Feuerschein und Abendrot: Beim Fackellauf waren das Licht und die Aussicht in diesem Jahr besonders schön. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Claudia Bitzer

Die Flüchtlingszahlen gehen zurück - doch die Versorgung der Menschen vor Ort mit adäquatem Wohnraum bleibt eine Herausforderung. Die Stadt Esslingen kann in diesem Jahr zwar ihr Soll sowohl in der vorläufigen als auch in der Anschlussunterbringung erfüllen. Das haben jedenfalls ihre Rechnungen ergeben. Erleichternd ist dabei die Tatsache, dass der Kreis mittlerweile fürs laufende Jahr nur noch mit 310 statt 523 Flüchtlingen rechnet, die nach ihrem Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft auf dem Esslinger Wohnungsmarkt versorgt werden müssen. Da im nächsten Jahr jedoch die neue Wohnsitzauflage greift und die Flüchtlinge sich ihren künftigen Wohnort nicht mehr ohne weiteres frei wählen können, kalkuliert das Landratsamt 2017 wieder mit rund 520 Flüchtlingen, für die Esslingen in der Anschlussunterbringung verantwortlich ist. Die Stadt rechnet dazuhin mit weiteren 130 Menschen, die im Zuge der Familienzusammenführung nach Esslingen kommen. Somit bleibt die Situation vor allem in der Anschlussunterbringung angespannt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Viertel der Betroffenen alleine eine Wohnung findet, „fehlen uns für mindestens 280 Flüchtlinge und ihre Familien im kommenden Jahr noch Wohnungen“, betont der städtische Sozialamtsleiter Christian Bergmann.

Ja zur Römer-, Nein zur Dornierstraße

Das geht aus dem Bericht hervor, den die Esslinger Sozialverwaltung gestern in den zuständigen Gemeinderatsauschuss eingebracht hat. Insgesamt 775 Menschen leben derzeit in den vorläufigen Unterkünften in Esslingen, 920 Plätze stehen zur Verfügung - dabei sind die zusätzlichen Container in der Weststadt, in die am heutigen Donnerstag die Flüchtlinge aus der Sporthalle Zell einziehen, mit 126 Plätzen noch gar nicht eingerechnet. Da das ausgerechnete Soll 2016 für Esslingen in der vorläufigen Unterbringung bei 922 Plätzen liegt, wäre die Quote aus Esslinger Sicht sogar übererfüllt.

Bis Ende nächsten Jahres muss die Stadt rund 1300 Plätze in der vorläufigen Unterbringung zur Verfügung stellen. Dafür reichen aus ihrer Sicht die besagte Erweiterung des Westcamps und die geplanten Standorte im Bernhard-Denzel-Weg und an der Römerstraße aus. Für letzteren Standort liegt bereits eine Baugenehmigung vor, zudem gibt es dort ein breites Netzwerk von CVJM und Sportvereinen, so dass die Stadt wenig Verständnis dafür hätte, wenn sich der Landkreis - wie er auch schon einmal hatte anklingen lassen - von diesem Standort verabschieden wollte. Stattdessen will sie den anvisierten Notstandort im Sirnauer Gewerbegebiet Dornierstraße wieder aus dem Angebot nehmen.

Für das laufende Jahr geht der Landkreis wie gesagt nur noch von 310 Menschen aus, die von einer vorläufigen Unterkunft in die Anschlussunterbringung der Stadt Esslingen wechseln. 256 Flüchtlinge sind der Stadt zum Stichtag 8. November zugewiesen worden. Ein Viertel davon hat selbst eine Wohnung gefunden, der Großteil musste jedoch in Obdachlosenunterkünften unterkommen. Da weitere 78 Plätze in der Planung sind, geht die Stadt davon aus, sogar mit 50 Plätzen über der Quote zu liegen.

