Mit einem Faustschlag haben drei junge Männer einen Unbeteiligten in Wernau niedergestreckt. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Melanie Braun

Der Angriff kam aus dem Nichts: Völlig willkürlich sind drei junge Männer nach dem Faschingsumzug in Wernau im Februar des vergangenen Jahres auf einen heute 27-Jährigen losgegangen. Das Opfer erlitt einen Schädelbasisbruch sowie eine Hirnblutung und brauchte Monate, um sich zu erholen. Gestern hat das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Esslingen einen der Angreifer wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Der 20 Jahre alte Angeklagte war allerdings nicht der Haupttäter. Letzterer war bereits im vergangenen Jahr zu einer Jugendstrafe verurteilt worden: Er hatte das Opfer mit einem Schlag gegen den Kopf zu Boden gestreckt, wo es bewusstlos liegen geblieben war, während die Angreifer das Weite gesucht hatten. Der 20-Jährige, der sich gestern vor Gericht verantworten musste, hingegen hatte den Mann vor dem folgenschweren Schlag mit einem Fußtritt angegriffen. Diesen hatte das Opfer zwar abwehren können, aber dennoch ist der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts mitschuldig am dramatischen Verlauf des Vorfalls.

Angestachelt statt beschwichtigt

Denn das Gericht geht davon aus, dass dem Angeklagten schon vorher klar war, dass sein Kumpel auf Krawall gebürstet war. Dennoch habe er ihn nicht beschwichtigt, sondern mit seinem Fußtritt noch angestachelt. Er habe gewusst, dass sein Begleiter streitsüchtig war und sich dafür entschieden, bei der Sache mitzumachen. Vor Gericht gab der Angeklagte allerdings an, sich nicht an den Tritt erinnern zu können, weil er und seine Kumpels an jenem Tag einiges an Alkohol intus gehabt hätten. Er wolle aber auch nicht abstreiten, dass es den gegeben haben könne.

Für das Jugendschöffengericht gab es nach der Beweisaufnahme jedoch keinen Zweifel daran, dass der 20-Jährige sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hatte. Es sah sich dabei vor allem durch die Exfreundin des Opfers bestätigt, die gestern als Zeugin aussagte. Demnach hatten die drei jungen Männer ihr Opfer völlig willkürlich angegriffen. Es sei alles ganz schnell gegangen, berichtete die junge Frau. Sie sei an jenem Tag mit dem 27-Jährigen beim Wernauer Faschingsumzug gewesen. Sie seien gerade auf dem Weg zum Bahnhof gewesen, als die drei jungen Männer ihnen entgegen gekommen seien. Einer vor ihnen - der Haupttäter - sei direkt auf ihren Exfreund zugegangen und habe ihn gefragt: „Was guckst du so?“ Kurz darauf habe ein anderer - offenbar der Angeklagte - ihren Begleiter mit einem Fußtritt angegriffen, den dieser aber etwa auf Brusthöhe mit den Händen abfangen konnte. Er habe noch versucht, seine Angreifer zu besänftigen, sei aber wenige Sekunden nach dem Tritt mit dem Schlag gegen den Kopf niedergestreckt worden. Sie habe sich dann um ihren Exfreund gekümmert und dabei aus den Augenwinkeln gesehen, dass die drei Angreifer weggerannt seien.

Der 27-Jährige selbst, der ebenfalls als Zeuge vor Gericht aussagte, kann sich an den Angriff überhaupt nicht mehr erinnern. „Ich weiß noch, dass wir auf dem Weg zum Bahnhof waren, dann hört die Erinnerung auf. Ich weiß erst wieder, wie ich am nächsten Tag auf der Intensivstation aufgewacht bin“, berichtete er gestern. Insgesamt drei Wochen musste er im Krankenhaus bleiben: Von dem Angriff hatte er einen Schädelbasisbruch und eine Hirnblutung mit massiven Folgeerscheinungen davon getragen.

Monatelang Gesichtslähmung

So war eine Gesichtshälfte drei Monate lang gelähmt: „Ich musste operiert werden, weil ich nicht mehr reden konnte“, erzählte der 27-Jährige vor Gericht. Zudem habe er ein Auge nicht mehr schließen können, konnte auf dem rechten Ohr schlecht hören und hatte große Angst, das Haus zu verlassen. Inzwischen gehe es ihm wieder gut, aber ganz der Alte sei er noch nicht wieder: Immer wieder habe er Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten und das Lernen falle ihm viel schwerer als früher. Auch seine Exfreundin hatte zu kämpfen: „Ich hatte richtig Angst, rauszugehen.“ Der Angriff sei ja aus dem Nichts gekommen, ohne Vorwarnung: „Die hatten einfach Lust, jemanden zu schlagen.“

Mit Blick auf die dramatischen Folgen des Angriffs mahnte der Richter den Angeklagten eindringlich, sich das eine Lehre sein zu lassen. Mit einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung, 100 Sozialstunden und der Auflage, ein Präventionsprogramm zu besuchen, komme er dieses Mal noch glimpflich davon.