Die Zeller Truppe vor der Wache in der Mettenhaldenstraße ist für den Einsatz gerüstet. Gesucht werden noch Kolleginnen und Kollegen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Christian Dörmann
Die Erwartungen in der Bevölkerung sind hoch: Wenn es brennt, soll die Feuerwehr möglichst wenige Minuten nach dem Alarm am Ort des Geschehens sein, um Menschen zu retten und Sachwerte vor der Zerstörung zu bewahren. Was dazu gehört, diesen Dienst an der Allgemeinheit 24 Stunden am Tag zu garantieren, ist selten ein Gesprächsthema. Dabei zeigt aktuell die Situation der Freiwilligen Feuerwehr in Esslingen-Zell, dass die Sicherheit ohne das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zumindest gefährdet ist. Es fehlt an Personal. Etwa 20 Kräfte bestreiten derzeit die Einsätze – 30 sollten es aber sein, damit im Stadtteil und darüber hinaus das Maß an Verlässlichkeit herrscht, wie es vom Gesetzgeber und auch vom Esslinger Gemeinderat gefordert wird.
„Wir stehen noch nicht völlig mit dem Rücken zur Wand“, sagt Oliver Knörzer, Leiter der Esslinger Feuerwehr. Doch die Personalsituation ist immerhin bedenklich, und das hat etwas mit einer Entwicklung zu tun, die den Verantwortlichen bei der Feuerwehr immer mehr Sorgen bereitet: Es gibt viele Wegzüge, wodurch der Wehr auch Einsatzkräfte mit Ortsbezug verloren gehen. Von den rund 20 Kräften der Feuerwehrabteilung Zell wohnen gerade einmal acht im Stadtteil und kaum jemand hat seinen Arbeitsplatz in Zell.

Vorgabe sind zehn Minuten

„Keine gute Perspektive“, sagen Oliver Knörzer und der Zeller Abteilungskommandant Daniel Schäfer. Denn wenn von den Freiwilligen kaum noch jemand im Stadtteil wohnt oder arbeitet, steht der Einsatz der sogenannten ersten Einheit auf wackeligen Beinen. Damit sind neun Einsatzkräfte gemeint, die spätestens zehn Minuten nach dem Alarm am Brandort präsent sein müssen, um vor allem Menschen mit Rauchgasvergiftungen effektiv helfen zu können. Das lässt sich mit einer Mannschaft besser bewerkstelligen, die überwiegend aus dem Ort kommt und deshalb keine langen Anfahrtswege hat.
Im Moment gelingt es in Zell laut Knörzer noch in 84 Prozent aller Fälle, die Vorgabe von zehn Minuten einzuhalten. Doch weil sich der Stadtteil in den vergangenen Jahren deutlich entwickelt hat, etwa durch neue Wohngebiete im Egert oder am Hangelstein, ist das Einsatzgebiet größer geworden – mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Zeitfaktor. „Es wird eng, vor allem in den höher gelegenen Wohngebieten“, versichern Knörzer und Schäfer. Deshalb ihr Appell an die Bürgerinnen und Bürger: „Wer will, dass die Feuerwehr in zehn Minuten da ist, muss sich auch engagieren.“
All dies hängt mit dem Prinzip zusammen, das hinter der Feuerwehr in Esslingen steht. Es gibt eine ständig mit hauptamtlichen Kräften besetzte Feuerwache am Landratsamt und die Abteilungen der Freiwilligen in der Stadtmitte, in Berkheim, Hegensberg/Liebersbronn, Sirnau, Sulzgries, Wäldenbronn und Zell. Aus Sicht von Oliver Knörzer ist dies eine ideale Konstellation, weil die Freiwilligen in den Stadtteilen präsent und ortskundig sind – sofern die Mannschaftsstärke stimmt und die Kräfte tatsächlich im Stadtteil wohnen und arbeiten. „Das System beruht auf bürgerschaftlichem Engagement“, unterstreicht Daniel Schäfer und hofft, dass sich wieder mehr Freiwillige aus dem Stadtteil finden, denen es wichtig ist, etwas für die Sicherheit der Menschen zu tun.
Obwohl Zell eine aktive Jugendfeuerwehr hat, ist es mit dem Nachwuchs nicht einfach. Vor allem Quereinsteiger fehlen, oftmals stehen die vielen Freizeitangebote in Konkurrenz zur freiwilligen Arbeit bei der Feuerwehr. Und um Arbeit handelt es sich durchaus, daran lässt Abteilungskommandant Schäfer keinen Zweifel aufkommen. Dabei wird viel Zeit und Geld in die Ausbildung gesteckt, allein 80 Stunden sind für die Grundausbildung festgesetzt. Brandbekämpfung, technische Hilfe bei Sturm oder vollgelaufenen Kellern, Rettung und Erste Hilfe, oder der Umgang mit Gefahrgut – all dies und noch mehr sind Aufgaben, die auf eine Feuerwehrfrau oder einen Feuerwehrmann zukommen. „Das Lernen hört eigentlich nie auf“, weiß Schäfer.

