„Drückt dich in Berkheim der Schuh, schreib deine Meinung dazu!“ heißt es auf diesem Briefkasten vor der „Panaderia“. Die Bürgerinnen und Bürger können sich in diesen Tagen mit ihrem Kummer vertrauensvoll an die Narrenzünfte vor Ort wenden. Foto: oh - oh

Alle Berkheimer können jetzt aufschreiben, was ihnen die Tränen in die Augen oder den Blutdruck in die Höhe treibt. Ab damit in den närrischen Briefkasten!

EsslingenWehe, wehe. Wenn am Schmutzigen Donnerstag am 28. Februar das Berkheimer Narrengericht tagt, könnte sich das Hasenheim auch vor der zugkräftigen Weiberfasnet schon kräftiger füllen als in den Jahren zuvor. Denn Erlenwölf, Waschweiber, Stoiriegel-Goischter, Flegga-Kaschber und Berk-Hexen haben beschlossen, das Volk in diesem Jahr besser am Gerichtsverfahren zu beteiligen und haben vor der „Panaderia“ im Gemeindezentrum einen Kummerkasten aufgestellt. Ob Fluglärm, Hundehäufchen, fehlplatzierte Bushaltestellen oder was auch immer: Alle Berkheimerinnen und Berkheimer können aufschreiben, was ihnen die Tränen in die Augen oder den Blutdruck in die Höhe treibt. Und das darf dann – gerne auch schon in gereimter Form – in dem närrischen Briefkasten landen. Gefragt sind Hohn, Spott, Witz und Schande. Das Konglomerat werden die Berkheimer Narren dann am Schmutzigen Donnerstag vor Gericht vortragen. Selbst Lob darf im Kummerkasten landen – nur keine persönlichen Beleidigungen und kein Kaumgummi, sind sich die fünf Zünfte vor Ort einig. Der Rat der Narren setzt sich dann zusammen und macht die Themensammlung endgültig spruch- und gerichtsreif.

„Zeigen, wo der Schuh drückt“

Die Idee dazu hatte Stephan Dorer von den Berk-Hexen. „Zum Weiberball, der nach dem Narrengericht stattfindet, kommen immer sehr viele Gäste. Zum Narrengericht selbst kommen aber nur Narren. Deshalb habe ich mir überlegt, wie man die Bürgerinnen und Bürger besser beteiligen kann“, erzählt er. Und so ist er mit seiner Kummerkasten-Idee vor den Rat der Narren gezogen, der ihm die Narrenfreiheit zugestanden hat, den Kasten zu bauen. „Wir wollen dem Bürgerausschuss damit auch zeigen, wo den Berkheimern der Schuh drückt.“ Und das soll für die ehrenamtlichen Vertreter des Stadtteils auch ernsthafte Konsequenzen in der narrenfreien Zeit haben. „Wir denken da an kleinere Strafen. Vielleicht eine Runde Süßigkeiten fürs Altenheim oder ein Ausflug zum Meisenfest für dessen Bewohner“, so Stoiriegel-Goischt Eileen Kaluza. „Und im Jahr darauf kontrollieren wir, ob der Bürgerausschuss das auch erfüllt hat.“

Weil man auch die Jüngeren gerne erreichen würde, hat Waschweib Isabel Haspel ein Video gedreht. Es zeigt, wie die gemeinsame Symbolfigur aller fünf Berkheimer Narrenzünfte, der KaWoGoHeWa alias Erlenwolf Oliver Ramsch, Vertreter der Gruppen im Gemeindezentrum einsammelt, sie zum Kummerkasten führt und ein Brieflein in den Schlitz steckt. 2500 Menschen habe es auf der Facebook-Seite des KaWoGoHeWa schon angeschaut, viele davon auch geteilt. „Wir gehen davon aus, dass wir damit schon 8000 Leute erreicht haben“, meint Marco Di Pilla von den Erlenwölfen.

Die Berkheimer Narren und Fasnetsfreunde können sich in diesem Jahr auch wieder auf ihren Nachtumzug freuen, der alle zwei Jahre durch den Ort führt und bei dem sie am 23. Februar 2000 Teilnehmer in 74 Gruppen begrüßen können – darunter wieder Gäste aus Österreich und der Schweiz. „Wir schreiben jetzt schon die Einladungen für den Umzug im Jahr 2021“, erzählt Flegga-Kaschber Marc Trautmann. Schließlich muss auch in der närrischen Szene gut geplant werden. Die nächste Etappe in der fünften Jahreszeit ist allerdings erst einmal dem Narrenbaumstellen am kommenden Freitag gewidmet.