Ute Kurz vom Bürgerausschuss mit Geiger Martin Schnabel, der den Warentauschtag musikalisch umrahmt hat. Foto: Weber-Obrock - Weber-Obrock

Vom Brottopf bis zur Fahrradpumpe: Beim Warentauschtag in Hohenkreuz konnte jeder bringen, was daheim den Schrank verstopfte, und nach Herzenlust mitnehmen, was er wollte.

EsslingenManchmal erscheint einem die Glücksfee als Besitzerin einer Fahrradpumpe. „Ich war gerade dabei, mein Rad abzuschließen, als eine Frau mit unserer Traumpumpe vorbeikam“, berichtet Birgit Thomas und strahlt, weil der ersehnte Gegenstand jetzt ihr gehört. Am letzten Samstag herrscht in der Hohenkreuzhalle dichtes Gedränge. Halb Esslingen scheint sich zum Warentauschtag aufgemacht zu haben, der in diesem Jahr zum fünften Mal vom Bürgerausschuss Wäldenbronn, Hohenkreuz, Serach und Obertal organisiert worden war. Das Motto „Bring mit – hol ab“ brachte seine Intention genau auf den Punkt. Von der Kaffeekanne mit Goldmuster, über die Hosenträger bis zum Paddel - Jeder konnte bringen, was bei ihm daheim den Schrank verstopfte. Bei einem Angebot, das vor Kuriositäten und Praktischem nur so strotzte, zog so mancher eiserne Purist mit einem Schnäppchen in der Tasche wieder von dannen. Denn was am besten war: es gab alles umsonst. „Indem ich Gebrauchtes wertschätze, möchte ich mein Konsumverhalten hinterfragen“, sagt Linda Langheck, die bei den Haushaltswaren den idealen Brottopf gefunden hat. „Es ist ökologisch nicht sinnvoll, etwas wegzuwerfen“, erklärt auch Maximiliane Baur. Vor kurzem habe sie viele hochwertige Stücke aus ihrem Kleiderschrank aussortiert, die sie hier losgeworden sei.

Neugierige Blicke in die Taschen

Hans-Jörg Fideldei, der Vorsitzende des Bürgerausschusses, schaut zufrieden auf den Andrang und sieht sogar die Flohmarkthändler gelassen. „Wir vermitteln Gegenstände, die für andere noch verwertbar sind“, sagt er. „Die Resonanz ist sehr groß.“ Bereits am Abend zuvor kamen die Leute in Scharen zur Abgabe ihrer Schätzchen. Auch am Samstag ergänzt der Inhalt zahlloser Taschen, Tüten und Kartons immer wieder das Angebot. Was nicht vermittelbar ist, wandert nach dem Ende der Veranstaltung an die Kleiderhilfe und weitere Nachverwerter. Ute Kurz vom Bürgerausschuss hatte den Aktionstag gemeinsam mit Gisela Palasz und Michael Mühlenbrock organisiert und stemmt ihn mit rund 20 Ehrenamtlichen, die an ihren gelben Westen zu erkennen sind. „Erstaunlich, was sich im Laufe der Zeit in einem Haushalt so ansammeln kann“, meint sie. Wie gewohnt konnte man sich beim Warentauschtag auf ein bewährtes Netzwerk an Förderern stützen. Die Lebenshilfe hatte ein Café organisiert. Martin Schnabels phantasievolle Geigenklänge untermalten das Geraune hunderter Stimmen. Die Fachleute von Elektro-Franz untersuchten die abgegebenen Elektrogeräte auf ihre Funktionstüchtigkeit. Der Bäcker Conzelmann und der Metzger Widmaier sorgten für das leibliche Wohl der Gäste. Mitglieder der Initiativen „Tat und Rat“ sowie „Transition Town“ unterstützten die Abläufe. Die Freiwillige Feuerwehr Wäldenbronn sicherte den Zugang am Hohenkreuzweg. „Auch der Seewiesenschule sind wir sehr dankbar“, sagte Kurz und lobte vor allem den hilfsbereiten Hausmeister und die Schüler der neunten Klasse, die die Tische aufgebaut hatten. Darauf sind nun Geschirr und Bücher aufgebaut, die den verblichenen Charme der achtziger Jahre atmen. Neben M.M. Kayes „Palast der Winde“ wartet Justus Pfaues Ballerina „Anna“ auf neue Fans. Konsalik konkurriert mit Heinrich Böll und einem nahezu taufrischen Bestseller zum Thema Vampire. Weg geht fast alles, nur die Drohne, die sich einige Kids erhoffen, gibt es in diesem Jahr nicht. Für die Mitarbeiterin der EZ öffnen einige Damen aus Hohenkreuz bereitwillig ihre Taschen. „Eigentlich war ich auf der Suche nach Krimis und Thrillern“, berichtet die eine. „Aber zusätzlich habe ich eine hübsche Vogeltränke aus Ton gefunden.“ Kleiderbügel, ein Teelichtständer und ein abgegriffener Teddybär ergänzen die ergatterten Trophäen. „Der Bär schaute mich so traurig an“, sagt seine neue Besitzerin augenzwinkernd. „Bei mir daheim kommt er aufs Sofa, und das sogar, wenn mein Mann für ihn weichen muss.“ In das lustvolle Tauschgeschäft mischen sich nachdenkliche Nuancen, denn einer ganzen Reihe von Besuchern sieht man ihre Bedürftigkeit an. „Viele Leute haben nicht mehr so viel Geld, um sich alles neu kaufen zu können“, berichtet die ehrenamtliche Helferin Regina Lahr. „Das betrifft vor allem Ältere.“ Sie selbst hat für ihre betagten Vermieter, die im Pflegeheim leben, ein Memoryspiel gefunden. „Mal schauen, ob wir es gemeinsam spielen können.“