Sehr wenig Frauen

Apropos Feuerwehrfrau: In der Zeller Wehr gibt es nur zwei von ihnen. Das bedauern Knörzer und Schäfer, weil sie die Erfahrung gemacht haben: „Wenn Frauen zu uns kommen, dann sind die richtig gut und können das Geschäft genauso gut machen wie ihre männlichen Kollegen.“ Aber es dreht sich nicht alles nur ums Geschäft: Da geht es auch um Kameradschaft, um gemeinsame Ausflüge und Festivitäten – schließlich ist die Feuerwehr auch ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens.
Dieses Jahr mussten die Freiwilligen aus Zell bisher 17 Mal in den Einsatz. Ihr Betätigungsfeld bietet die gesamte Bandbreite dessen, was eine Stadt gemeinhin zu bieten hat: Wohngebiete, die beruflichen Schulen und ausgedehnte Gewerbeflächen mit vielen Unternehmen. Wie wichtig es ist, dass die Feuerwehr möglichst schnell am Ort des Geschehens ist, haben in den vergangenen Jahren zwei spektakuläre Fälle bewiesen. Im März 2014 hatte es im Entennest einen Großbrand in einer Industriehalle gegeben und im November 2015 war es ein Wohnhaus an der Zeller Hauptstraße, das in Flammen stand.

Wer sich für eine Mitarbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr Esslingen interessiert, kann sich hier melden: Pulverwiesen 2 in 73728 Esslingen,  07 11/35 12-37 00, E-Mail feuerwehr(at)esslingen.de. Möglich ist auch ein direkter Kontakt in Zell. In der Wache in der Mettenhaldenstraße 1 steht jeden Montag von 19.30 Uhr an ein Ansprechpartner zur Verfügung.

Vermieter, die eine Wohnung an ein Mitglied der Feuerwehr vergeben wollen, können sich an die vorgenannten Adressen wenden.

Hohes Ansehen und hohe Erwartungen

Viel Vertrauen: Die Feuerwehren in Deutschland genießen bei den Bürgern ein großes Vertrauen. Dies hat eine Meinungsumfrage des FORSA–Institutes und eine Verbraucherstudie von Readers Digest gezeigt. Verglichen mit anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens wird der Feuerwehr eine überragende Bedeutung beigemessen. Für 81 Prozent der Bevölkerung stellt die Feuerwehr laut der Studie eine sehr wichtige Einrichtung dar. Werden die Prozentwerte der Einschätzung „wichtig“ hinzugezählt, erreicht die Feuerwehr sogar einen Wert von 99 Prozent.

Wichtig: Männer im Alter zwischen 30 und 39 Jahren messen der Feuerwehr die höchste Wichtigkeit zu (87 Prozent), dicht gefolgt von der Gruppe der bis zu 49-jährigen (85 Prozent). In der für die Nachwuchsgewinnung wichtigen Gruppe der 14- bis 19-Jährigen gaben 75 Prozent die Einschätzung sehr wichtig ab.

So schnell wie möglich: Für vier von fünf Befragten ist das schnelle Erscheinen der Feuerwehr am Einsatzort „sehr wichtig“. Weitere wichtige Kriterien waren die hohe Professionalität (68 Prozent), absolute Vertrauenswürdigkeit (67) und eine moderne Ausstattung (56). Hinsichtlich der Professionalität steigt der Anspruch bei den Befragten mit zunehmender Gemeindegröße kontinuierlich an.

Jede Minute zählt: Ein Fünftel der Befragten erwartet nach der Studie nahezu unmittelbare Hilfe. Die Reaktionszeit der Feuerwehr vom Notruf bis zum Eintreffen am Einsatzort soll möglichst nicht länger als drei Minuten dauern. Für 40 Prozent der Befragten reicht das Eintreffen der Feuerwehr am Einsatzort nach fünf Minuten. Weitere 31 Prozent halten eine Zeitspanne von zehn Minuten nach Absetzen des Notrufes für vertretbar. In der Summe fordern damit mehr als 90 Prozent der Befragten ein Eintreffen der Feuerwehr spätestens zehn Minuten nach dem Notruf. Ähnliche Ergebnisse und Erfahrungen wurden auch in Esslingen festgestellt.