In welche Zukunft fahren die Rexer-Busse? Das Insolvenzverfahren hat zum Ziel, das Unternehmen und damit auch die Verkehrsleistung weiterzuführen. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Trotz des eingeleiteten vorläufigen Insolvenzverfahrens sind die Rexer-Busse im Esslinger Stadtgebiet wie gewohnt unterwegs. Ob das so bleibt, wird sich erst herausstellen.

EsslingenNoch am Dienstagabend schien die Esslinger Nahverkehrswelt in Ordnung zu sein, als es während eines Pressetermins mit Oberbürgermeister Jürgen Zieger und dem für den öffentlichen Verkehr zuständigen Dezernenten Ingo Rust auch um das Thema Stadtbusse ging. Bei dieser Gelegenheit wurde durchaus mit einer gewissen Erleichterung festgestellt, dass das Calwer Busunternehmen mittlerweile auf einem guten Weg sei und große Anlaufschwierigkeiten weitgehend überwunden habe. Um so heftiger schlug dann die Nachricht ins Kontor, wonach sich die Firma Rexer, die in Esslingen seit einem Jahr ein Drittel des Stadtverkehrs betreibt, in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befindet. Wenn man der Entwicklung überhaupt einen positiven Aspekt abgewinnen kann, dann den: „Alles läuft weiter wie zu normalen Zeiten“, teilt Vanessa Herzog von der PR-Firma Relatio im Auftrag von Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli mit.

Auch Andreas Clemens, Kaufmännischer Werksleiter des Städtischen Verkehrsbetriebs Esslingen (SVE), ist bemüht, nun keine Panik aufkommen zu lassen: „Die Sache klingt dramatischer, als sie wohl tatsächlich ist. Es geht hier um einen ganz normalen wirtschaftlichen Akt mit dem Ziel, die Firma und damit alle Verträge fortzuführen.“ Das sei ein üblicher Prozess, niemand habe eine Notbremse gezogen. Clemens geht es nun vor allem darum, dass der Busverkehr in der Stadt reibungslos funktioniert. Doch was ist, wenn der schlimmste Fall eintritt und Rexer nicht mehr zu retten ist? Für Clemens ist das zunächst einmal Kaffeesatzleserei, aber dann müsse die Verkehrsleistung eben neu ausgeschrieben werden.

Rexer fährt seit dem 1. Juli 2018 im Auftrag des SVE und der Wechsel von den langjährigen Lizenznehmern Fischle, Schlienz und Schefenacker zum Calwer Unternehmen hat reichlich Ärger ausgelöst. Vorwürfe, wonach die Stadt auf eine billige Lösung ausgewesen war, ließen sich freilich nicht halten. Denn nach einer EU-Verordnung müssen die Verkehrsleistungen in einem offenen Vergabeverfahren ausgeschrieben werden, um den Wettbewerb zu stärken. Deutlich handfester waren da schon die Beschwerden vieler Fahrgäste, die Fahrer der Rexer-Busse sprächen nur sehr schlecht deutsch, seien unfreundlich, ortsunkundig und die Busse kämen laufend zu spät. Schließlich sah sich Bürgermeister Ingo Rust gezwungen, mit Vertragsstrafen zu drohen, sollte Rexer die Probleme nicht in den Griff bekommen. Noch heute gibt es gelegentlich Wackler, doch insgesamt erkennt der Bürgermeister deutliche Fortschritte.

Neuer Ärger kam im vergangenen Februar auf, als das Esslinger Konkurrenzunternehmen Fischle & Schlienz den Vorwurf äußerte, der Calwer Betrieb verstoße gegen den als bindend vorgeschriebenen Tarifvertrag des Verbandes Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO). Arbeitsverträge der Firma Rexer für Arbeitnehmer enthielten erheblich schlechtere Regelungen als im Manteltarifvertrag Baden-Württemberg für die Branche vereinbart, hieß es. Auch die Gewerkschaft Verdi nahm sich des Themas an und erkennt immer wieder ein Problem, wenn es um die Tariftreue in privaten Busunternehmen geht. Rexer hat alle geäußerten Anschuldigungen entschieden zurückgewiesen. Derzeit ist die Stadtverwaltung am Zuge und lässt alle Verträge und Vorwürfe juristisch prüfen. „Ein kompliziertes und langwieriges Verfahren“, betont Ingo Rust, weshalb es auch bis heute noch kein abschließendes Ergebnis gibt.

Für Diskussionsstoff und Kritik sorgt auch die Tatsache, dass die Rexer-Busse jeden Tag leer von Schlierbach nach Esslingen und wieder zurück fahren müssen, weil sich dort der Betriebshof befindet. Der Versuch, das Problem auf dem Esslinger Betriebshof der Firma Schefenacker zu lösen, war aus naheliegenden Gründen erfolglos. Ansonsten fehlt es in der Stadt schlicht an Gewerbeflächen, die für einen Betriebshof geeignet wären.

Die jüngste Entwicklung kommt für die Stadt auch aus einem anderen Grund zur Unzeit. Zusammen mit dem Gemeinderat verfolgt sie ehrgeizige Pläne, den Anteil des öffentlichen Nahverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen deutlich auszubauen. Dabei geht es auch um eine weitere Elektrifizierung, um neue Fahrzeuge und gesonderte Busspuren.

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