Vom 6. bis 12. August findet auf dem Marktplatz der "Esslinger Sommer" statt

 Foto: Bulgrin/Hauenschild

Das Zwiebelfest und sein Ende scheiden weiter die Geister in Esslingen, zeigt sich beim EZ-Leserstammtisch. Die einen loben das Traditionsfest, die anderen finden mehr als harsche Worte.

EsslingenWelches Thema? Der VfB? Die Runde, die sich am Montag um Punkt 12 Uhr unter weißen Zeltdächern beim „Kielmeyer“ eingefunden hat, winkt ab. Rasch herrscht Einigkeit. Man will noch einmal über das verblichene Zwiebelfest diskutieren. Und natürlich auch über die Geschehnisse, die zum Ableben der jahrzehntelang ausgerichteten Festivität im Herzen der Stadt geführt haben.

Weil auch Thomas Kielmeyer zugegen ist, muss man sich um eine lebhafte Debatte nicht sorgen. Kielmeyer ist Architekt und Marktplatz-Wirt, eine ebenso scharfzüngiges wie streitbares Esslinger Original. Um Objektivität schert er sich nicht – warum auch, er gehört ja zu denen, die für zwei Jahre das Erbe der früheren Zwiebelfest-Wirte übernommen und das „Sommerfest“ auf die Beine gestellt haben. „Ich bin bekennender Zwiebelfesthasser“, so führt er sich am Stammtisch ein, um sogleich in seinem Stakkato-Schwäbisch die Gründe dafür zu nennen: „Das Zwiebelfest hat sich am Marktplatz immer mehr abgeschottet. Es hat im Laufe der Jahre seinen Charme verloren. Die Wirte haben sich nicht mehr wie Gäste auf dem Marktplatz verhalten, sondern wie Herren. In meinen Augen war das eine absolute Katastrophe.“

Das sitzt. Willi Paradeiser, ein Bayer, der seit über 40 Jahren in Esslingen lebt, pflichtet Kielmeyer bei. „Früher war das wirklich ein schönes Fest. Doch seit Jahren ging es damit abwärts, nicht anders als das Stuttgarter Weindorf. Am Ende war das Zwiebelfest nur noch eine Geldmaschine.“ Hans Eger nickt. Er sagt: „Die Wirte haben gemacht, was ihnen gerade so eingefallen ist.“ Die Runde stimmt darin überein, dass das Zeltdorf im Esslinger Zentrum heller, freundlicher und offener wirkt als die dunklen Holzlauben der Vergangenheit.

Allein, die Gegenrede lässt nicht lange auf sich warten. „Aus Sicht der Gäste frage ich mich: Was ist jetzt groß anders?“, wirft Thomas Lutz ein, der ein Totenkopf-Shirt mit dem Schriftzug „St. Pauli“ trägt. „Man geht auf den Marktplatz, um Freunde zu treffen und mit ihnen zu essen und zu trinken und zu schwätzen. Ob das beim Zwiebelfest ist oder beim Sommerfest, spielt keine Rolle.“ Seine Frau Brigitte springt ihm bei. Sie sagt: „Wir haben uns beim Zwiebelfest immer wohl gefühlt. Dass sich der Streit dahinter so hochgeschaukelt hat, haben wir nur in der Eßlinger Zeitung gelesen. Das war aufgebauscht. Tangiert hat uns das eigentlich nicht.“

Auch die Esslingerin Danny Wasel erzählt, dass sei bei ihren Besuchen auf dem Zwiebelfest in den letzten Jahren keine schlechten Erfahrungen gemacht habe. Daher sind alle gespannt, was die Stadtverwaltung anders und besser machen will, wenn sie in zwei Jahren ein neues Fest auf die Beine stellt.

Eines aber dürfte gewiss sein: Der Name wird sich ändern. Den Begriff „Zwiebelfest“ haben sich die früheren Wirte schützen lassen – was in der Runde bedauert wird. „So ein schöner und origineller Name für ein Esslinger Fest!“, sagt Brigitte Lutz. Und Danny Wasel wirft ein: „Ein Sommerfest veranstaltet doch jeder Verein.“

Dann schwappt die Debatte auf ein anderes Thema über: den Zustand des Marktplatzes. „Den Platz könnte man viel schöner machen“, sagt Thomas Lutz. Mit dem dunklen Teerbelag wirke er eintönig. Rasch einigt sich die Runde darauf, dass die Autos raus müssen. Die Stadt habe es verpennt, ein entsprechendes Konzept und die dafür nötigen Parkplätze an der Peripherie zu schaffen. „Dafür bräuchte es eine Verkehrsplanung“, so Hans Eger. „Aber die gibt es bekanntlich in Esslingen nicht. In der Stadtverwaltung wissen sie gar nicht, wie man dieses Wort schreibt.“ Breite Zustimmung in der Runde.

Am Ende kommt die Rede am Leserstammtisch doch noch einmal auf das Zwiebelfest. Ein einziges Mal, so der Denkendorfer Eduard Böpple, habe er bei dem Fest wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. In einer Laube habe man ihm „eiskalten Kartoffelsalat“ vorgesetzt, erinnert er sich. Die Runde ist entsetzt. Wirklich? Kalten Kartoffelsalat? In einer schwäbischen Stadt?

„Ja“, sagt Böpple. „Die Laube habe ich nie wieder betreten.“