Wenn nötig, wird beim Bouleturnier auf dem Zollernplatz genau nachgemessen: von links Organisator Wolfgang Schiegg vom Bürgerausschuss mit seinen Mitspielern Georg, Ingrid, Heidi und Paul Foto: Dietrich - Dietrich

Vor ein paar Jahren hat die Stadt den Zollernplatz umgebaut – dennoch wirkt er noch ziemlich kahl. Doch jeden zweiten Samstag rollt dort die Kugel. Und zwar richtig.

EsslingenWaren die vier Sandflächen mit Steinumrandung mitten auf dem Zollernplatz von der Stadt von Anfang an zum Boulespielen gedacht? Oder sind sie nur ganz zufällig so wunderbar dafür geeignet? Dazu gibt es im Bürgerausschuss Zollberg verschiedene Theorien. Jedenfalls stand für Wolfgang Schiegg vom Bürgerausschuss nach einem Frankreichurlaub vor drei oder vier Jahren fest: Boulespiel wäre doch eine gute Möglichkeit, den Zollernplatz zu beleben. Am schönsten fände er es ja, wenn dort jeden Tag gespielt würde, sich Menschen einfach spontan dazu treffen. Aber so gibt es zumindest die Treffen zum Turnier, samstags alle 14 Tage um 14 Uhr, das nächste Mal am 18. Mai.

Zu Beginn kam Roland Steeb, ein Freund vom Bouleclub Esslingen, um auf dem Zollernplatz die Regeln zu erklären. „Wir haben einen Parcours aufgebaut und die Würfe geübt“, erinnert sich Schiegg an den Beginn der Bürgerausschuss-Initiative. Der feste Spielerstamm zählt aktuell acht Leute, die außer bei Urlaub oder Krankheit immer da sind. Edith ist gerade wegen einem Oberschenkelhalsbruchs ausgefallen. Auch Wilhelm, Ottmar und der 86-jährige Rolf sind heute ausnahmsweise nicht dabei ¬– aber Ingrid, Heidi, Paul und Georg. Alle Spieler sind per Du und wollen auch nur mit ihrem Vornamen in die Zeitung, so finden sie es passend.

Bis zu 15 Leute kommen zum Turnier

An Spitzentagen kommen bis zu 15 Leute zum Turnier. Dann wird auf mehreren Bahnen parallel gespielt, als Doublette zwei gegen zwei. Oder als Triplette drei gegen drei. Immer gilt: Wer zuerst 13 Punkte erreicht hat, hat gewonnen. Neue Mitspieler finden ganz unkompliziert zum Turnier. Georg kam eines Tages mit dem Fahrrad vorbei und sah die Boulespieler. „Am nächsten Samstag kam ich dazu“, sagt er. Auch diesmal schaut ein junger Mann sehr interessiert zu. Nur Mut, die Frage „Darf ich mitspielen?“ ist nicht nur für Kinder geeignet, das dürfen auch Erwachsene sagen. Mitbringen muss man nichts, die Boulespieler haben immer ein paar extra Kugeln dabei. Georg schlägt sogar vor, eine stationäre Box zu installieren, in der ständig einige Kugeln auf Spieler warten.

Paul hat seine eigenen Kugeln. „Fast zehn Jahre habe ich sie im Auto mitgenommen, mein Sohn wohnt in Frankreich, aber ich habe nie gespielt“, sagt er. Doch nun kommt er auf den Zollernplatz. Dieses Jahr war die Winterpause, die Ende November 2018 begonnen hatte, schon im März zu Ende, seitdem wird wieder gespielt. Dass die Fläche leicht abschüssig ist, muss der Spieler beim Wurf einkalkulieren. Doch wie weit die Kugel am Ende noch zur Seite rollt, lässt sich vorher nie mit Sicherheit sagen. „Ich muss mal wieder kehren, damit man die Begrenzungen gut sieht“, meint Wolfgang Schiegg. Diesmal hat seine Zeit nur zum Müllaufsammeln gereicht. Dafür hat er von „ES putzt“ eine Grundausstattung mit zwei Zangen, Säcken und Handschuhen bekommen. Schiegg freut sich, dass der Zollernplatz nun auch durch eine alte Telefonzelle zum Büchertauschen belebt wird: „Das organisiert Familie Schleth.“

Nicht der verbissene Kampf um den Sieg steht im Vordergrund, sondern die Freude am Spiel. „Ich mag die Bewegung an der frischen Luft mit Gesellschaft“, sagt Paul. Auch Wolfgang Schiegg spricht von „Geselligkeit und Spaß“. Man könne Boule ohne großes Vorwissen spielen, aber es erfordere auch Konzentration. Es gebe keine Altersgrenze. „Wer sich nicht mehr bücken möchte oder kann, kann die Kugel mit einem Magneten anheben.“

Machen wir die Probe aufs Exempel und spielen eine Runde mit. Es stellt sich heraus, dass der EZ-Reporter des Öfteren seine Kugel ziemlich nahe an das Schweinchen, also die kleine Kugel, platzieren kann – obwohl Werfen nie seine Stärke war und er im Boulespiel keinerlei Übung hat. Dann sollte man doch meinen, das kann im Prinzip jeder. Wer mit dem Punktezählen nicht vertraut ist, lässt einfach die anderen zählen. Sein Augenmaß kann er trotzdem trainieren: Ist diese oder jene Kugel näher dran am Schweinchen? Wenn nötig, wird nachgemessen, von der Mitte der jeweiligen Kugel bis zum Rand des Schweinchens. Eines wird schnell klar, der Blick von der Wurfstelle aus täuscht gewaltig, für ein exaktes Urteil muss der Spieler nach vorne gehen und direkt von oben schauen.

Dann schlägt die fröhliche Runde noch eine echte Herausforderung vor: Esslingen könne doch einmal seine französische Partnerstadt Vienne zu einem Bouleturnier einladen. Bis dahin kann ja etwas Übung nichts schaden, denn wer blamiert sich schon gerne freiwillig? Völkerverbindend wäre so ein internationales Bouleturnier auf jeden Fall, völlig egal, wer es gewinnt.