Da der Kreis im kommenden Jahr aber wieder von rund 520 Menschen ausgeht, die Esslingen in der Anschlussunterbringung versorgen muss, kann von Entspannung keine Rede sein. Dazu addieren sich nicht nur die nachreisenden Familienmitglieder. Sondern es stehen auch noch etwa 550 Menschen in der städtischen Notfallkartei, die auch mit preisgünstigem Wohnraum versorgt werden müssen. Die Stadt wird deshalb weiterhin Wohnungen anmieten. Sie will zudem 200 Plätze in der vorläufigen Unterbringung in Plätze für die Anschlussunterbringung umwandeln.

Wichtige Säulen für die Anschlussunterbringung sind die vier Hoffnungshäuser, die die Stiftung Hoffnungsträger in Berkheim und in der Flandernstraße bauen will beziehungsweise baut. Insgesamt 102 Menschen auf der Flucht sollen dort gemeinsam mit einheimischen Familien unter der Regie des CVJM und einer eigens für sie eingestellten Fachkraft ein Dach über dem Kopf finden. Allerdings gibt es gegen alle vier Hoffnungshäuser Widersprüche von Anwohnern gegen die Baugenehmigung, in drei Fällen muss das Gericht den Sachverhalt klären, im Fall Flandernstraße das Regierungspräsidium.

Weiterhin sollen bis zu 100 Menschen in dem Gebäudeensemble der Freien Evangelischen Schule in der Mettinger Obertürkheimer Straße 62 ein Dach über dem Kopf finden. Auf 1600 Quadratmetern entstehen 22 Wohnungen. Sie sind so konzipiert, dass sie sowohl für Einzelpersonen als auch für Familien geeignet sind. Im Haus ist zudem ein Raum für eine soziale Beratung vorgesehen.

22 Plätze wird die Stadt im kommenden Jahr über die Städtischen Gebäude Esslingen, die Esslinger Wohnungsbau und private Vermieter zur Verfügung stellen können. Unterm Strich gesehen fehlen jedoch noch 370 Plätze, um der Quote und dem Familiennachzug 2017 in der Anschlussunterbringung zu entsprechen.

Kritik am Betreuungsschlüssel

„Jedes Mal, wenn wir an einem möglichen Standort eine Informationsveranstaltung machen, werden wir auch nach der sozialen Betreuung der Flüchtlinge gefragt“, heißt es im Rathaus. Die Stadt Esslingen hält den vom Kreis angekündigten Schlüssel von einem Betreuer für 250 Menschen in der Anschlussunterbringung nur dann für akzeptabel, wenn sie Gestaltungsspielraum bekommt.

Sozialbürgermeister Markus Raab plädiert für ein zeitlich gestaffeltes System, das im ersten Jahr einen Betreuer für 100 Flüchtlinge vorsieht und jedes Jahr um einen 100er-Schritt anwächst. So käme dann im vierten Jahr nur noch ein Betreuer auf 400 Flüchtlinge, womit man im Schnitt am Ende wieder auf den Kreis-Schlüssel von eins zu 250 käme.

Esslinger Zahlen in der Vorläufigen Unterbringung

920 Plätze in der sogenannten vorläufigen Unterbringung (Zahlenstand vom 8. November 2016) kann die Stadt dem Landkreis anbieten, 775 Menschen leben in Not- und Gemeinschaftsunterkünften oder einzelnen Wohnungen in Esslingen. Sie verteilen sich wie folgt (in Klammer die Zahl der dort möglichen Plätze):

Notunterkunft Weststadt: 83 (99)

Innenstadt, Rennstraße: 110 (111)

Oberesslingen, Katzenacker: 95 (99)

Weil, Klosterallee: 97 (99)

Zell, Robert-Koch-Straße: 103 (101)

Notunterkunft Zeller Sporthalle: 102 (134). Die Halle wird am heutigen Donnerstag geräumt, die Menschen ziehen in die erweiterte Unterkunft in der Weststadt.

Sulzgries, Kornhalde: 55 (91)

Einzelne Wohnungen oder Gebäude: 130 (186)

Geplant sind neben der heute vollzogenen Westcamp-Erweiterung um 126 Plätze im kommenden Jahr eine Unterkunft für 91 Menschen im Bernhard-Denzel-Weg und für 300 Menschen an der Römerstraße. Die Stadt will den Standort Dornierstraße nicht mehr zur Verfügung stellen.