume auf der Viereckschanze und an der benachbarten Hügelgrabgruppe gefällt und durch standfestere Gewächse ersetzt. Die Setzlinge wurden mit einem speziellen Verfahren, das den Boden nur minimal aufreißt, gepflanzt. Problematische Rückegassen, die für den Transport gefällter Bäume gebraucht werden, wurden aufgegeben oder in weniger kritische Bereiche verlegt. Damit beim Holzfällen möglichst wenig schweres Gerät eingesetzt werden muss, das durch sein Gewicht im Boden verborgene Relikte aus früheren Zeiten beschädigen könnte, setzt die Esslinger Forstverwaltung Rückepferde ein, die gefällte Baumstämme aus den gefährdeten Bereichen ziehen. Und durch eine gezielte Beschilderung, wie sie im Burgstall mit Unterstützung durch den Schwäbischen Albverein Esslingen angebracht wurde, lässt sich die Aufmerksamkeit von Spaziergängern auf Bodendenkmale lenken - nicht nur um des historischen Interesses willen: „Immer wieder beobachten wir selbst ernannte Schatzsucher, die mit Metallsonden im Bereich der Bodendenkmale unerlaubt nach historischen Funden suchen. Wenn andere Waldbesucher wissen, dass diese Bereiche geschützt sind, kann das manchen davon abhalten, unerlaubt zu graben“, sagt Landesarchäologe Professor Dirk Krausse.

Für Krausse ist die Esslinger Viereckschanze ein perfektes Beispiel dafür, „wie gut Bodendenkmale im Schutz des Waldes konserviert werden, wenn nachhaltige und vorsichtige Wald-Bewirtschaftungsmethoden zum Einsatz kommen“. Deshalb will Felix Reining, Geschäftsführer des Landesbetriebs Forst BW, in diesem Bemühen nicht nachlassen: „Denkmalpflege ist uns ein großes Anliegen. Der Wald birgt viele Schätze, die es zu bewahren gilt. Doch wir können nur schützen, was wir auch kennen. Deshalb ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Forstmitarbeitern und Denkmalschützern so wichtig.“

Ein Merkblatt hilft beim Denkmalschutz im Wald

Idee: Gerade in Wäldern finden sich häufig archäologische Schätze aus vergangenen Zeiten. Um Waldbesitzer und deren Forstmitarbeiter besser zu sensibilisieren und auf die vielfältigen Möglichkeiten einer denkmalschonenden Waldbewirtschaftung aufmerksam zu machen, hat der Landesbetrieb Forst BW zusammen mit dem Landesdenkmalamt ein Merkblatt aufgelegt.

Publikation: Kurz und prägnant fasst die neue Publikation die rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen und zeigt, dass Denkmalschutz im Wald kein Entgegenkommen der Waldbesitzer ist, sondern deren Pflicht. Der Leser erfährt, was man unter Kulturdenkmalen versteht und welche Aufgabe der Denkmalschutz hat. Anhand von Beispielen wird in Wort und Bild gezeigt, wie man Denkmale im Wald erkennt - auch solche, die im Boden verborgen liegen. Und es gibt Hinweise, wie sich Denkmale im Wald schützen lassen - etwa durch vorsichtige Bewirtschaftung, bewusste Planung beim Bau von Wegen, Jagd- und Freizeiteinrichtungen oder gezielte Beschilderung, die den Wert bestimmter Denkmale ins Bewusstsein rückt. Und schließlich zeigt das Merkblatt, dass man im Zweifelsfall lieber zu früh als zu spät die Denkmalexperten zu Rate ziehen sollte - entsprechende Kontaktdaten finden sich ebenfalls in der kleinen Broschüre.

Information: Das Merkblatt „Denkmale im Wald: Erkennen und schützen“ gibt es in gedruckter Form beim Landesbetrieb Forst BW oder im Internet unter www.forstbw.de